Archivierung: Die Rückkehr des Bandes?
In der Akquisition gehört das Band zu einer sterbenden Gattung. In der Archivierung ist das anders, dort könnte sich an manchen Stellen die Aufzeichnung auf Band noch sehr lange halten — wenn auch nicht in Form von Video- sondern von Datenbändern. film-tv-video.de hat mit MTape von MLogic ein bandbasiertes Archivierungssystem getestet.
Ist die jeweils aktuelle Produktion abgeschlossen, dann stellt sich die Frage: Wohin mit dem Material? Das besteht eben heutzutage in aller Regel aus größeren Datenmengen und man muss leider konstatieren, dass in weiten Teilen der Medienbranche keine durchgängigen, schlüssigen Lösungen für die Archivierung ins Werk gesetzt sind: Meist wurstelt man sich irgendwie durch und hofft, dass man das Material schon wieder finden würde, und wieder ans Laufen brächte, wenn man es denn bräuchte. Dass das unprofesssionell ist, ist den meisten Anwendern klar, aber diese Erkenntnis hat meist keine Konsequenzen.
Archivierung: Welches System für welchen Zweck?
Über die beste Form der Archivierung lässt sich zudem trefflich streiten: Viele kleine Produktionshäuser, die sich größere Speichersysteme, etwa ein Avid Isis, nicht leisten können oder wollen, greifen bei der Archivierung auf festplatten-basierte Speicherlösungen zurück. Die Kopien werden dann idealerweise doppelt oder dreifach auf Festplatten oder Raid-Systemen gesichert. Diese Form der Archivierung ist auch bei Allroundern beliebt, die vorwiegend mit disk-basierten Systemen oder Speicherkarten arbeiten und ihr gedrehtes Material später auf Festplatten archivieren.
Wieder andere nutzen disk-basierte Systeme, also beispielsweise XDCAM oder XDCAM HD, auch für die Archivierung. Wer ohnehin hauptsächlich in diesen Formaten produziert, kann sein Material natürlich auch so ins Lager legen — aber nur das Rohmaterial und die fertige Produktion, keine Projekt-, Grafik- oder ergänzenden Daten. Und nutzt man für die Archivierung des Videomaterials beispielsweise den Professional Disc Recorder PDW-HD1200 von Sony, muss man immerhin rund 14.000 Euro für den Recorder hinblättern — für kleine Firmen keine unerhebliche Investition — aber letztlich vielleicht doch nötig, wenn man einigermaßen komfortabel archivieren will.
Als Alternative für die Archivierung bietet sich aber auch ein Speichermedium an, das nicht nur in der Medienbranche verwendet wird, sondern das auch andere Branchen nutzen, etwa Banken, Versicherungen und andere Datenzentren: LTO. Das Kürzel steht für Linear Tape Open und ist ein Speichersystem, das auf 1/2-Zoll-Magnetbändern und entsprechenden Bandlaufwerken basiert. IBM, HP, Quantum und Tandberg Data unterstützen dieses Format mit Laufwerken, Bänder produzieren rund 30 Hersteller. Ein LTO-System, mit dem man genauso bequem und schnell arbeiten könnte, wie mit anderen, disk- oder festplatten-basierten System wäre also eine attraktive Alternative um Mediendaten aller Art gemeinsam zu speichern.
Das verspricht der US-Anbieter MLogic mit dem MTape-System. Dabei handelt es sich um ein LTO-6-System, das dank der schnellen Schnittstelle Thunderbolt die Daten relativ zügig aufs Band schreiben kann.
MTape: LTO-6-Laufwerk mit Thunderbolt
MLogic stattet das MTape-System mit Thunderbolt- und SAS-Anschluss aus, es eignet sich daher für die vergleichsweise einfache Archivierung von Bild- und Tonmaterial auf LTO-6-Bänder. Der Nettopreis des Systems liegt bei 3.600 Euro. Diese immer noch vergleichsweise hohen Anschaffungskosten deuten an, dass sich MTape damit eher an Firmen wendet, die größere Mengen an Daten sicher müssen — und weniger an den Allrounder, der nur überschaubare Mengen von Material sichern muss.
Der Einzelkämpfer, der sein Material archivieren muss, ist vielleicht mit externen Festplatten besser beraten und kommt auch günstiger weg. Wer allerdings größere Datenmengen sichern muss und vor allem auch ein langfristige Datensicherheit garantieren muss, für den ist MTape aber eine Alternative, denn MLogic verspricht bei Tape-Archivierung auf LTO-6 Datensicherheit für mindestens 30 Jahre.
Bedienung
Der Hersteller wirbt mit dem folgenden Slogan für MTape: »LTO made easy. Just connect to a computer with a Thunderbolt port.« Außerdem heißt es noch: »Hello LTFS. Drag. Drop.« Es soll also alles ganz einfach funktionieren.
MLogic liefert MTape mit einem Thunderbolt-Kabel, einer 2,5-TB-Cartridge, einem Reinigungsband und einem Netzteil aus. Treiber und Software gibt es für den Mac und für Windows-Rechner. Durch die beiden Thunderbolt-Anschlüsse lassen sich M-Tape und andere Peripheriegeräte in Reihe schalten. MLogic bietet mit MTape Utilty zudem noch eine kostenlose Software an, um das Laufwerk genau wie eine Festplatte mounten zu können.
