Kamera, Postproduction, Test, Top-Story, VFX, Virtual Set: 20.03.2020

Kann man mit Prosumer-Kameras Greenscreen-Produktionen umsetzen?

film-tv-video.de hat praktisch ausprobiert, ob man mit Kameras für 2.000 bis 5.000 Euro eine Greenscreen-Produktion umsetzen kann. Das Ergebnis barg durchaus Überraschungen.






Getestete Kameras und Objektive

Vier aktuelle und verbreitete Prosumer-Kameras traten für den Greenscreen-Test an.

Blackmagic, Kamera, PCC6K
Pocket Cinema Camera 6K (PCC6K) von Blackmagic (Test).

Natürlich dürfen in dieser Liste die Pocket Cinema Camera 6K (PCC6K) von Blackmagic und die Panasonic S1H nicht fehlen. Als weitere Vergleichspartner standen die Panasonic GH5 und Sony Alpha 7s II zur Verfügung.

Panasonic, Kamera, DC-S1H
Panasonic DC-S1H (Test).

8-Bit und Greenscreen? Das sollte man nach Möglichkeit sicher vermeiden, aber weil es eben doch mal vorkommen kann, haben wir uns bei der Alpha 7s II bewusst entschieden, auch eine 8-Bit-Kamera einzusetzen — eben um zu sehen, wie der Unterschied ausfällt.

Mit diesen Kameras ergibt sich ein durchaus weitläufiges Testfeld, angefangen von den Raw- und ProRes-Möglichkeiten der Blackmagic, Vollformat mit 10 Bit und Varicam-Colorscience bei der S1H, ebenfalls 10 Bit und S35 (Speedbooster) an der GH5, und eben 8-Bit-Material der Sony.

Panasonic, Kamera, DC-GH5
Panasonic DC-GH5: Weit verbreitet, sozusagen als Referenzkamera.

Da wir ja keinen rein technischen Kameratest machen, haben wir als Objektive das Canon 50 mm 1.2 und das Sigma Art 18-35 1.8 genutzt. Durch die unterschiedlichen Crop-Faktoren der Kameras mussten wir dann natürlich den Abstand zum Motiv jeweils entsprechend ändern.

Sony, Kamera, A7SII
Sony A7SII: bewusst als 8-Bit-Kamera ausgewählt.

Die Blackmagic-Kamera hat einen EF-Mount und nur bei 6K einen vollen S35-Sensor-Readout (immer noch mit ~1,5-Crop) — in 4K und darunter cropt sie noch mehr. Ähnlich verhält es sich mit der GH5, bei der man aber durch den MFT-Mount noch auf einen Speedbooster zurückgreifen kann.

Was ebenfalls für unseren Test interessant war — die Blackmagic-6K-Kamera bietet derzeit Raw nur in 6K an — bei den niedrigeren Auflösungen muss man auf ProRes zurückgreifen.

Greenscreen, Studio
In einem Greenscreen-Studio von Studio Hamburg fand der Test statt.
Arbeiten im Greenscreen-Studio

Von der Handhabung her schenken sich die Kameras im Greenscreen-Studio mit Stativaufnahmen nicht so wirklich viel — zumal wir mit den »nackten« Kameras ohne Monitor und weiterem Zubehör arbeiteten.

Blackmagic, Kamera, PCC6K
Die schwache Akkuausstattung der PCC6K erforderte den Einsatz des Netzgeräts.

Drehfertig waren alle Kameras relativ schnell, einzig die Blackmagic ließ sich hier etwas länger bitten, weil wir sie aus Praktikabilitätsgründen als einzige Kamera im Test zunächst mit einer konstanten Stromversorgung ausstatteten.

Blackmagic, Kamera, PCC6K, Greenscreen
Recht hilfreich sind bei Greenscreen-Aufnahmen natürlich Bildschirmanzeigen wie Vektorskop und False Color.

Recht hilfreich sind bei Greenscreen-Aufnahmen natürlich Bildschirmanzeigen wie Vektorskop und False Color. Auf dem Vektorskop sieht man, welche Farben wie stark gesättigt sind. Der False-Color-Modus zeigt das Bild in verschiedenen Farbabstufungen, je nachdem wie hell oder dunkel diese Bereiche sind. Viele On-Screen-Vektorskope haben an der Seite noch eine Farbtabelle und weisen die einzelnen Farben (IRE) den Helligkeitswerten zu. So kann man sehr gut sehen, ob das Grün gleichmäßig ausgeleuchtet ist.

