Kamera, Recording: 04.01.2010

Easylook entwickelt HD-Umrüstung für SR3

Aus der 16-mm-Filmkamera Arriflex SR3 eine HD-Kamera zu machen, die einen optischen Sucher bietet und das gesamte 16-mm-Zubehör nutzen kann, das es für diese Kamera gibt: Diese Idee treibt auch Gert Kappes um, der unter anderem die Mini-HD-Kameras der Easylook-Familie entwickelt hat.

Natürlich denkt man sofort an das zur IBC2009 von P+S Technik vorgestellte 16 Digital SR Mag (Videoreport, HQ-Video), wenn man die jüngste Easylook-Entwicklung sieht. Die grundlegende Idee, statt des Filmmagazins an der Arriflex SR3 ein Video- oder Digitalsystem anzudocken, ist aber nicht neu und auch der Easylook-Entwickler Gert Kappes hat sich mit diesem Thema schon einmal beschäftigt. Nun ist aber aus Sicht von Kappes die Technik so weit, eine Lösung realisieren zu können, die wirtschaftlich sinnvoll und technisch hochwertig ist. Und auch wenn die grundlegende Idee des 16 Digital SR Mag von P+S Technik und der Easylook-Lösung gleich ist, gibt es doch etliche Unterschiede.

Einen Prototypen seines »Easy-Mags«, so der Codename für die Easylook-Lösung, stellte Gert Kappes erstmals Ende November in der Kamerawerkstatt von Studio Hamburg einigen Technikern und Kameraleuten vor. Ziel der noch weiter andauernden Entwicklung ist es, schon bald eine HD-Kamera anbieten zu können, die auf der SR3 basiert und dieser in der Bedienung und im Handling sehr nahe kommt. Die Vorteile der Filmkamera, wie der optische Sucher mit größerem Sichtfeld als das eigentliche Bildfenster, sowie die einfache Bedienung sollen erhalten bleiben, die Verfügbarkeit von umfangreichem Zubehör und zahlreichen Objektiven im Markt soll weiterhin für die Umrüstung sprechen.

Easy-Mag

Im Inneren des Easy-Mag arbeiten im Kern eine Modula-Kamera und ein Nanoflash-Recorder von Convergent. Beide sind aber für den Einsatz im Easy-Mag modifiziert. Zunächst sollen damit Bildraten von 25p und 30p realisiert werden, später sollen weitere folgen. Der Recorder speichert die HD-Bildsignale der Kamera mit einer relativ milden Kompression auf CF-Speicherkarten (XDCAM HD 422Codec, aber I-Frame-only). Diese Daten können mit NLE-Systemen von Avid und Apple direkt verarbeitet werden, weil sie als MXF– oder MOV-Dateien aufgezeichnet werden. Auch Tonsignale kann der integrierte Recorder aufnehmen, das Easy-Mag soll hierfür XLR-Buchsen erhalten. Als weitere Schnittstellen sind HDMI und HD-SDI vorgesehen: für die direkte Signalkontrolle und die Wiedergabe der Aufzeichnungen mit der Kamera.

Kamera und Recorder sollen so integriert und verknüpft werden, dass die Bedienung filmähnlich über wenige Knöpfe an der Kamera erfolgen kann. Für umfangreichere Einstellarbeiten (ASA, Gamma, Detail, Kunst/Tageslicht) kann via USB-Schnittstelle ein Laptop angeschlossen werden. »Letztlich handelt es sich bei einer SR3 mit Easy-Mag ja um die Verbindung von zwei Kameras, einer HD-Kamera und einer Filmkamera. Das soll man aber in der Bedienung nicht merken, sondern es soll alles wie aus einem Guss bedienbar sein«, erläutert Gert Kappes.

Zuerst soll es das Easy-Mag für die Arriflex SR3 geben, aber Gert Kappes plant auch eine Version für die 416.

