Praxistest: Raw mit Kamera S1H und Recorder Ninja V
Per Update hat die Panasonic-Kamera S1H nun mehr Möglichkeiten, Raw aufzuzeichnen, durch den Atomos-Recorder Ninja V auch in ProRes Raw. Ein Test und ein Blick auf das Thema Raw.
Praxiserfahrungen
Das Material ließ sich relativ flüssig auf dem Test-Laptop bearbeiten. Die variable Datenrate liegt zwischen ProRes444 und ProRes422. Wählbar ist ProRes Raw und ProRes Raw HQ, wobei HQ eine geringere Komprimierung haben soll. Allerdings war auf dem Ninja V kein Unterschied in der möglichen Aufnahmedauer zu sehen.
Um die Files in ProRes Raw unter Windows zu bearbeiten, benötigt man das »Apple ProRes Raw for Windows« Plug-In. Es werden mindestens 4 GB Grafikspeicher empfohlen und der Einsatz der Mercury Engine.
Bei Adobe läuft ProRes Raw in Premiere, After Effects und dem Media Encoder.
Natürlich muss der Raw-Datenstrom erst mal erzeugt werden — in unserem Fall mit der Panasonic S1H, die viele schon als einen heißen Kandidaten für Raw-Aufnahmen gesehen haben. Als Recorder diente, wie bereits erwähnt, der Atomos Ninja V.
Ich habe mich — trotz anderer Empfehlungen — gegen ein teures und stattdessen für ein sehr billiges HDMI-Kabel als Verbindung zwischen Kamera und Recorder entschieden — und hatte dennoch keine Ausfälle zu beklagen. Dies nur nebenbei …
In der S1H selbst muss man den HDMI-Ausgang auf Raw stellen, dies ändert dann auch einige Einstellungen und Funktionen in der Kamera.
Als erstes fällt auf, dass der Weißabgleich nicht mehr im Automatikmodus betrieben werden kann. Da dies eh kaum einer tut, kommen wir zum zweiten, interessanteren Punkt:
Das Bildprofil ist fest auf V-Log eingestellt. Das ergibt Sinn, denn hier entfaltet die S1H ihren vollen Dynamikumfang. Auf den Atomos lassen sich dann die Panasonic LUTs laden.
Interessant wird es ebenfalls bei den möglichen Auflösungen. Da Raw ja unkomprimiert ist, findet auch kein Line-Scipping oder Pixel-Binning statt. Die auf dem Atomos aufgenommenen Videos entsprechen dem internen 1:1 Readout der S1H.
Damit ergeben sich (bis dato) folgende, sehr interessante Auflösungsvarianten für ProRes Raw mit der S1H:
- 5.9K 25P 16:9
- 4K 50P 17:9 S35 (gecroppt)
- 4K 25P 17:9 S35 (gecroppt)
- 3.5K 50P 4:3 Anamorphot (gecroppt)
- 3.5K 25P 4:3 Anamorphot (gecroppt)
Bei meinem Testupdate waren die anamorphoten Modi noch nicht anwählbar.
Beachten sollte man natürlich, dass der Rec-Knopf der Kamera obsolet wird und man diesen am Ninja V betätigen sollte. Ebenfalls nicht mehr verfügbar ist die Funktion des Reinzoomens bei der S1H, um die Schärfe zu checken. Die Aufnahme erfolgt nur auf dem Ninja, die interne Aufzeichnung auf SD-Karten ist währenddessen nicht möglich.
Eine nicht atomos-relevante Sache ist die Übertragungsverzögerung, den HDMI-Verbindungen nun mal mit sich bringen. Das bewegt sich hier alles noch im Rahmen, allerdings sollte man dies immer bei action-reicher Bewegung oder Sportveranstaltungen im Hinterkopf haben.
Und da wir gerade bei lang andauernden Sportveranstaltungen sind: In beiden ProRes-Raw-Formaten konnte ich in 5.9 K auf der 500 GB Atomos SSD 22 Minuten aufnehmen. Einziger Wermutstropfen: Die Atomos SSD ist einen Hauch zu breit für normale SSD Schächte … Somit musste ich einen alten SSD Adapter umbauen, um das Update auf den Ninja und dessen Aufnahmen auf den PC zu bekommen.
Der Kameraausgang stellt sich im Ninja bei aktivierter Raw-Verbindung ebenfalls fest auf die S1H Gamma und Gamut Werte ein.
Die S1H profitiert von der Colorscience der Varicam und dem Dynamikumfang von V-Log, dies alles in einen Raw-Stream zu packen war sehr sinnvoll, denn die S1H wird dadurch zu einer kleinen, vollwertigen Produktionskamera.
Für wen lohnt sich Raw nun eigentlich?
In Anbetracht der immensen Datengröße lohnt sich Raw sicherlich in erster Linie für szenische Produktionen und für Werbedrehs.
Wären mit der S1H noch weitere Aufnahmekombinationen in verschiedenen Auflösungen möglich, ergäbe sich hier ein weiterer Vorteil — man könnte die verschiedenen Formate durcheinander mixen, ohne Qualitätsunterschiede.
Gerade bei Produktionen, die auf Effekte, Grading und Post ausgelegt sind, sehe ich den Vorteil von Raw.
Man muss allerdings immer im Auge behalten, wie aufwändig eine Raw-Produktion ist — in unserem Fall sind es ein zusätzlicher Recorder an der Kamera, ein hoher Aufwand in der Datensicherung und natürlich eine intensive Postproduktion, die dazukommen.
Blickt man sich in der Spielfilm- und Serienproduktionen um, wird sehr viel in den ProRes Formaten 444 und 422 gedreht. Unter normalen Drehumständen, also mit einem vernünftig ausgeleuchteten Set und dergleichen, dürfte der Vorteil von Raw ohnehin marginal sein — gerade wenn man die Datenmengen und den höheren Aufwand berücksichtigt, den Raw-Produktion erfordert.
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