Kamera: 07.04.2010

Canon präsentiert MPEG-2-Tapeless-Camcorder mit 4:2:2-Signalverarbeitung

Mit seinem HDV-Camcorder XL H1 etablierte Canon eine Camcorder-Alternative für ambitionierte Anwender. Jetzt präsentiert der Hersteller endlich auch ein bandloses Gerät in dieser Leistungsklasse — aber mit besserer Signalqualität. Der neue Camcorder schreibt MPEG-2-Dateien mit einer maximale Datenrate von 50 Mbps in voller HD-Auflösung auf zwei CF-Karten und arbeitet dabei mit 4:2:2-Signalverarbeitung. Den Neuen wird es zwei Varianten geben, die sich im wesentlichen durch die Ausgänge unterscheiden: als XF305 und XF300. Beide Camcorder sind mit drei 1/3-Zoll-CMOS-Sensoren und fest eingebauten Objektiven ausgerüstet.

Dass die neuen Speicherkarten-Camcorder von Canon durch Sonys EX1 inspiriert sind, ist offensichtlich: Typische Canon-Design-Reminiszenzen sind bestenfalls noch das aufgesteilte Heck und das an den charakteristischen Canon-Drehknopf erinnernde Display an der Seite des Camcorders — alle anderen Designvorgaben des Canon-Camcorders sind eher darauf ausgerichtet, dass sich auch EX1-Anwender bei Canons Neuem zuhause fühlen können. Das gilt offenbar auch fürs Menü: wer sich bei Sonys XDCAM EX-Reihe auskennt, soll auch die neuen Canon-Camcorder auf Anhieb bedienen können — das sagt der Hersteller ganz freimütig.

Wichtige Unterschiede gibt es dennoch: Das Speichermedium (CF statt SxS), die 4:2:2-Signalverarbeitung und die höhere Datenrate machen zumindest auf dem Papier einen klaren Unterschied zu EX1/EX3 aus.

Erste funktionsfähige Muster wird Canon erst während der NAB2010 zeigen, zuvor kommuniziert der Hersteller lediglich die Eckdaten des Camcorders und präsentierte ein Designmuster, das zumindest die Optik des neuen Gerätes vermitteln soll. Verlässliche Aussagen zur Bildqualität des Camcorders lassen sich somit noch nicht fällen. Soviel sagt der Hersteller: In puncto Auflösung wie auch bei diffizilen Aspekten wie etwa in puncto chromatische Aberrationen, übertreffe man konkurrierende Hersteller. Das wird sich freilich erst mit testfähigen Mustern überprüfen lassen.

XF300 und XF305

Im Prinzip gleichen sich XF300 und XF305 in allen Aspekten: Der XF305 ist lediglich bei den Schnittstellen etwas besser ausgestattet und bietet zusätzlich zu allen anderen Funktionen des 300ers auch einen HD-SDI-Ausgang sowie Timecode– und Genlock-I/Os.

Eckdaten: MPEG-2, 4:2:2, 50 Mbps

Schon vor einigen Wochen kündigte Canon an, einen Camcorder zu präsentieren, der mit MPEG-2-Kompression arbeiten würde — so wie Sonys XDCAM-EX-Camcorder. Canon setzt bei seinen neuen Camcordern nun ebenfalls auf MPEG-2. Im Unterschied zu XDCAM-EX sollen die Canon-Camcorder allerdings mit 4:2:2-Signalprocessing arbeiten und zudem mit maximal 50 Mbps auch eine höhere Datenrate bieten. Zum Vergleich: EX1 und EX3 können mit maximal 35 Mbps aufzeichnen.

Die 4:2:2-Farbabtastung ist besonders nützlich, wenn eine erweiterte Signalverarbeitung — etwa beim Schnitt oder in der Farbkorrektur – erforderlich ist, denn beim 4:2:2-Sampling werden doppelt so viele Farbinformationen erfasst wie bei einem Camcorder mit einer Farbabtastung von 4:2:0.

Bei der Sensorgröße war Canon allerdings nicht übermäßig spendabel: XF305 und XF300 sind mit einem 1/3-Zoll-Chip bestückt, der 2,37 Megapixel bietet (effektiv 2,07 Megapixel). Im Vergleich dazu sind die Sony XDCAM-EX-Geräte mit 1/2-Zoll-Chips ausgerüstet. Canon merkt jedoch an, dass die Chips in Kombination mit dem eigenen Bildprozessor sehr gute Bildqualität ermöglichen sollen. Die neuen Sensoren seien zudem so entwickelt, dass sie den Rolling Shutter-Effekt minimierten, so Canon.

Dateiformat MXF

Der Canon XF305 und XF300 zeichnen Dateien im MXF-Format auf. Canon nutzt MXF als Container für die von XF305 und XF300 erfassten MPEG-2-komprimierten Videos mit 4:2:2-Farbabtastung und linearem PCM-Audio. XF305 und XF300 nutzen mit OP1a einen weit verbreiteten MXF-Standard.

Die Aufnahmen, die mit den Canon-Camcordern erstellt werden, sollen sich mit Grass Valley Edius und mit Adobe CS4 und CS5 direkt bearbeiten lassen. Für Avids Media Composer und für Apples Final Cut Pro wird es laut Canon schon bei der Auslieferung des Camcorders ein Plug-In geben, mit dessen Hilfe sich die Daten des Camcorders direkt einspielen und verarbeiten lassen.

Objektiv

Beide Canon-Camcorder sind mit neu entwickelten, fest eingebauten Objektiven ausgerüstet: ein Wechselbajonett sucht man vergeblich. Der Hersteller betont, dass bei den Objektiven Erfahrungen eingeflossen seien, wie sie nur Canon als großer Objektivhersteller besitze. Der Hersteller hebt die folgenden Eckdaten des neuen Objektivs hervor: Das verwendete Hi-UD-Glas (hoher Brechungsindex, extrem geringe Dispersion) reduziere chromatische Aberrationen und ermögliche eine kompakte Objektivbauform; zudem sollen die UD-Linsen chromatische Aberrationen speziell in Telestellung reduzieren.

Das neue Objektiv enthält laut Canon 17 Linsen (darunter fünf asphärische Linsen), die in 14 Gruppen angeordnet sind. Es bietet eine Lichtstärke von 1:1,6 bis 2,8. Mit Blick auf eine hohe Stabilität wurde das Objektiv mit einer Metall-Iris (sechs Blendenlamellen) sowie drei ND-Glasfiltern ausgestattet.

Optischer Bildstabilisator

Canon hat beim XF305 und beim XF300 einen besonderen Bildstabilisator eingebaut. Kinetische Bewegungen werden durch spezielle Sensoren erfasst, gleichzeitig erfolgt eine vektor-orientierte Bildanalyse über den Bildsensor. In Kombination sollen diese beiden Systeme dazu beitragen, Verwacklungsunschärfen zu kompensieren. Dafür sind drei Modi vorgesehen:

• Dynamik: Die Winkelkorrektur hängt von der Zoomposition ab. Dieser Modus soll bei der Aufzeichnung mit kurzer Brennweite wirksam sein, etwa dann, wenn der beim Gehen gefilmt wird.

• Standard: Soll eine gleichmäßige Stabilisierung im gesamten Zoombereich bieten.

• Powered IS: Zur Korrektur von Verwacklungsunschärfe bei der Aufzeichnung mit langer Brennweite.

Canon Full-HD-CMOS-Sensor

Canon gibt an, die verbauten 1/3-Zoll CMOS-Chips vollkommen neu entwickelt zu haben. Pro Sensor steht eine Auflösung von zirka 2,07 effektiven Megapixeln (horizontal 1.920 x 1.080 Pixel vertikal) für die Aufzeichnung in Full HD zur Verfügung. Jeder Sensor erfasst eine der drei Primärfarben, weiter arbeitet jeder Sensor mit integrierter Rauschreduzierung und Pixelverstärkung.

Canon Software XF Utility

Mit der im Lieferumfang des XF305 und XF300 enthaltenen Canon Software XF Utility lassen sich die Videoaufnahmen verwalten. Clips werden anhand der Miniaturbilder (Thumbnails) identifiziert und mit korrekter Geschwindigkeit in der Vorschau wiedergegeben, selbst wenn sie im Zeitraffer- oder Zeitlupenmodus aufgezeichnet wurden. Die erfassten Metadaten können ebenfalls angezeigt und bearbeitet werden. Der Anwender hat dann die Möglichkeit, die gewünschten Clips zu kopieren und zu archivieren. Das XF Utility steht für Windows und Mac OS zur Verfügung.

Preise und Verfügbarkeit

Canon nennt noch keine genauen Preise, aber für den XF300 ist ein UVP von rund 6.500 Euro im Gespräch und der XF305 könnte 1.000 Euro teurer werden, also rund 7.500 Euro kosten. Die Camcorder sollen ab Ende Juni 2010 ausgeliefert werden.

Downloads zum Artikel:

Canon_XF300_305_Features.pdf