Praxistest: Canon CN-E 18-80mm T4.4
Canon hat mit dem CN-E 18-80 mm ein Zoomobjektiv für das EF-Bajonett im Programm, das sich vor allem an Filmer richtet.
Das EF-Bajonett ist länger schon nicht mehr nur bei Fotokameras verbreitet, sondern hat auch bei vielen digitalen Filmkameras seinen Platz gefunden. Neben den Canon EOS C100-, C200-, C300-, C500- C700– Modellen nutzen auch Panasonic mit der Eva 1 und Blackmagic Design mit der Pocket 6K diesen Mount. Alle diese Modelle verfügen über einen S35-mm-Sensor passend für den Bildkreis des Canon CN-E18-80mm. In dieser Preisklasse ist das Objektiv beim EF-Mount ohne einen direkten Konkurrenten, ähnliche Modelle von Sony und Fujinon gibt es nicht für das EF-Bajonett.
Beim aktuellen Netto-Listenpreis von 3.864 Euro ist dieses Objektiv eine relativ preiswerte Option, die viele gängigen Brennweiten für eine Dokumentation in einem leichten Objektiv vereint und mit einen Motorzoom und Parfokalität kombiniert. Der Griff kann auch separat (nach)-gekauft werden und kostet dann 458 Euro.
Wer hauptsächlich szenisch filmen will, der findet eine riesige Auswahl an S35-Foto- und Filmobjektiven — von sehr günstig bis High-End. Kniffliger wird es, wenn man dokumentarische Aufgaben erledigen will, weil dann ein Zoom-Objektiv fast eine Notwendigkeit ist — zumindest beschleunigt das die Dreharbeiten erheblich. Foto-Zoomobjektive sind aber eben meist nicht parfokal, d.h. sie können die Schärfe nicht über die gesamte Zoomfahrt konstant halten — man muss also auch gleichzeitig die Schärfe korrigieren, wenn man zoomen will. Das wird oft per Autofokus erledigt, mit den üblichen, bekannten Problemen. Zudem ist die Zoombewegung bei Fotoobjektiven oft ruckelig und schwer zu kontrollieren, da sie oft nicht über einen dafür nötigen, extrem gleichmäßig laufenden Motor verfügen. Auch wenn Zoomfahrten oft als »nicht filmisch« gelten, sind sie für dokumentarische Aufnahmen doch eine Arbeitserleichterung.
In diese Lücke sticht das Canon CN-E 18-80 mm: Eine Mischung aus Fotoobjektiv und Fernsehzoom. So ist es parfokal, hat eine frei laufende Blende und verfügt über eine Zahnung, um externe Motoren an Zoom, Blende und Fokus anzuschließen. Wie ein Fotoobjektiv verfügt es über Autoblende und -schärfe und eine Bildstabilisierung. So kann das Objektiv mit dem Autofokus zusammenarbeiten. Es läuft aber über einen Motor, hat also keinen Anschlag und eignet sich kaum für das manuelle Ziehen der Blende über Markierungen.
Seltsamerweise ist die Zahnung für den Fokus eine 0.8-Zahnung, so wie sie in Cine-Zooms verwendet wird, bei Blende und Zoom aber eine 0.5-Zahnung, wie man es von Broadcast-Zooms kennt. Wer also Motoren für die Fernsteuerung von Blende und Zoom einsetzen will, muss das passende Zahnrad zur Verfügung haben. Auch die Stromversorgung für den Motorzoom erfolgt über die Kontakte im EF-Bajonett.
Eine Blende von T4.4 unterstützt es natürlich nicht gerade, wenn man besonders auf maximale Unschärfe im Hintergrund abzielt. Bei den den längeren Brennweiten von 50-80 mm ist sie dennoch machbar.
Verglichen mit einem klassischen 2/3-Zoll-Sensor entspricht der S35-Zoom bei gleichem Bildwinkel etwa einer Blende von F2. Wer also klassische Schultercamcorder für EB-Aufgaben gewöhnt ist, kann hiermit ein ähnliche Arbeitsweise verfolgen. Allerdings ist der Brennweitenbereich mit 4,4fach doch merklich kürzer als mit einem Standard-Broadcast-Zoom, der mit 10- bis 20-fach doch viel mehr Optionen für Aufnahmen aus großer Entfernung bietet.
Die minimale Objektdistanz ist mit 50 cm gut und dürfte für die meisten Aufgaben reichen. Nahaufnahmen von filigranen Objekten können aber zum Problem werden. Die Weitwinkelwirkung ist für viele dokumentarische Aufgaben passend, für Aufnahmen in sehr engen Innenräumen oder etwa auch auf einem Fischerboot wird sie aber nicht ausreichen.
