Praxistest Ursa Mini Pro: Eine für alles?
Die Ursa Mini Pro erweitert die Ursa-Kameralinie von Blackmagic. Sie bietet Wechsel-Mount, eingebaute ND-Filter, Dual-Recorder für CFast- und SD-Karten, sowie etliche weitere Funktionen. film-tv-video.de hat die Kamera im Praxistest ausprobiert.
Shutter, ISO, Weißabgleich
Die Dip-Schalter für Shutter, ISO und Weißabgleich arbeiten nicht mit festen Positionen. Stattdessen sind sie als Skip-Tasten für das Hoch- und Herunterregeln der einzelnen Funktionen ausgeführt.
Bei ISO und Shutter ist das eine praktische Sache, beim Einstellen des Weißabgleichs eher etwas mühselig, weil man sich dann 50-Kelvin-Schritten vorarbeiten muss. Das ist vergleichsweise zeitraubend – hier wäre die klassische Bedienung mit zwei Speicherwerten und einem Preset-Wert wohl doch einfacher. Zwar lässt sich ein Weißabgleich mit der Auto-WB-Taste ausführen, aber man kann ihn dann nicht so speichern, wie man das kennt. Stattdessen ersetzt immer der jeweils neue Wert den bisher gespeicherten.
Der Shutter ist wahlweise per Shutter-Angle oder Shutter-Speed einstellbar. Für den ISO-Werte ist der Dip-Schalter praktisch, da nur zwischen den Werten 200, 400, 800 und 1600 gewählt werden kann.
Funktionstasten
Nur zwei Funktionstasten am Gerät lassen sich frei belegen. Dabei hat man die Wahl, ob für die ausgewählten Funktion ein Preset-Wert gespeichert werden soll oder ob man per Tastenaufruf hoch- oder runterschalten kann.
Letzteres ergibt eigentlich nur bei der fps-Zahl Sinn, denn dafür gibt keine andere Taste am Gehäuse. Es ist aber auch möglich, darüber Funktionen wie Display-LUT oder False-Color-Darstellung zu aktivieren.
Schneller Neustart
Toll: Beim Wechsel von Frameraten muss die Kamera nicht neu starten, sie ist sofort einsatzbereit. Selbst wenn man zwischen Raw- und ProRes-Aufzeichnung wechselt, dauert es nicht mal zwei Sekunden, bis man weiter drehen kann.
Beim Thema Aufzeichnung berichtet ein Leser, dass eine Stabile Aufzeichnung in 2K mit Raw 3:1 und 4:1 nicht möglich sei. Mehr als die Hälfte aller Files endet demnach einfach nach fünf Sekunden, ohne dass Dropframes signalisiert werden. Der Support bei Blackmagic arbeite aber an diesem Problem.
Belichtung und Schärfe mit Display und Sucher einstellen
Bei dokumentarischen Dreharbeiten ist es wichtig, Belichtung und Schärfe schnell beurteilen und einstellen zu können. Hierfür bietet die Ursa Mini Pro alle wichtigen Funktionen. Der Sucher etwa ist selbst ohne zugeschaltetes Peaking schon scharf genug, um die Bildschärfe in den meisten Situationen einschätzen zu können. Zudem ist er auch sehr kontrastreich – und daher ein absolutes Muss für die Dreharbeiten mit einer Ursa Mini Pro.
Auch das Display überzeugt. Es ist relativ hell und kann selbst bei wenig bewölktem Himmel noch gut für Außenaufnahmen eingesetzt werden. Bei sehr heller Umgebung oder direktem Lichteinfall gelangt man aber an Grenzen: dann ist es nicht mehr möglich, die Bildschärfe damit zuverlässig zu beurteilen. Ein weiterer Nachteil: Die Displaygrüße von 4 Zoll reicht insbesondere bei 4K-Drehs nicht mehr aus, um die Schärfe gut genug beurteilen zu können.
Das im Test genutzte Sigma-Objektiv lieferte sehr scharfe und gute Bilder, es bietet aber keine feste Verkopplung von Bedienring und Mechanik. In einem solchen Anwendungsfall ist es natürlich besonders wichtig, eine gute visuelle Kontrolle der Schärfe zu haben. Manuelle, fest verkoppelte Objektive bieten hier zusätzliche Sicherheit beim EB-Dreh.