Wie bereits erwähnt, haben wir die Kameras »nackt« genutzt: Also keine separaten Monitore, bei denen Scopes meistens auch enthalten sind. Interessant war für uns also, welche Kameras schon intern diese Hilfen mitbringen.

Generell ist beim Drehen in Log zu sagen, dass sich die Scopes (auch Waveform-Anzeigen) auf den Log-Farbraum beziehen, und nicht auf ein eventuell in der Kamera darüber gelegtes Log zu Rec709-Lut.

Blackmagic, Kamera, PCC6K
Im Test konnte einzig die Blackmagic einen False-Color-Modus bieten.

Im Test konnte einzig die Blackmagic einen False-Color-Modus bieten.

Sony, Kamera, A7SII
Die A7SII kann kaum mit Monitoring-Werkzeugen aufwarten.

Bei der S1H und GH5 kann man etwas tricksen: Es gibt »False Color Luts«, die man sich auf die Kamera spielen kann, und die das Log zu Rec709-Lut ersetzen. Auf eine Funktionstaste gelegt, kann man hier schnell zwischen Log und False-Color-Ansicht wechseln.

Ein integriertes Vektorskop bleibt im Test nur den Panasonic-Kameras vorenthalten.

Greenscreen, Model, Studio
Ein vernünftig ausgeleuchteter Greenscreen und etwas Vorbereitung ist das A und O. Diese Aufnahme wurde mit der PCC6K im Raw-Format aufgenommen.
Der Testaufbau

Ein vernünftig ausgeleuchteter Greenscreen und etwas Vorbereitung ist das A und O, wenn man Chromakey-Aufnahmen durchführen will.

Wir konnten in einem Greenscreen-Studio von Studio Hamburg drehen. Das war natürlich schon von Haus aus perfekt für ein bis vier Menschen in voller Größe vor dem Green ausgeleuchtet. Perfekte Ausgangsbedingungen also.

Greenscreen, Beleuchtung
Die Beleuchtung muss auch den Spill minimieren.

Von oben/vorne und schräg seitlich wurde der Screen bestrahlt, zusätzlich zu den Strahlern auf die Person im Bild lagen noch vier LED-Fluter auf dem Boden. Letztere beleuchteten die Person von vorne/unten. Das eliminierte den Spill, also die Reflexionen des Greens vom Boden auf der Person.

Ganz schwer: Ein Zweig mit Blättern vor Greenscreen (PCC6K, Raw).
Testdurchführung

Natürlich stand am Anfang die Überlegung, was wohl am schwersten zu keyen sei und womit die Kameras am meisten kämpfen werden.

Greenscree, Studio, Haare
Haare sind natürlich immer eine Herausforderung bei Greenscreen-Aufnahmen.

Wer schon vor Greenscreen gedreht hat, weiß natürlich, dass Haare und Spiegelungen hierbei ganz weit vorne liegen …

Greenscreen, Model, Studio
JacKie hatte in einigen Testsequenzen ein blank poliertes Schwert dabei (PCC6K, Raw).

Als Model vor der Kamera konnten wir die Sängerin JacKie gewinnen. Als Requisite für Spiegelungstests hatten wir ein blank poliertes Schwert dabei. Bewegte Spiegelungen sind natürlich immer eine willkommene Fehlerquelle, weil Spill hier gut zu sehen ist.

JacKie zeigte beim Seilspringen, wie sich Bewegungsunschärfe auswirkte.

Um auch schnellere Bewegungen aufzunehmen, baten wir JacKie, eine Runde Seilspringen einzubauen. Das Seil ist ziemlich dünn und schnell, das erzeugt auch ordentlich Bewegungsunschärfe.

Um zu checken, wie gut wir den grünen Spill auf Personen entfernen können, haben wir JacKie dann noch ganz nah an den grünen Hintergrund gestellt, um möglichst viel davon auf ihrer Haut und Kleidung zu sehen.

Soweit zum Testaufbau, der dem Ziel diente, den Kameras möglichst viel abzuverlangen.

Seite 1: Einleitung, Test-Setup, Vorbemerkungen
Seite 2: Preisfrage, Parameter/Einflussgrößen
Seite 3: Balance der Parameter
Seite 4: Kameras und Objektive, Test im Greenscreen-Studio
Seite 5: Zwischenwertung, erste Keying-Ergebnisse
Seite 6: Einzelkritik, Fazit, Danksagung