So ist der 18-80 mm ein guter Arbeitszoom, der die am häufigsten benötigten Brennweiten in einem dokumentarischen Dreh abdecken kann. Für Dokumentationen, die sehr lange Brennweiten erfordern, wie Tierfilme oder verdecktes Filmen, ist er aber auch nicht das richtige Werkzeug.
Das Objektiv ist mit Canons Dual-Pixel-Autofokus kompatibel — momentan das Maß aller Dinge beim Video-Autofokus. Das ist eine sehr gute Basis für typische EB-Aufgaben, bei denen man schnell auf das Geschehen reagieren muss.
Die Handhabung
Für einen Videozoom ist der CN-E 18-80 erstaunlich kompakt und mit 1,2 kg sehr leicht. Das verhindert Frontlastigkeit bei kompakten Kameras wie der Canon EOS C200 und erleichtert den Einsatz auf einem Gimbal. Der Motorzoom ZSG-C10 ist optional, aber ein gewichtiges Argument für den Zoom, da gleichmäßige Zoomfahrten in verschiedenen Geschwindigkeiten anders kaum möglich sind. Zudem bietet der Griff eine gute Möglichkeit, eine DSLR- oder eine leichtere Kamera zu halten und Zoom und dabei Aufnahme mit der rechten Hand zu bedienen. Der Zoom wird über eine Arri-Rosette an dem Objektiv angebracht und mit einem extra Kabel angeschlossen. So kann der Motor an der Kamera selbst oder über eine Griffverlängerung angebracht werden.
Da der Zoom beim Drehen von der Schulter doch sehr weit hinten sitzt, kann man so trotzdem eine bequemere Haltung einnehmen. Der Motorzoom erlaubt gleichmäßige Zoomfahrten in beiden Richtungen mit drei nutzbaren Geschwindigkeiten — das war zumindest das, was wir in der Praxis realisieren konnten, da der Zoomweg über den gesamten Brennweitenbereich doch vergleichsweise kurz ist. Die höchste Geschwindigkeit ist zwar nicht langsam, aber superschnelle Zooms, um schnell die Schärfe zu holen, sind nicht möglich. Vielmehr sind die Zoomgeschwindigkeiten auf sichtbare Zoomfahrten in mittlerer Geschwindigkeit ausgelegt.
Die Zoomwippe reagiert empfindlich und erfordert etwas Fingerspitzengefühl. Den Ursprung als Fotoobjektiv bemerkt man vor allem beim manuellen Einstellen der Schärfe. Der gesamte Drehwinkel ist circa ein Drittel des Rades. Für dokumentarische Aufgaben ist ein kurzer Weg an sich nicht schlecht, da man den richtigen Punkt einstellen kann, ohne umgreifen zu müssen, wie es bei Cinema-Zooms mit einem Drehwinkel von 300 Grad oft der Fall ist. Bei näheren Schärfe-Ebenen bis zu 2 Metern funktioniert das auch gut, allerdings ist der Weg von 2 Metern bis zu unendlich so kurz, dass es schwer sein kann, den richtigen Punkt zu treffen oder die Schärfe zu ziehen. Vor allem im Weitwinkel ist noch ein minimales Fokus-Breathing zu bemerken, es sinkt aber schnell ab und ist bei 60 mm kaum noch auszumachen. Bei 80 mm ist es so weit verschwunden, dass es mit bloßem Auge nicht mehr zu bemerken ist.
Der Bildstabilisator hat drei Modi. Für Aufnahmen aus der Hand und von der Schulter bietet sich Betriebsmodus A an, der das Bild gut stabilisiert und Vibrationen verhindert, ohne deutlich zu rucken. Der Extrem-Modus (B) bietet sich vor allem für lange Brennweiten an, ist aber schnell als Bildstabilisator zu identifizieren, sobald man sich stärker bewegt oder geht, da die Korrektur durch ruckartiges Anpassen sichtbar werden kann. Der dritte Modus (C) verhindert vertikale Bewegungen und Vibrationen auf einem Stativ, ohne am Ende eines Schwenks nach zu rucken. Für CMOS-Sensoren ist das wirklich eine hilfreiche Funktion. Es gibt auch die Möglichkeit, den Backfokus einzustellen, das ist allerdings nicht ganz so einfach wie mit einem Broadcast-Zoom. Die entsprechende Schraube, für die man einen Standard-Schraubenzieher benötigt, sitzt unter einer Gummiabdeckung.
Bildqualität
Die Bildqualität ist in der Summe ein komplexes Thema, das auch einen großen Anteil persönlichen Geschmack und das Anwendungsgebiet beinhaltet.
So suchen viele bei szenischen Aufnahmen nicht die höchste Bildschärfe, sondern »Charakter« (Canon Sumire Primes). Gerade für dokumentarische Aufnahmen ist eine hohe Bildschärfe, vor allem in den Totalen, eines der wichtigsten Features eines Objektivs. In diesem Aspekt ist das CN-E 18-80 ein sehr gutes Werkzeug, das in allen Brennweiten und fast in allen Blenden gleich gute Ergebnisse liefert.
Es kann darüber gestritten werden, was 4K-Auflösung für ein Objektiv wirklich bedeutet, aber im direkten Vergleich zu einem Canon 50 mm 1:1,4 USM und einem Canon 24mm 1:2,8 IS USM zeigte es in 6K bei allen Blenden eine gleich gute oder sogar leicht bessere Bildschärfe als diese Foto-Festbrennweiten.
Für dokumentarische Aufnahmen ist eine konstante Bildschärfe über alle Blenden eines der wichtigsten Features, denn man hat nicht immer die Möglichkeit, alle Bedingungen auf die gewünschte Blende zu optimieren. Zudem spielt das größtmögliche Bokeh keine so große Rolle. Wichtiger ist, dass man schnell die gewünschten Aufnahmen hinbekommt. Und meist ist eine größere Schärfentiefe sogar besser, gerade wenn man viel von der Schulter dreht und ein Geschehen verfolgen muss. Schon ab Blende T4.4 ist das Objektiv in allen Brennweiten sehr scharf und fällt bis Blende T16 auch nicht ab. Ab T18 gibt es eine leichte Abnahme der Bildschärfe, aber selbst bei Blende T22 ist die Bildschärfe gut und lässt sich noch mit in anderen Blenden gemachten Aufnahmen des Objektivs zusammenschneiden.
Die Lens Flares sind in der Regel schwach, mit schmalen und wenigen Einstrahlungen; aber das hängt natürlich stark vom Winkel der Lichtquelle ab. Direkte Lichtquellen haben einen deutlichen Sterncharakter und hatten bei den Tests meist einen leichten blauen bis lila Schein. Das Canon CN 18-80 ist sicherlich kein Objektiv, das für den kreativen Einsatz von Lens Flares geeignet ist, es ist eher dafür gemacht, diesen Effekt zu minimieren.
Auch in puncto Verzeichnung macht das Objektiv einen guten Eindruck. Bei 18 mm ist zwar eine leichte Verzeichnung wahrzunehmen, vor allem an den vertikalen Linien am seitlichen Bildrand; sie verschwindet aber schnell, wenn man noch etwas in das Bild hineinzoomt. Im Telebereich gibt es keine mit dem bloßen Auge sichtbare Verzeichnung. Auch bei chromatischer Aberration zeigt das CN 18.80 sehr gute Eigenschaften, bei 18 mm ist bei Blende T4.4 im Gegenlicht ein violetter Rand sichtbar, in extremen Situationen auch noch bei T10; bei längeren Brennweiten muss man schon sehr intensiv suchen, um noch leichte Aberrationen zu finden.
Fazit
Wer einen leichten, dokumentarfilmtauglichen Motorzoom für das EF-Bajonett sucht, hat in dieser Preisregion keine Alternativen, denn der Canon CN 7×17 kostet mehr als das Siebenfache und wiegt fast das Dreifache. Und obwohl der CN-E 18-80 mm die »Budget«-Version eines Broadcast-Zooms ist, bietet er durchweg eine gute Leistung.
Die Bildschärfe ist sehr gut, typische Objektivfehler wie Verzeichnung und chromatische Aberration sind, wenn vorhanden, nur schwach ausgeprägt. Bis etwas mehr als Normalbrennweite gibt es ein leichtes, aber sichtbares Fokus-Breathing. Darüber hinaus gezoomt ist es so gering, dass es kaum wahrzunehmen ist. Der Brennweitenbereich deckt zumindest die wichtigsten Brennweiten für einen dokumentarischen Dreh ab. Für szenische Drehs ersetzt dieser Zoom vier bis fünf Standard-Brennweiten.
Der größte Kritikpunkt bei der Handhabung ist der geringe Fokusweg, vor allem ab einer Entfernung von zwei Metern, was es oft schwierig macht, die Schärfe zu treffen. Zudem kann man kaum mit Markierungen für die Schärfe arbeiten, da die Schärfe über einen Motor läuft.
Der offensichtlichste Nachteil bleibt die relativ geringe Öffnung von T4.4. Aktuelle Kameras sind alle so lichtstark, dass das kein Problem ist, was die Belichtung betrifft. Begrenzt sind sind aber die Möglichkeiten, mit geringer Schärfentiefe zu arbeiten und das Bokeh zu maximieren. Hierfür ist dieses Objektiv eindeutig nicht das richtige Werkzeug. Doch man kann es ja einfach mit ein oder zwei lichtstarken Festbrennweiten ergänzen und wäre somit für fast alle Aufgaben gewappnet.
Der CN-E 18-80 ist ein guter Arbeitszoom mit einer sehr cleanen Bildcharakteristik, der für den Preis durchweg eine sehr gute Leistung bietet.
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