Just in Case: Mobiles Studio
Der Schweizer Broadcast-Dienstleister TPC hat ein mobiles Studio auf iPhone-X-Basis zusammengestellt, mit dem sich Multicam-Produktionen effizient und standortunabhängig aufzeichnen oder direkt ins Internet streamen lassen.
TPC arbeitet schon länger an der Umsetzung der Idee, eine Multicam-Produktion mit Consumer-Equipment und ohne größeren Personalaufwand kostengünstig zu realisieren. Aus dieser Idee ist das kompakte Produktionsstudio im Koffer namens »Just in Case« entstanden.
Mit dem mobilen Allzweckstudio, das TPC Innovation entwickelt hat, eröffnen sich völlig neue Einsatzbereiche: ein Interview im Zug, eine Sportveranstaltung in den Bergen oder ein Konzert im Radiostudio – »Just in Case« ist allen Situationen gewachsen und dabei auch noch einfach und intuitiv zu bedienen.
Die ganze Technik findet in einem Rollkoffer Platz, wodurch sich auch der öffentliche Verkehr zum Transport anbietet. iPhone-Kameras zeichnen in 4K auf, und alle Multicam-Spuren lassen sich nachträglich in Final Cut bearbeiten. Die Regie findet per iPad statt, wobei man auch die Möglichkeit hat, Lower Thirds und andere Grafiken einzublenden.
iPhones und Gimbals
Zwei der iPhones können mit einem Osmo-Gimbal betrieben werden und sind von der Regie aus schwenkbar. So ist es möglich, live die Perspektive verändern. Zusätzlich lassen sich ebenfalls aus der Regie ISO-Empfindlichkeit, Farbtemparatur, Zoom und Shutter steuern. Der Vorteil: ein einzige Person kann die Kamera steuern, Regie führen und den Ton kontrollieren.
Ton
Bei der Zusammenstellung der technischen Komponenten für die Tonübertragung an die Regie war TPC eine gute Qualität wichtig. Deshalb sind im Koffer drei Funkstrecken vorgesehen, wobei man zwischen Sennheizer Lavalier oder Handmikrofonen auswählen kann. Der Ton läuft auf einem Acht-Kanal-Mischer zusammen das Mastersignal lässt sich wahlweise direkt oder per iPad pegeln.
Postproduction
Alle iPhone-Kameras können in Auflösungen bis zu 4K aufnehmen und die Files individuell speichern. Nach der Aufzeichnung lassen sich alle Files per WLAN auf das Regie-iPad übertragen. Dort wird auch der Liveschnitt gespeichert.
Im Anschluss sendet man alles an Final Cut, damit lassen sich die Multicam-Produktionen weiter perfektionieren. Der ursprüngliche Liveschnitt ist bleibt dennoch erhalten. Auch alle Einspieler und Logos werden auf einer separaten Spur übertragen, was den Vorteil hat, dass nach einer Produktion sehr schnell in der Postproduction geschnitten werden kann. Die enorme Zeitersparnis kommt dabei der schnellen Verarbeitung zugute und das fertige Video steht so in kürzester Zeit online zur Verfügung.
Switcher Studio / Software
Die Software namens »Switcher Studio« läuft auf iOS und verbindet die iPhones mit dem iPad, das als Regiesteuerzentrale fungiert. Das Menü ist einfach gestaltet und intuitiv zu bedienen. Seit 2016 sammelte TPC Erfahrungen mit «Switcher Studio» und war von Beginn an begeistert von den Möglichkeiten der Software – etwa auch der Möglichkeit, aus der Software heraus die iPhones zu schwenken und zu zoomen.
Bis zu neun iPhones lassen sich als Quelle verwenden, aber auch ein PC oder Mac lässt sich als Quelle zuschalten, wenn etwa eine Powerpoint-Präsentation, ein Skype-Gespräch oder eine Webseite eingebunden werden sollen.
Live zu Streamen und gleichzeitig alles in 4K aufzunehmen, ist kein Problem für «Switcher Studio». Sogar die nachträgliche Bearbeitung der Aufzeichnung funktioniert problemlos. Der Schnitt von der Live-Produktion kann nach Final Cut transferiert werden, um auch nachträglich andere Kameraansichten in Multicam-View auszuwählen.
System im Überblick
Der Koffer
- Kompakte Lösung, untergebracht in einem Koffer
- Regie direkt per iPad
- Ton läuft auf einem Mischer am iPad zusammen
- Aufzeichnung mit iPhone X
- DJI Osmo Gimbal für Kamera-Steuerung
- WiFi für die Kommunikation der Geräte untereinander
- Akkuversorgung des kompletten Studios
Die Software
- Switcher Studio für Regie
- Bis zu neun iPhones als Quelle möglich
- Live-Streaming auf Vimeo, Youtube, eigene RTMPs und weitere
- 4K-Videos können nach der Aufnahme in Final Cut als Multicam importiert werden
Einsatzgebiete
- Vielfältige Einsatzmöglichkeiten dank stromunabhängiger Versorgung
- Interviews im Zug, auf Festivals, in der Natur oder in Innenräumen wie Büros
- Sportereignisse können mit bis zu neun Kameras live gestreamt und aufgezeichnet werden
- Interne Kommunikation kann live übertragen werden
Just in Case beim SRF 3
»SRF 3 Best Talent« zeichnet aufstrebende Musiker aus der Schweiz aus. Jeden Monat stellt SRF 3 einen Monatssieger vor, und bei den Swiss Music Awards wählen Jury und Publikum dann den Jahressieger, der mit 10.000 Franken unterstützt wird.
Das Videoteam von Radio SRF hat bei der Produktion der Best Talents den »Just in Case« Koffer getestet. Nach einer kurzen Instruktion waren die Videoproduzenten Simona Vallicotti und Jan Winiger bereit, das System beim Livekonzert von Marius Bear zu verwenden. Im engen SRF 3 Radiostudio wurden drei iPhones, die Regie und einige Lampen aufgestellt. Das fertig abgemischte Tonsignal wurde kurzerhand zum Regie-iPad umgeleitet, an dem SimonaVallicotti die Aufzeichnung live geschnitten hat.
Dank des Liveschnitts und des schnellen Workflows, der Just in Case mit sich bringt, war das fertige Video von Marius Bear bereits wenige Augenblicke nach der Live-Austrahlung online. Knappe drei Wochen später war Tatum Rush bei SRF 3. Auch hier produzierte das Team mit »Just in Case«. Das Fazit war durchwegs positiv. Einzig die fehlende Schärfentiefe und Zoom vermissten das Team. Für große, bekannte Acts wäre der Koffer somit laut Simona Vallicotti nicht optimal. Ansonsten gäbe es allerdings nichts auszusetzen.
Anzeige