Schnitt-Software von Sony: Vegas 7
Vegas ist ein Schnittprogramm von Sony, das bisher wegen seiner unklaren Positionierung in Deutschland nicht sonderlich populär war. Das will der Hersteller mit Version 7 ändern. (Druckfreundliche PDF-Version mit 800 kB Dateigröße und vier Din-A4-Seiten steht am Textende zum Download bereit.)
Seit Kurzem gibt es die neue Version 7 von Sonys Schnitt-Software Vegas auch in Deutsch. Vielleicht war die bislang fehlende Lokalisierung teilweise mit ein Grund dafür, dass Vegas hierzulande ziemlich unbekannt ist. Weiterer Grund, weshalb Vegas nun auch bei Sony in Europa eine größere Rolle spielen soll: Seit Sony die Software Xpri zumindest als Einzelplatz-NLE-Software de facto vom Markt genommen hat und dieses Programm nur noch als Teil größerer Systeme anbietet, soll nun Vegas in Richtung professioneller Einsatzbereiche ausgebaut werden und breitere Anwendergruppen ansprechen. Nun will Sony für Vegas also mehr Anteile auf dem deutschen und europäischen Markt erringen.
Wie viele andere NLE-Softwares auch, hat Vegas seine Wurzeln im Consumer-Bereich. In früheren Versionen war aber die Positionierung des Produkts keineswegs klar: Da gab es einerseits die guten Tonbearbeitungsmöglichkeiten in der Tradition von Sonic Foundry, aber andererseits ließ der Workflow im Videobereich sehr zu wünschen übrig.
Mit der Version 7 will Sony diese Problematik von der funktionalen Seite aus lösen, aber auch für eine klarere Profilierung sorgen: Es sind jetzt verschiedene Varianten von Vegas für unterschiedliche Zielmärkte verfügbar. Für Hobbyfilmer gibt es mit Movie Studio + DVD und dessen Platinum Edition zwei eigene Pakete. Die ähneln der getesteten Version Vegas + DVD zwar, sind aber in ihrer Funktionalität deutlich beschnitten.
Zu den augenfälligsten Features, die nur die große Vegas-Variante hat, zählt das Authoring-Programm DVD Architect 4 sowie die Unterstützung von XDCAM inklusive Proxies, dem Broadcast-Wave-Format und von SD/HD-SDI-Boards der Hersteller Black Magic und Aja.
Die Installation unter Windows 2000 oder XP erfordert Microsoft.Net Framework 2.0, ohne das Vegas erst gar nicht installiert wird. Ansonsten verlief die Installation im Test unproblematisch. Die Programm-Oberfläche von Vegas 7 sieht auf den ersten Blick genauso aus wie die der Version 6, nur dass die Sprache eben Deutsch ist.
Die Übersetzung von Befehlen und Hilfe ist zwar prinzipiell nutzerfreundlich, wurde jedoch allem Anschein nach von einem fachfremden Übersetzer oder von einer Maschine gemacht, nur so sind Ausdrücke wie »auf Band drucken« erklärbar.
Obwohl in deutschsprachigen Ländern PAL das übliche Fernsehformat ist, wird auch bei der deutschsprachigen Version das erste Projekt in NTSC eröffnet. In den Projekteigenschaften kann das zwar leicht auf PAL, eines der vielen HD-Formate oder selbstdefinierten Vorlagen umgestellt werden, aber das könnte man dem Nutzer auch ersparen.
Soll Material eingespielt werden, hat man die Auswahl zwischen DV einerseits und HDV beziehungsweise SDI andererseits. Die im Video-Capture-Modul aufgezeichneten Clips können vom Clip-Explorer per Mausklick zu den Projektmedien des Hauptprogramms hinzugefügt werden.
Wurden im Clip-Explorer »Auslagerungsverzeichnisse für Clips« erstellt — so heißen bei Vegas die Bins — dann können die Clips auch komplett zu den Projektmedien hinzugefügt werden.
Auch nachträgliches Umsortieren ist kein Problem. Dass die Clips zur Identifikation blitzschnell angespielt werden können, ist keine neue Funktion, hat den Testern aber trotzdem gut gefallen.
Vorsicht ist bei der Umbenennung von Clips geboten, denn jede Umbenennung verändert auch den Dateinamen auf Betriebssystem-Ebene. Das ist an sich kein großes Problem, wenn aber der Clip schon einmal in einem anderen Projekt verwendet wurde, dann kann er dort nach der Umbenennung nicht mehr ohne weiteres zugeordnet werden. Ein Workaround ist, von dem kompletten Clip im Trimmer einen Subclip zu erstellen, denn der kann ungestraft umbenannt werden.
Neben dem Fenster mit den Projektmedien gibt es noch zwei weitere Fenster zur Medienverwaltung, einerseits den Explorer, der genau das gleiche tut wie sein Windows-Kollege. Zusätzlich gibt es den Media Manager, eine leistungsfähige Datenbank, in der alle im System befindlichen Medien erfasst und später mit verschiedene Such-Algorithmen wieder gefunden werden können.
Der Media Manager kann sehr hilfreich sein, wenn man aus dem gleichen Material immer wieder etwas benötigt. Ihn sinnvoll und schlagkräftig zu nutzen, setzt jedoch Disziplin bei der Pflege der Medienbibliotheken voraus.