Zebra, Peaking, Ausschnittsvergrößerung
Hilfestellungen wie Zebra, Ausschnittsvergrößerung und Peaking lassen sich für Sucher und Display getrennt einstellen. Das Peaking heißt bei der Ursa Mini Pro »Colored Lines« und lässt sich in drei Stärken wählen. Für die meisten Situationen dürfte aber die schwächste Einstellung am besten zu nutzen sein. Gerade in der stärksten Einstellung scheinen auch sichtbar unscharfe Bildelemente noch mit den farbigen Linien markiert zu werden.
Was Blackmagic Peak nennt, ist eine starke Kantenanhebung im Bild, und zwar in den Bereichen, in denen das Bild scharf ist. Diese Funktion zeichnet meist ein realistisches und schnell zu überprüfendes Bild der Schärfe-Ebene — ermüdet das Auge aber auch sehr schnell.
Das Zebra kann beginnt bei 75 % und geht in 5-%-Schritten bis 100%. Die False-Color-Darstellung erscheint hier wesentlich sinnvoller und auch zuverlässiger, ist allerdings nicht besonders gut für den Dauerbetrieb geeignet, sondern eher dafür, vor der Aufnahme nochmal die Helligkeitsverteilung zu kontrollieren.
Das Histogramm hilft zusätzlich, die Helligkeitsverteilung im Bild im Blick zu behalten. Schön wäre auch ein Waveform-Monitor mit passender Funktionstaste – diese Funktion fehlt allerdings.
Insgesamt kann man jedoch sagen, dass es mit den zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln in der Summe aber im Praxistest stets gut gelang, Schärfe und Belichtung mit dem Sucher korrekt einzustellen.
Die drei Tasten auf dem Sucher ermöglichen es zudem jederzeit, auf die Assistenzfunktionen zugreifen zu können, ohne ständig ein Bild sehen zu müssen, das von Zebra und/oder farbigen Linien überlagert ist.
Die Lupenfunktion zur Ausschnittsvergrößerung gibt es in zwei Stufen, mit ihr kann das Originalbild doppelt so groß dargestellt werden, was hilfreich sein kann.
Wie man es von anderen Kameras her kennt, wird der Sucher nur aktiv, wenn man sich mit dem Auge der Augenmuschel des Suchers nähert. Er geht auch automatisch wieder aus, wenn man sich weiter entfernt.
Das ist einerseits gut, um Strom zu sparen, kann aber andererseits auch stören, denn häufig deaktiviert sich der Sucher schon dann, wenn man das Bild eigentlich noch sehen möchte und sich nur minimal von der Augenmuschel entfernt, um einen Blick auf eine Taste werfen zu können. Ausschalten lässt sich der Sensor leider nicht, aber man könnte die Abschalteinrichtung einfach blockieren, wovor das Handbuch aber ausdrücklich warnt — es dürften »Einbrenner« drohen.
Blende
Wer mit einem EF-Objektiv mit elektronischer Blende dreht, könnte ein Problem bekommen, die Blende während einer Aufnahme manuell zu ziehen, denn das Rädchen hierfür ist so klein und unhandlich, dass es im Test praktisch nicht möglich war, die Blende gleichmäßig einzustellen.
Zudem sitzt das Rädchen bei aufgeklapptem Display sehr ungünstig und ist schwer zu erreichen. Ist der Ausklappschirm leicht schräg eingestellt, kann man das Rädchen gar nicht bedienen.
Fernbedienung
Blackmagic hat der Ursa Mini Pro auch eine kabellose Ferbedienmöglichkeit spendiert: Mit der aktuellen Software-Version wird der in der Kamera vorhandene Bluetooth-Chip aktiviert. Dadurch verfügt die Kamera nun auch über eine kabellose Remote-Schnittstelle.
Mit einer iPad-App kann die Kamera darüber in vielen Funktionen von einem Apple-Tablet aus ferngesteuert werden.
Es ist aber nicht nur möglich, über die App die Kamera fernzusteuern, sondern es können auch Metadaten mit dem iPad eingegeben, an die Kamera geschickt und dort gemeinsam mit den Bild- und Tondaten aufgezeichnet werden. Die App können alle Besitzer einer Ursa Pro Mini 4.6 nutzen und auch an ihre Bedürfnisse anpassen.
Prinzipiell können auch zahlreiche andere Bluetooth-Devices verwendet werden, um die Kamera zu steuern. Um das Realität werden zu lassen, bietet Blackmagic einen SDK und eine API für die Bluetooth-Schnittstelle der Kamera an. Damit können Software-Entwickler eigene Applikationen programmieren, mit denen sich die Kamera dann steuern lässt — etwa um sie optimal an andere Systeme anzubinden oder als Teil von komplexeren Infrastrukturen automatisiert zu bedienen.
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