Der jederzeit reversible Umbau der Filmkamera auf Digitalbetrieb soll in einer normal ausgestatteten Kamerawerkstatt inklusive Justage innerhalb einer Stunde möglich sein. Die Kamera ist nicht Teil einer wechselbaren Kassette, sondern wird in der Kamerawerkstatt direkt im Bildfenster fest montiert und eingemessen. Dann wird die Kassette mit der Signalelektronik und dem Recorderteil darübergestülpt und angedockt. Das vermeidet aus Sicht von Gert Kappes mögliche Auflagemaß-Probleme.

Die Empfindlichkeit der Kamera soll etwa 500 ASA erreichen. Der Nettopreis für das Easy-Mag soll in der Größenordnung zwischen 15.000 und 20.000 Euro für die SR3-Version liegen, schätzt Gert Kappes. Die 416er-Version wird wohl etwas teurer sein, weil sie mechanisch aufwändiger ist.

Interessanter Effekt, den man schon beim Prototypen sehen konnte: Die negativen Bildeffekte, die der Rolling Shutter von CMOS-Sensoren unter bestimmten Aufnahmebedingungen nach sich ziehen kann, werden durch die rotierende Sektorenblende der Filmkamera reduziert.

Die äußeren Abmessungen und die mechanische Gestaltung des Easy-Mag sollen so ausfallen, dass der 24-V-Anflanschakku der SR3 weiter genutzt werden kann und darüber auch das Easy-Mag versorgt wird.

Weitere Infos zu Easylook

Unter der Marke Easylook System entwickelt der Kameramann Gert Kappes verschiedenes Zubehör und auch die kompakte HD-Kamera Modula, die es in verschiedenen Bauformen gibt. Hinter Easylook steht ein Team aus vier Festangestellten und sechs Freelancern. Die Modula-Kameras wurden zunächst überwiegend im Live-Broadcast-Bereich eingesetzt, einer der großen Kunden ist das britische Unternehmen Giagwave, das HF-Übertragungssysteme herstellt und einsetzt — unter anderem im Motorsport. Speziell für die Briten gefertigte Versionen der Modula-Kameras kommen bei Gigawave-Produktionen als On-Board-Kameras in Rennfahrzeugen zum Einsatz und liefern Live-HD-Bilder unter härtesten Einsatzbedingungen. Gigawave ist aber nicht der einzige Ü-Wagen-Betreiber, der Modulas nutzt, auch der Ü-Wagen-Betreiber Alfacam setzt Kameras von Easylook ein.

Zunehmend werden Modula-Kameras aber auch im szenischen Bereich als Action-Kamera genutzt, was durch eine Version der Kamera mit PL-Mount begünstigt wird. Modula erfordert keine abgesetzte Bedien- und Processing-Einheit, sondern gibt direkt an der Kamera ein HD-SDI-Signal ab. Wird die Modula nicht nur als Kamera, sondern als komplettes Aufnahmesystem gewünscht, kombiniert Gert Kappes die Minikamera mit einem modifizierten Recorder des Typs Nanoflash von Convergent Design. Zwischen Kamera und Recorder genügt dann ein einziges Kabel, um die Signale auf CF-Speicherkarten aufzunehmen.

Die Modula-Kamerafamilie basiert auf einer Entwicklung von Fraunhofer IIS, die auch die Basis der von Wige angebotenen Cunima darstellt. Der CMOS-Sensor kommt aus den USA, Fraunhofer hat die Frontend-Elektronik und den Berechnungs-Kernel entwickelt, der die Rohdaten in Bilddaten umwandelt. Auf dieser Basis fertigt und montiert Easylook selbst die Elektronik der Kameras und macht durch zusätzliche Steuerungselektronik und Software eine Kamera daraus, mit der man auch außerhalb eines Labors Bilder erzeugen und aufnehmen kann — auch wenn man kein Wissenschaftler oder Techniker, sondern Kameramann ist. Weil damit große Teile der Entwicklung direkt bei Easylook liegen, kann das Unternehmen auch Sonderversionen produzieren, wie etwa vier Modulas, die von der ESA in Kürze den Weltraum mitgenommen werden, zwei davon als Stereo-3D-Kamera.