Vom Explorer und Media Manager sowie von den Projektmedien können komplette Clips in die Timeline transferiert werden. Sollen die Clips zuvor gekürzt werden, so kann das zunächst im Trimmer geschehen, dann lassen sich die vorgeschnittenen Clips von dort zur Timeline senden.
Das Trimmen der Clips auf der Timline selbst geschieht bei Vegas standardmäßig mit Hilfe der Zehnertastatur, was zumindest am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig ist. Abhilfe bietet hier ein neues Feature, das es erlaubt, die Tastatur-Shortcuts den eigenen Wünschen und Gewohnheiten anzupassen.
Auch die Oberfläche kann jetzt noch stärker verändert werden als in früheren Versionen. Es ist nun etwa auch möglich, die Timeline nach unten und Vorschau- und Trimmer-Fenster nach oben zu verlegen — wenngleich das etwas umständlich in den Präferenzen eingestellt werden muss.
Damit kann Vegas dem Aussehen anderer Schnittsysteme angepasst werden. Gut hat den Testern gefallen, dass verschiedene, so entstandene »Workspaces« gespeichert und per Tastatur schnell wieder aufgerufen werden können. Schließlich ist etwa für die Tonmischung eine ganz andere Anordnung der einzelnen Fenster und Module sinnvoll als beim Bildschnitt.
Die Vorschau kann in dem skalierbaren Videovorschau-Fenster und bei Bedarf nun auch gleichzeitig auf einem externen Monitor erfolgen. Dies kann ein zweiter Computermonitor oder ein über den DV-Ausgang oder eine Videokarte angeschlossener PAL- oder HD-Monitor sein.
Die Qualität der Ausgabe lässt sich in Version 7 in vier Stufen einstellen — darin stehen jeweils drei feste und eine automatische Auflösung bereit.
Die Anzahl der gleichzeitig abspielbaren Videospuren ist nur durch die zur Verfügung stehende Rechnerleistung beschränkt.
Wie bisher kann auch bei Vegas 7 jedem Track einer von 15 Composite-Modi zugewiesen werden. Somit können in Vegas zumindest einfache Compositings bewerkstelligt werden. Effekt-Filter lassen sich sowohl fürs Bild als auch für den Ton entweder auf einen einzelnen Clip, einen Track oder in den Ausgang legen.
Nach wie vor außergewöhnlich umfangreich und besser ausgestattet als bei den meisten anderen Schnitt-Softwares, ist der Tonteil von Vegas.
Neu sind dabei: 5.1 Audio, die Möglichkeit zu Punch-In-Aufnahmen, die hohe Auflösung von bis zu 192 kHz bei 24-Bit-Quantisierung, sowie viele gute Filter wie Kompressor, Timestretch, Noise Gate und mehr.
Außerdem kann in Version 7 SDI mit Multichannel-Audio eingespielt werden, Broadcast-Waves-, Track-Lautstärke- und Pan-Infos aus AAF-Dateien werden verarbeitet und es können Atrac-3-Dateien im- und exportiert werden.
Die Ausgabemöglichkeiten in verschiedene Video- und Audio-Formate waren schon in früheren Versionen sehr vielfältig. Dank der meist in ihren Parametern einstellbaren Codecs, kann in der Regel auf ein zusätzliches Konvertierungsprogramm verzichtet werden.
Vegas 7 kann MPEG-2-Streams zu Erstellung von DVDs ausgeben, die sich direkt mit dem im Bundle befindlichen DVD Architect in der Version 4 verarbeiten lassen. Dabei wird auch an jedem auf der Timeline gesetzten Marker ein I-Frame erzeugt. Das erlaubt es beim Authoring exakte Kapitel-Sprungmarken zu setzen.
Zu den weiteren Neuerungen des professionellen DVD-Authoring-Programms zählen grafische Untertitel, die Möglichkeit, DVDs von zuvor gemasterten Projekten zu brennen, Dual-Layer-Support sowie die Möglichkeit, Skripte auf der DVD einzubinden.
Fazit
Vegas 7 hat die Video-Workflow-Probleme früherer Versionen auch dank starker Konfigurierbarkeit der Oberfläche weitgehend hinter sich gelassen. Der Audioteil ist im Preissegment dieser Software nach wie vor unübertroffen.
Vegas und DVD Architect sind keine High-End-Produkte, aber für das von Sony durch die implementierte XDCAM- und HDV-Unterstützung offensichtlich angepeilte Marktsegment bietet das Paket umfangreiche Möglichkeiten bei guter Qualität. Kleinere Broadcaster und freie Produzenten, die Videos in verschiedenen technischen Formaten herstellen wollen, sind bei Vegas 7 durchaus gut aufgehoben.
Mit im Bundle sind das gute, aber in seinen Parametern leider nicht veränderbare Effektpaket »Magic Bullet Movie Look« von Red Giant und das Titelprogramm Graffiti Ltd von Boris.
Dass Sony mit Vegas 7 mehr NLE-Marktpräsenz erreichen will, wird durch die Tatsache untermauert, dass Sony einigen seiner HDV-Camcorder die Schnitt-Software kostenlos beilegt.
Wer das Paket Vegas 7 + DVD ohne Camcorder haben will, muss dafür 600 Euro bezahlen (inklusive Mehrwertsteuer). Wer sich nicht ganz sicher ist, kann die komplette Software 30 Tage lang kostenlos testen.
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