Damit die ins Laufwerk eingelegte Cartridge vom Rechner erkannt wird, müssen der Treiber für das Speichersystem und das MTape Utility installiert werden. Die Bedienoberfläche der Software ist sehr einfach gehalten, sie dient letztlich nur dazu, das Band zu mounten und zu formatieren. Auf einem Mac muss man zunächst noch mit dem »Gehe zum Ordner«-Kommando das Laufwerk anzeigen. Danach können Daten wie bei einer Festplatte per Drag-and-Drop auf das Laufwerk kopiert werden.
Automatische Kompression der Daten beim Kopiervorgang unterstützt MTape Utility nicht. Theoretisch sollte eine 2,5 TB Cartridge zwar bis zu 6,25 TB Daten fassen können, aber laut Handbuch wird dabei mit Zip-Kompression gearbeitet und das bringt bei Videodateien so gut wie keine Ersparnis. Aber dafür ist diese Kompression auch nicht gedacht, so der Anbieter, sondern für IT-Daten.
Zudem unterstützen LTO-6 Medien auch 256-Bit-Encrypting, um die Daten vor ungewollten Zugriffen zu schützen, und auch das WORM-Verfahren wird unterstützt (Write Once Read Many). Es sorgt dafür, dass Daten nicht ungewollt gelöscht werden.
Ein hörbarer Nachteil des Bandlaufwerkes ist seine Lautstärke beim Kopieren der Daten. Das System gehört eher in einen zentralen Maschinenraum, als in ein normales Büro oder gar auf den Schreibtisch. Zudem muss man bei einem volleren Tape auch einige Minuten Spulzeit in Kauf nehmen, bevor das Backup beginnt.
Übertragungsgeschwindigkeit
Theoretisch erlaubt das System eine Übertragungsrate von 400 MB/s. Die Thunderbolt-Schnittstelle bietet hier nur eine kleine Verbesserung gegenüber USB 3.0. Zum Vergleich: Während das Kopieren von 10 GB Videodateien auf eine USB-3-Festplatte (2,5 Zoll Seagate Backup Plus, also auch nicht die schnellste aller Platten) 4:34 Minuten dauerte, benötigte dieselbe Datenmenge vom selben Ort 3:47 Minuten, bis sie auf dem Band aufgezeichnet war. Man muss allerdings auch berücksichtigen, dass das Kopieren derselben Datenmenge auf eine Thunderbolt-Festplatte mit vier Minuten nur unwesentlich schneller ist, als das bei USB 3.0 der Fall wäre.
Das Zurückspielen der Archivdaten vom MTape-System auf den Rechner war mit 3:20 Minuten schneller als das Sichern auf Band. Einige Zeit beim Sichern auf Band ist auf die Umspulzeiten zurückzuführen. Kopiert man etwa zwischendurch 200 weitere GB auf das MTape-System — was beim Test-Setup 14:40 Minuten in Anspruch nahm — dauert es 4:10 Minuten, bis die zuvor kopierten 10 GB wieder auf den Rechner zurückgespielt sind.
Archiware P5 Backup
Wer mehr Funktionalität in der Archivierung benötigt, der muss sich eine Software wie Archiware P5 Backup zulegen. Eine einfache Lizenz für die Archivierung kostet 2.000 Euro. Die Archiware P5 Software wird über einen Browser bedient.
Das Programm bietet keinen Drag-and-Drop-Funktionen, leitet den Anwender aber mit einigen wenigen Schritten durch Prozesse wie Backup und Archivierung. Die Bedienung des Programms erfordert jedoch ein gewisses Know-How. Wer IT-Kenntnisse hat, kommt hier sicher schneller ans Ziel, wenn er automatisierte Backup-Workflows einrichten möchte. Mit dem Studium des 190-seitigen Handbuchs kommt man zwar auch als in reinen IT-Angelegenheiten weniger versierter Anwender ans Ziel, aber das erfordert mehr Zeit — vor allem Einsteiger müssen hier etliche Hürden nehmen.
Beispiele dafür: Das Browser-Fenster zur Auswahl des Mediums, von dem ein Backup erstellt werden soll, muss zunächst bei der Software »angemeldet« werden. Wer beispielsweise ein manuelles Backup erstellen will, der muss trotzdem die Option für ein zeitliches Backup anwenden, an deren Ende man dann den Befehl zum sofortigen Backup geben kann.
Zum Wiederherstellen/Zurückkopieren der Daten dient das Restore-Fenster, von dem aus natürlich auch auf ein anderen Medium kopiert werden kann. Dieses Fenster bietet diverse Optionen: Etwa, ob vorhandenes Material überschrieben werden soll oder nicht. Ein großer Vorteil gegenüber dem MTape Utility besteht bei Archiware P5 darin, dass beim Kopieren ein Index angelegt wird, in dem später nach Dateien gesucht werden kann. Das kann auch der Grund dafür sein, dass bei gleichen Startbedingungen die Kopiervorgänge immer einen Tick mehr Zeit in Anspruch nahmen, als mit dem MTape Utility.
Fazit
Wer wirklich große Datenmengen für einen längeren Zeitraum sichern will, für den ist das MTape-System eine einfache und schnelle Lösung. Mit dem MTape Utility muss man die Katalogisierung selbst übernehmen und Backups manuell starten. Wer mehr möchte, und wer bestimmte Abläufe vor allem automatisieren und intelligent verwalten möchte, der muss sich eine Zusatz-Software wie Archiware P5 Backup kaufen.
Empfehlungen der Redaktion: