Kamera, Test, Top-Story: 03.11.2005

Kunststück: HDV-Camcorder von JVC

JVC will mit dem HDV-Camcorder GY-HD100 ein Kunststück schaffen: Top-Bildqualität und Profi-Features zu vergleichsweise günstigen Preisen. (PDF-Download am Ende des Artikels.)

Für JVCs neuen HDV-Camcorder gibt es angeblich schon massenhaft Vorbestellungen: Tatsächlich waren die JVC-Stände auf Messen, Roadshows und Ausstellungen seit der ersten Vorstellung des GY-HD100 meistens sehr gut besucht, und das Interesse an diesem Camcorder war schon von Anfang an extrem hoch. Hohe Aufmerksamkeit brachte das Konzept eines 3-Chip-HDV-Schultercamcorders mit Wechselobjektiv dem Hersteller also schon im Vorfeld ein. Kann der Camcorder nun, wo er ausgeliefert wird, die hohen Erwartungen befriedigen? Ist der HD100 der »FX1/Z1-Killer«, als den ihn manche sehen? Kann er Sonys überaus erfolgreiches HDV-Camcorder-Duo auf die Plätze verweisen?
Um es gleich vorauszuschicken: Der HD100 ist in praktisch allen Aspekten ein Riesenfortschritt gegenüber JVCs erstem Profi-HDV-Camcorder, dem JY-HD10 (siehe Test) — und das liegt keineswegs nur daran, dass der Neue ein Dreichip-Camcorder ist, während sein Vorläufer, der erste HDV-Camcorder überhaupt, nur einen Bildsensor hatte. Insgesamt überflügelt der HD100 aber seinen derzeitigen Hauptkonkurrenten HVR-Z1 von Sony aus Sicht der Tester nicht. Er bietet jedoch in einigen Aspekten vorteilhafte Features, die Sonys HDV-Camcorder nicht aufweisen — und die können eben im jeweiligen Einzelfall entscheidend sein.
Anders als Sony setzt JVC bei HDV nicht auf 1.080 Zeilen und 50 Halbbilder, sondern auf 720 Zeilen und 25 Vollbilder. Nun gibt es immer noch Leute, die glauben, dass mehr Zeilen ganz automatisch auch eine höhere Bildqualität bewirken müssten. All denen ist ein Blick auf den HD100 von JVC besonders zu empfehlen, denn der beweist das Gegenteil: Die Bildqualität ist beeindruckend gut, übertrifft in einigen Aspekten durchaus, was man von FX1/Z1 (siehe Test) kennt, auch wenn der JVC-Camcorder in anderen Punkten den Kürzeren zieht und in der Gesamtwertung nicht vorne liegt. In keinem Fall ist es aber so, dass Welten zwischen der mit den Geräten erreichbaren Bildqualität lägen (mehr dazu im Abschnitt Bildqualität).

Anderes Konzept
JVC hat den GY-HD100 als kompakten Schultercamcorder für Semiprofis und Profis konzipiert. Denen ist laut Marktforschung besonders wichtig, dass man das Objektiv wechseln kann. Ob sie das dann auch wirklich tun, ist eine andere Frage: Viele Käufer von Canon-XL-Camcordern etwa nennen das Wechselobjektiv als wichtiges Kaufargument, besitzen aber nur das mitgelieferte Standardobjektiv und haben auch noch nie andere Objektive genutzt — aber sie könnten eben, wenn sie wollten. Es soll aber an dieser Stelle auch nicht verschwiegen werden, dass die Kombination aus Canons XL-2 und dem Mini35-Adapter von P+S so etwas wie die Standardausrüstung für Independent-Filmer geworden ist. Diese Nutzergruppe stellt zwar an der Gesamtzahl der Canon-Camcorder-Besitzer sicher einen kleinen Prozentsatz dar, zieht aber einen hohen Aufmerksamkeitswert auf sich.
Nun greift JVC beim HD100 also das Wechselobjektiv-Konzept auf, und P+S hat auch schon eine passende Version seines Filmlook-Adapters entwickelt, der es erlaubt, 35-mm-Filmobjektive zu verwenden.
Adapter werden beim Thema Objektive insgesamt für den HD100 ganz zweifellos eine große Rolle spielen: Der Camcorder arbeitet nämlich mit 1/3-Zoll-CCDs als Bildsensoren und es gibt zumindest nach dem Informationsstand der Redaktion bislang nur ein einziges HD-Objektiv, das für diese Chip- und Bajonettgröße passt, nämlich das Fujinon Th16x5.5BRMU. Wer ein anderes als dieses HD-Objektiv nutzen will, muss also derzeit zwangsläufig auf einen Adapter zurückgreifen.

Ergonomie, Handling, Design
Mit dem längs verstellbaren Schulterpolster und dem seitlich justierbaren Sucher kann der Camcorder recht gut an die körperlichen Voraussetzungen des jeweiligen Nutzers angepasst werden. Einzig der separat montierbare Monitorlautsprecher, der wie eine einzelne Kopfhörer-Ohrmuschel konzipiert ist, wollte im Test nicht so richtig an die Ohren einiger Testpersonen passen. Schade für die, deren Ohren an Stellen sitzen, die von den JVC-Ingenieuren nicht eingeplant wurden, denn dieses Mithörkonzept ist eigentlich ganz clever und praxisnah: Man kann den Ton, der aufs Band kommt, gut mithören, ohne einen Kopfhörer tragen zu müssen und an ein Kabel gefesselt zu sein. Und – bei sachgemäßem Einsatz – ohne Rückkopplungen befürchten zu müssen.
Auf dem Stativ macht der GY-HD100 eine gute Figur: die auswechselbare Bodenplatte ist massiv genug ausgeführt, um den Camcorder stabil auf einem Stativkopf zu fixieren. Zusätzliche Gewinde in der Bodenplatte schaffen die Möglichkeit, Objektivzubehör wie etwa Trägersysteme für Filter und Kompendien oder gänzlich andere Bodenplatten zu montieren. Das ist ein Novum in dieser Camcorderklasse und illustriert die Zielrichtung, die JVC diesem Camcorder gibt.
Am vorderen Ende der Bodenplatte lässt sich eine kleine Stütze ausziehen, deren Sinn sich nicht sofort erschließt: Ausgezogen verhindert sie, dass der etwas frontlastige Camcorder nach vorne kippt, wenn er auf einer ebenen Fläche abgestellt wird.
Das bewährte Henkelmann-Design der gehobenen Kompaktcamcorder aller Hersteller hat auch JVC beim HD100 weitgehend beibehalten: eine sinnvolle Entscheidung. Den mittlerweile zum Standard gewordenen Ausklappschirm gibt es ebenfalls.
Ergonomisch und haptisch ist der HD100 recht gut gelungen, er ist wertig ausgeführt, die Bedienelemente, Scharniere und Klappen sind für die Preisklasse des Geräts vorbildlich. Lediglich die Gummikäppchen, die einige Anschlüsse bei Nichtbenutzung schützen und abdecken, dürften in der Praxis wohl in vielen Fällen rasch im Orkus verschwinden. Streiten lässt sich auch über die Sinnhaftigkeit der Position und Gruppierung einzelner Schalter und Tasten: bei kompakten Camcordern ist das eben immer ein konstruktiv schwierig zu lösendes Thema.

Wechselobjektiv
Wie schon angesprochen, gibt es derzeit keine große Auswahl an direkt mit dem GY-HD100 verwendbaren Objektiven: das müssen HD-Linsensysteme sein, die auf 1/3-Zoll-Bildsensoren abgestimmt sind.
Das Standardobjektiv für den HD100 ist also bis auf weiteres das vom Optikspezialisten Fujinon speziell für diesen Camcorder konzipierte Th16x5.5 BRMU, ein 16fach Zoom mit 5,5 mm Anfangsbrennweite. Mit diesem Objektiv liefert JVC den Camcorder GY-HD100 aus.
Das Objektiv deckt den Brennweitenbereich von 5,5 bis 88 mm ab, bei einer maximalen Lichtstärke von 1:1,4 (am weitwinkligen Ende). Die Blende lässt sich mit dem Objektiv wahlweise automatisch oder manuell regeln, ebenso auch der Zoomfaktor. Für Nahaufnahmen steht ein Makrofokusring zur Verfügung, der extreme Nahaufnahmen erlaubt.
Das Objektiv macht beim ersten Kontakt durchaus einen guten Eindruck, ist mechanisch wertig ausgeführt und erinnert stärker an Profi-ENG-Objektive als an die übliche Consumer-Ware.
Allerdings merkt man dem Objektiv beim genaueren Hinsehen den Sparzwang an, unter dem es konstruiert werden musste, damit es ins Preisgefüge des Camcorders passt: Es bietet keine Innenfokussierung, die Frontlinse dreht sich also beim Scharfstellen. Beim Fokussieren — was ausschließlich manuell geht, weil ein Autofokus fehlt -— verändert sich die Bildgröße deutlich: bei anderen modernen, hochwertigen ENG-Linsen ist dieser Effekt hingegen völlig eliminiert oder zumindest sehr weit minimiert. Das Objektiv ist also ganz zweifellos kompromissbehaftet und das zeigt sich auch in der Abbildungsleistung.
In bestimmten Situationen treten nämlich bei dem Objektiv Abbildungsfehler auf, die der Fachmann als chromatische Aberration bezeichnet, sichtbar als cyan- oder magenta-farbene Farbsäume an Objektkanten im Bildmotiv. Schon kurz nachdem JVC die ersten Camcorder des Modells HD100 ausgeliefert hatte, diskutierten erste Kunden in den einschlägigen Internet-Foren dieses Problem. Prinzipiell lassen sich die auf der unterschiedlich starken Brechung verschiedener Lichtwellenlängen beruhenden Abbildungsfehler bei der Objektivherstellung korrigieren. Im Preissegment dieses Objektivs sah Fujinon allerdings offenbar wenig Spielraum, hier aktiv zu werden und die von anderen Objektiven dieses Herstellers gewohnte Qualität zu liefern.
Wie wirkt sich das Problem für den Filmer aus, der mit dem GY-HD100 arbeitet? In den meisten Fällen wird es wohl so sein, dass der Videofilmer von diesem Abbildungsfehler gar nicht behelligt wird, so war es nämlich auch beim Großteil der Aufnahmen, die im Rahmen dieses Tests entstanden. Bei dem Testmuster, das film-tv-video.de zur Verfügung stand, ließ sich der Effekt in erster Linie dann provozieren, wenn die Bildschärfe nicht korrekt eingestellt war und auf harte, kontrastreiche horizontale Kanten eingezoomt wurde. Lag die Schärfe exakt auf der Kante, waren die Farbsäume nicht zu sehen oder bewegten sich in einem schmalen, akzeptablen Bereich. Aber: Das Problem ist vorhanden, das soll nicht bestritten werden.

Bildqualität
JVC konnte die Bildqualität im Vergleich zum ersten HDV-Camcorder JY-HD10 deutlich verbessern: bewegte Objekte werden schärfer und natürlicher abgebildet, der Camcorder ist wesentlich unempfindlicher gegen die durch Punktlichtquellen im Bild ausgelösten Smear-Störungen (hier muss er auch den Vergleich zu anderen hochwertigen Camcordern seiner Preisklasse nicht scheuen). Der neue HDV-Camcorder ist auch wesentlich stabiler, wertiger und besser durchdacht konstruiert.
Vor allem haben es die Entwickler den Kunden auch etwas einfacher gemacht, die einzelnen Aufzeichnungsmodi zu durchschauen und einzustellen: Statt im Einstell-Menü zahllose Zeilenzahlen, Bildraten und Formate aufzuführen, nennt JVC im Menü schlicht HDV und DV — mit jeweils unterschiedlichen Frame-Raten. Auch die möglichen Ausgabeformate sind wesentlich übersichtlicher gelistet und klarer anwählbar.
Wer in Europa lebt und mit dem HD100 in HDV aufzeichnet, wird sich in den meisten Fällen für HDV-HD25P entscheiden, denn das ist die höchste Bildqualität, die der Camcorder für die 50 Hz-Welt bietet. HDV-HD25P steht bei JVC für die HDV-Aufzeichnung mit 720 Zeilen und 25 progressiven (Voll-)Bil-dern. Die ebenfalls möglichen 30 progressiven Bilder sind primär für den US- und den japanischen Markt interessant.
Die wichtigste Erkenntnis des Bildtests: Die Bilder des GY-HD100 können es durchaus mit denen des Z1 von Sony aufnehmen. Sie sind ausgesprochen detailreich und können selbst schwierige Motive überzeugend bewältigen. Die im Herbstwind bewegten Blätter eines Baumes — ein Alptraum für jedes Kompresssionsverfahren — etwa waren deutlich zu erkennen und schön durchgezeichnet. Auch die recht realistische, vielleicht einen Tick zu nüchtern-entsättigte Farbwiedergabe überzeugt, auch wenn die Blende im Automatikmodus bisweilen etwas zu helle Bilder liefert. Farbsättigung und Blendenautomatik können ohnehin an die individuellen Vorstellungen angepasst werden.
Um den Schärfeeindruck von HDV optisch noch weiter zu steigern, wählten die Ingenieure von JVC in der Grundeinstellung eine für den Geschmack der Tester etwas zu starke Kantenaufsteilung. Die lässt sich aber im »Detail«-Menü so korrigieren, dass die Bilder natürlicher wirken.
Sehr gut: Motive mit viel Bewegung konnte der HD100 deutlich besser auflösen als sein Vorgänger HD10. Die Bewegung eines vorbeifahrenden Busses wirkte trotz 25 Vollbildern nicht stroposkopartig zerhackt, sondern vergleichsweise flüssig. Auch die Schärfe des bewegten Objekts war akzeptabel. Hier kommen auch Geschmacksfragen ins Spiel, denn die Frage ob 24 oder 25 Vollbilder als »natürlicher«, »filmischer« oder »realistischer« empfunden werden, lässt sich nur individuell beantworten. Dennoch ist klar, dass mit dieser Bildrate kein vollkommen flüssiger Bildeindruck entstehen kann, das liegt in der Natur der Sache: Ob man das besser oder schlechter findet, ist ein andere Frage. Schnelle Schwenks sind für diese Art der Aufzeichnung jedenfalls nicht zu empfehlen. Akzeptiert man die Rahmenbedingungen der progressiven Aufzeichnung mit 25 Bildern mit ihren Vor- und Nachteilen als gegeben, dann liefert der JVC-Camcorder innerhalb dieser Vorgaben sehr gute Ergebnisse.
JVC bietet im Menü zusätzlich auch die Möglichkeit, die Funktion »Motion Smooth« einzustellen. Die soll helfen, Bewegungen noch flüssiger darzustellen. Die Tester konnten allerdings beim Zuschalten dieser Funktion keinen sicht- und benennbaren Effekt feststellen, was allerdings bei anderen Sichtungsverhältnissen eventuell auch schon wieder anders aussehen kann: Schließlich hat auch der verwendete LCD-Monitor einen Einfluss auf die Darstellung.
Interessant: Der Camcorder kann das 720P-HDV-Material auch auf 1080i hochkonvertiert ausgeben und in diesem Modus sah das Material auf dem HD-Schirm im Test besonders bei schnellen Bewegungen im Bild noch einen Tick besser aus als im nativen 720p-Modus. Gibt man 720p-HDV-Aufnahmen downkonvertiert aus, so dass man sie auf einem normalen PAL-Display betrachten kann, dann sieht die Bildqualität bei ruhigen Bildmotiven so aus, wie von einem guten DV-Camcorder – nicht besser, aber auch nicht schlechter. Wenn allerdings viel Bewegung im Bild vorkommt, dann stürzt die Bildqualität des heruntergerechneten Signals ab: Senkrechte Kanten sehen aus wie Kämme, weil aus einem progressiven 25p- ein Interlace-50i-Signal erzeugt wird, und die Kompressionsartefakte, die bei HDV unvermeidlich sind, werden auch im SD-Signal deutlich sichtbar, ebenso wie ein massiver Schärfeverlust bei den bewegten Objekten. »Filmlook« hin oder her: Das sieht nicht gut aus.
Eine interessante weitere Aufzeichnungsart des HD100 ist der Modus »HDV-SD50P«. Dabei zeichnet der Camcorder ein Signal mit 576 Zeilen und 50 Vollbildern auf — was von der Zeilenzahl her gewissermaßen als »DV« durchgeht, aber eben mit 50 Voll- statt mit 50 Halbbildern. Die Bildqualität in diesem Modus liegt jedoch deutlich hinter der vollen HDV-Auflösung des Camcorders und sieht aus Sicht der Tester auch auf dem verwendeten progressiven Display nicht wesentlich besser aus, als »normale« DV-Aufnahmen.
Im ganz normalen DV-Modus kann der HD100 ebenfalls betrieben werden. In dieser Betriebsart fiel im Vergleich zu anderen DV-Aufnahmen besonders ins Auge, dass die Bilder des HD100 sehr ruhig und rauscharm sind. Wo andere DV-Camcorder in dunklen Bildbereichen und an Kanten schon ein in der Realität nicht vorhandenes Eigenleben der Bildpunkte darstellen, wo es heimlich rauscht im Pixelwald, blieb der HD100 ruhig und klar in der Abbildung. In diesem Aspekt ist der HD100 auch als DV-Camcorder ganz weit vorne. Er ist auch relativ lichtstark, kann sich in dieser Disziplin aber nicht mit Spitzenreitern unter den DV-Camcordern messen. Eine insgesamt gute Durchzeichnung in allen Helligkeitsbereichen und ein gefälliger Umgang auch mit kontrastschwachen Motiven charakterisiert den HD100 in der DV-Betriebsart. Interessant: Im DV-Modus produzierte der Camcorder in der Grundeinstellung kräftigere Farben als in der HDV-Betriebsart. Den DSR-PDX10 (siehe Test), einen guten DV-Camcorder, der bei www.film-tv-video.de als Bezugspunkt unter den DV-Camcordern dient, schlägt der HD100 von JVC, wenn man ihn als DV-Camcorder betreibt, in puncto Bildqualität in vielen Punkten.
Führt man mit dem GY-HD100 eigene oder fremde DV-Aufnahmen vor, dann bietet sich dafür der IEEE-1394-DV-Ausgang an. Aber wer hat schon ein Display mit einem solchen Eingang? Bleibt also die Ausgabe eines FBAS-Signals, denn eine Y/C-Buchse fehlt dem Camcorder. Wer aber einen Bildschirm oder Projektor mit analogem Komponenteneingang hat, dem eröffnet sich eine weitere Möglichkeit: der HD100 kann beim Abspielen von DV-Aufnahmen ein analoges Komponentensignal ausgeben, das auf einem entsprechenden Monitor wirklich sehr gut aussieht. Auch Aufnahmen, die mit anderen Geräten gemacht wurden, gewinnen über diesen Betrachtungsweg noch einmal an Vorführqualität.

Praxisbetrieb, Ausstattungsbesonderheiten
JVC liefert den Camcorder mit einem kleinen Akku aus und gibt dafür eine Betriebsdauer von ungefähr einer Stunde an. Im Test kam jedoch der dickere Akku mit einer Kapazität von 2.800 mAh zum Einsatz, im normalen Aufnahme-Mischbetrieb erreichten die Tester aber selbst mit diesem Akku im Mittel nur eine Betriebsdauer von einer guten Stunde. Der Camcorder zieht also recht viel Leistung und es empfiehlt sich, gleich mehrere der großen Akkus zu ordern oder auf eines der schon verfügbaren Profi-Akkusysteme umzurüsten (Weitere Infos dazu im downloadbaren PDF). Immerhin legt JVC ein Doppelladegerät bei.
Der HD100 ist insgesamt gut ausgestattet, in einigen Aspekten hat JVC jedoch auf die Devise »weniger ist mehr« gesetzt, was sich aber durchaus positiv auswirkt. So steigert der Verzicht darauf, ein für Semiprofis und Profis bestimmtes Gerät mit Firlefanz-Funktionen zu überfrachten, das Wohlbefinden beim Arbeiten mit diesem Camcorder.
Die Zurückhaltung bei den Anschlüssen wird bei eher consumer-orientierten Anwendern nicht auf Gegenliebe stoßen, den Profi aber kaum stören: Beim Modell HD100 ist die IEEE-1394-Buchse nur als Ausgang beschaltet, nur das teurere Modell HD101 bietet hier auch einen Eingang. Ansonsten gibt es nur einen analogen Komponentenausgang (Cinch-Buchsen) an dem auf Wunsch auch ein Composite-Signal zur Verfügung steht. Zwei Kopfhörer-Miniklinken-Anschlüsse und eine Line-Out-Audiobuchse gibt es noch, sowie zwei XLR-Eingänge — das war’s.
Der Camcorder bietet über das Einstellmenü viele Möglichkeiten in die Signalverarbeitung einzugreifen: Knie, Gamma, Blendenarbeitspunkt, Farbsättigung, Weißwerte, Black-Stretch, -Compress sowie einiges weitere lassen sich hier beeinflussen. Beim HD100 kann etwa das Master Black (Schwarzwert) in mehreren Stufen angehoben oder auch reduziert werdenen, was nützlich ist, wenn man Bilder mit kräftigem oder eben reduziertem Schwarz wünscht. Die Knie-Funktion lässt sich auch manuell einstellen, so dass bei Motiven mit ungleich verteiltem Bildkontrast der Kontrastumfang des Camcorders optimal ausgenutzt werden kann (der Kniepunkt kann in Fünferschritten zwischen 80 und 100 % verschoben werden.
Der Shutter kann auch auf fein abgestuften Variable Scan-Betrieb eingestellt werden (1/24 bis1/1.982,8), um etwa Computerbildschirme störstreifenfrei abfilmen zu können — ein sinnvolles Feature, das Sony seinen HDV-Camcordern nicht spendiert hat.
Hilfreich ist Focus-Assist, eine Scharfstellhilfe, die den Sucher auf Schwarzweiß-Darstellung umstellt und die Kanten der jeweils scharf abgebildeten Objekte mit einer blauen Linie aufsteilt und markiert. Damit kann man auch mit dem Sucher und dem 3,5-Zoll-Ausklappdisplay (beides Farb-LC-Displays in 16:9) einigermaßen passabel scharfstellen. Eine gewisse Restunsicherheit beim manuellen Scharfstellen kann aber auch Focus Assist nicht ausräumen. Sucher und Ausklappschirm können immer nur alternativ genutzt werden, beides gleichzeitig einzuschalten ist nicht möglich.
Wie von Profisuchern bekannt, verfügt auch der HD100 — zusätzlich zu Focus Assist — über einen Peaking-Regler, mit dem sich die Kanten im Sucherbild (und nur dort) aufsteilen lassen. Die Helligkeit von Sucher und Display lässt sich getrennt und zwar jeweils direkt mit einem Regler (Sucher) oder Tasten (Ausklappdisplay) einstellen.
»Header-Rec« ist eine nette Vereinfachungsfunktion: Stopp- und Record-Taste gleichzeitig drücken, dann spult der Camcorder das eingelegte Band zurück und zeichnet am Bandanfang einen technischen Vorspann auf (Farbbalken gefolgt von Schwarzsignal), und zwar so lange, wie man das im Menü eingestellt hat (Standard: je 30 Sekunden). Auch einen Testton kann der Camcorder generieren, den gibt er dann auf Wunsch parallel zum Farbbalken aus.
Beim Thema Timecode bietet der Camcorder die in seiner Bauform und Geräteklasse übliche Funktionalität: Free Run, Record und Regenerate stehen zur Auswahl.
Die Funktion »Smooth Transition« sorgt beim Zuschalten von Gain (Verstärkung) oder beim Umschalten auf einen anderen Weißabgleichswert für einen sanften Übergang, so dass der Wechsel dem Be-trachter nicht so stark auffällt. Damit lassen sich im dokumentarischen und News-Bereich Wechsel von draußen nach drinnen — oder umgekehrt — schon bei der Aufnahme schöner gestalten.
Der GY-HD100 ist mit einem Lüfter ausgestattet, der seinen Dienst aber so leise verrichtet, dass er neben den Geräuschen der Blendenautomatik und den ebenfalls recht leisen Laufwerkgeräuschen nicht störend ans Gehör oder ins Mikro dringt.
Verzichtet hat JVC beim GY-HD100 auf die Lolux-Funktion, die viele Profi-Camcorder dieses Herstellers aufweisen: eine Funktion, die Aufnahmen mit reduzierter Auflösung auch noch bei extremer Dunkelheit erlaubt. Es wäre in der tat etwas widersinnig gewesen, einen HD-Camcorder damit auszustatten. Dennoch muss sich der HD100 in puncto Lichtstärke nicht verstecken und schafft auch bei wenig Licht noch akzeptable Bilder. Beeindruckend und mittlerweile bei JVC zu einer echten Stärke gereift, ist die Verstärkerschaltung. Hebt man das Signal um +9 dB an, muss man schon sehr genau hinsehen, um überhaupt verstärktes Rauschen zu sehen: imposant. Auch bei der maximalen Verstärkung um +18 dB ist das Ergebnis noch mehr als nur akzeptabel — auch wenn diese Stufe natürlich nicht mehr ohne sichtbare Rauschanteile im Bild bleibt.
Der GY-HD100 kann, wie schon ausgeführt, mit unterschiedlichen Zeilenzahlen und Bildraten arbeiten. Es empfiehlt sich aber, pro Band jeweils immer im gleichen Format zu bleiben, sonst stößt man beim Betrachten der Aufnahmen auf Probleme: Wenn der Camcorder auf ein anderes Format umschalten muss, dauert es einige Sekunden, bis wieder Bilder ausgegeben werden und alles wieder stabil läuft. Hat man ein Multiformat-Display angeschlossen, braucht auch dieses bei jedem Formatwechsel einige Zeit, bis es sich wieder synchronisiert hat. Wechselt man von 25/50 Hz auf 24/30/60 Hz, was der Camcorder ebenfalls beherrscht, dann ist sogar ein Neustart des Geräts, also einmal Aus- und wieder Einschalten nötig — und zwar sowohl bei der Aufnahme, wie bei der Wiedergabe. Wer also auf dem gleichen Band verschiedene Formate einsetzt, der tut sich selbst keinen Gefallen und schafft sich auch keine Freunde, wenn er das Band zur Vorführung oder Bearbeitung weitergibt. Da sich mittlerweile auf einer DV-Kassette auch ganz unterschiedlich kodiertes Material befinden kann, ist es sehr empfehlenswert, die Kassetten mit allen nötigen Infos zu beschriften: Format, Zeilenzahl, Bildrate.

Bildfunktionen
Panasonics AG-DVX100 löste mit Funktionen wie 24P-Aufzeichnung und Cine-Programmen einen Trend aus: Fast jeder neue DV- oder HDV-Camcorder, der sich auch an die Profis richtet, bietet mittlerweile solche Funktionen. JVCs HD100 ist dabei keine Ausnahme — auch er ist üppig damit bestückt. So ist es in einem der Einstellmenüs möglich, Gamma und Farbmatrix — die sich auch separat justieren lassen — mit einem einzigen Tastendruck zu verändern: Dazu muss der Filmer lediglich das Aufzeichnungs-Programm Cinelike auswählen.
Cinelike sorgt dafür, dass das Bild in erster Linie dunkler und schummriger wirkt — die Entwickler der großen Hersteller scheinen das offenbar für einen filmähnlichen Look zu halten. Wer das nicht so sieht, kann stattdessen Farbmatrix und Gamma auch individuell und stufenweise anpassen. Es erfordert aber etwas Zeit, Mühe und einige Tests, bis man hier zu den gewünschten Resultaten kommt — und dürfte wirklich nur für Independent-Filmer interessant sein, die den HD100 beispielsweise mit einer Filmoptik einsetzen und damit auch einen Spiel- oder Kurzfilm drehen möchten, der möglichst nahe an den Filmlook herankommen oder der am Ende sogar auf Film belichtet werden soll.
Im Camcorder selbst lassen sich zwei individuell eingestellte Aufzeichnungs-Programme speichern, auf eine SD-Speicherkarte (16 MB, mitgeliefert) passen vier weitere Programme. Das Prozedere beim Einstellen und Speichern der Programme ist jedoch nicht besonders komfortabel, hier wünschte man sich eine etwas eingängigere Menüstruktur. Schön wäre es auch, wenn man die unterschiedlichen Files direkt mit einer Taste aufrufen könnte. Panasonic hat das beim DV-Camcorder DVX100A (siehe Test) so gelöst, diese Möglichkeit vermissten die Tester beim HD100.
Skin Detail ist eine Funktion, über die sich besonders die Videofilmer freuen, die sich auf Motive mit viel nackter Haut spezialisiert haben: Die Skin-Detail-Funktion sorgt dafür, dass die Kantenaufsteilung im Hauttonbereich nicht aktiv ist, man kann sogar Hauttöne softer und »glatter« darstellen. Fürs Einstellen muss man allerdings in die Tiefen des Menüs vordringen, was wohl wirklich nur dann interessant sein dürfte, wenn die optimale Aufzeichnung von Haut im Vordergrund einer Produktion steht.
Positiv sind drei User-Tasten, die JVC dem Camcorder spendiert hat. Sie ermöglichen es, Funktionen, die normalerweise im Menü versteckt sind, direkt auf diese Tasten zu legen. Die Auswahl der verfügbaren Funktionen beschränkt sich auf Black Stretch und Compress in verschiedenen Stufen, Farbbalken, Blenden-Arbeitspunkt sowie Weißabgleich.
Eine sinnvolle Ergänzung der Funktionen, die das Bild betreffen, ist »Full-Auto«. Mittlerweile bieten viele professionelle Geräte solche Automatikfunktionen, haben sie doch den unschätzbaren Vorteil, dass man damit auch auf die Schnelle in den meisten Situationen brauchbare Bilder einfangen kann. Aber der Begriff »Full-Auto« kann eben vielerlei bedeuten, und beim HD100 lernten die Tester eine neue Variante kennen: Während die meisten Geräte im Automatikmodus standardmäßig alles vollautomatisch regeln (Farbbalance, Blende, Shutter, Verstärkung, Fokus) und man bei komfortableren Geräten einige Funktionen separat davon ausnehmen kann, stellt die JVC-Automatik generell lediglich Blende und Weißabgleich selbstständig ein. Ist also im Camcorder noch eine veränderte Farbmatrix oder Gammakurve eingestellt, bleibt diese auch im Automatik-Modus aktiv. Das kann durchaus etwas verwirrend sein, wenn man sich im vollautomatischen Modus wähnt, aber doch teilweise noch individuelle Voreinstellungen gelten.

Fazit
Der HD100 ist der Camcorder, auf den viele unabhängige Filmemacher mit größeren Ambitionen gewartet haben. Die Möglichkeit, via Adapter Filmobjektive (aber auch andere ENG-Zooms oder Fotobjektive) anzuflanschen, ermöglicht zum vergleichsweise geringen Einstiegspreis eine für diese Preisklasse doch sehr hochwertige Bildqualität. Einige Spezialfunktionen bietet JVCs HD100 derzeit als einziges HDV-Gerät auf dem Markt, wer etwa in HDV drehen will und unbedingt Variable Scan braucht, der braucht auch den HD100.
Für alle Anderen ist Sonys Z1 eine Alternative, und in einigen Aspekten auch ganz klar die bessere (siehe Vergleichstest FX1/Z1). Speziell für den eher dokumentarisch arbeitenden Allrounder, der sich nicht so sehr mit den Feinheiten der technischen Bildparameter befassen möchte, dürfte der Z1 der geeignetere HDV-Camcorder sein. JVCs HD100 kann dagegen seine Besonderheiten unter anderem besser in szenischen Produktionen ausspielen.

Weitere Informationen
Wenn Sie auf den unten stehenden PDF-Link klicken, können Sie eine umfangreichere PDF-Version des Beitrags herunterladen (12 Din-A-Seiten, 1,2 MB). Die enthält im Vergleich zur Online-Version zusätzlichen Text, unter anderem diverse Technikkästen sowie zusätzliche Infos über verfügbares Zubehör.

Downloads zum Artikel:

T_1005_B_JVC_HD100.pdf

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