HDV in der Kiste
Sony vergrößert die HDV-Produktfamilie mit dem kompakten Recorder HVR-M10E. Was hat der Kleine auf dem Kasten? (Um die PDF-Version mit weiteren Infos und Bildern zu laden, klicken Sie bitte auf die Dateibezeichnung am Seitenende.)
Der HVR-M10 von Sony ist ein Recorder mit halber Rackbreite, konzipiert als Kompagnon der Sony-HDV-Camcorder Z1 und FX1 (einen Vergleichstest dieser Camcorder finden Sie hier). Auf den ersten Blick sticht das farbige LC-Display auf der Klappe des HDV-Recorders ins Auge. Sony hatte erstmals bei den DVCAM-Recordern DSR-25 und DSR-45 (Tests dieser Geräte finden Sie hier) ein Display dieser Art eingebaut. Und wie damals überzeugt auch das 16:9-Display des M10: Es bietet eine bestechende Schärfe, knackige Farben und hohe Kontraste. Gerade bei Einsätzen am Drehort dürfte das Display äußerst hilfreich sein, und auch wer im (kleinen) Studio oder im Präsentationsbereich damit arbeitet, profitiert davon. Anleihen bei älteren Recordern gibt es auch beim Design: Wie der DVCAM-Bestseller DSR-11 (Test hier) lässt sich auch der M10 liegend oder stehend betreiben – den notwendigen Halter für den Hochkant-Einsatz liefert Sony mit.
Damit reiht sich der HVR-M10 äußerlich in die Tradition der Kompaktrecorder von Sony ein und führt diese Baureihe weiter ins HD-Zeitalter. Beschäftigt man sich aber etwas genauer mit dem HDV-Recorder, bemerkt man schnell, dass der Neue nur äußerlich Anleihen bei seinen DV/DVCAM-Vorgängern nimmt: Im Inneren steckt die Technik des ersten HDV-Camcorder-Modells von Sony. Die Ähnlichkeiten sind so frappant, dass man den HVR-M10 fast schon als Camcorder ohne Objektiv betrachten könnte: Menüführung, Netzteil, Anschlüsse und Laufwerk erinnern massiv an die beiden ersten HDV-Camcorder-Modelle. Das hat positive, aber auch negative Aspekte.
In Sachen Mobilität kann der M10 punkten: mit gerade Mal 1,3 kg Gewicht passt der HDV-Recorder selbst dann noch ins Gepäck, wenn eigentlich kaum noch Platz ist. Auch mit Akkus lässt sich der Recorder betreiben, und zwar mit den InfoLithium-Akkus des L-Typs, die auch die Sony-HDV-Camcorder mit Spannung versorgen. Die Eckdaten des mitgelieferten externen Netzteils entsprechen denen vieler moderner Camcorder-Netzteile von Sony, auch die identische Buchse wird verwendet. Da liegt die Vermutung nahe, dass man den Recorder auch mit dem HDV-Camcorder-Netzteil betreiben kann: Das stimmt zumindest für den Consumer-Camcorder HDR-FX1.
Akkus kann der M10 genauso laden, wie das neuere Kompakt-Camcorder von Sony tun: leeren Akku anschließen, Netzgerät einstecken und der Ladevorgang beginnt. Gleichzeitig Laden und den Recorder für Aufnahme oder Wiedergabe benutzen geht aber nicht – hier zeigt sich erneut die Analogie zu den Camcordern.
Aufzeichnen kann der M10 wahlweise ein HDV- ein DVCAM- oder ein DV-Signal – so wie der Camcorder Z1. Diese Signale lassen sich via FireWire, Component-, Composite– oder Y/C-Buchse in unterschiedlichen Varianten ausgeben (in der PDF-version dieses Artikels gibt es einen zusätzlichen Kasten zum Thema Signal-I/Os).
Sehr übersichtlich ist die Frontpartie des M10 gestaltet: Rechts neben dem Display sind große Laufwerktasten platziert, mit denen der Recorder bedient wird. Kleine LEDs zeigen an, in welchem Modus der Recorder arbeitet (PAL oder NTSC), welches Format er gerade abspielt und ob ein Band eingelegt ist.
Die rechte Hälfte der Front lässt sich aufklappen, dahinter sind noch einmal die elementaren Laufwerktasten angeordnet, sowie weitere Regler, Tasten und Schalter. Leider sind einige dieser Bedienelemente kleiner als erforderlich ausgeführt, was die Bedienung unnötig erschwert.
Eine dieser Tasten ist die Menü-Taste, mit der sich die zahlreichen Einstellmenüs auf den Schirm holen lassen. Hier zeigt sich die nächste Parallele zu den HDV-Camcordern: Ziemlich genau entsprechen die Einstellmenüs des M10 denen des Recorderteils beim HDV-Camcorder Z1. Weil die insgesamt recht eingängig strukturiert sind, kann man damit leben, aber eine optimale Lösung stellt das nicht dar, weil man einen Recorder in der Regel eben doch anders nutzt als einen Camcorder.
Ungut werden die Parallelen zu den Camcordern allerdings beim folgenden Aspekt: Sony hat in den Recorder das gleiche Laufwerk integriert, das auch in den derzeit verfügbaren HDV-Camcordern seinen Dienst verrichtet. Das bedeutet, dass der Recorder genauso langsam spult wie der Camcorder. Bei einem 64-Minuten-Band braucht der M10 schier endlose 2,75 Minuten, wenn er das Band vom Anfang ans Ende rangieren soll. Das ist enttäuschend für jeden, der sich den Recorder zulegen möchte, weil er mehr Komfort beim Rangieren des Bandes wünscht.
Ein anderer Effekt, der ganz offenbar der langen Group-of-Pictures-Struktur (GOP) beim HDV-Format geschuldet ist, liegt in den eingeschränkten klassischen Recorderfunktionen im HDV-Betrieb: Will man sich per Einzelbildtaste langsam durch eine Szene tasten, dann war zumindest beim Testgerät nach jeweils sechs Einzelbildern Schluss. Über die analogen Komponentenausgänge gab der Recorder sechs Bilder aus, versagte dann aber den Dienst, und stellte nur noch ein schwarzes Bild dar. Weitere Einzelbilder konnte der Recorder erst dann wieder ausgeben, wenn er sich zwischendurch in Wiedergabe erneut »einlesen« konnte.
Sony selbst gibt in der Bedienungsanleitung an, dass HDV-Einzelbildwiedergabe gar nicht möglich sei. Funktionen wie 1/10, 1/3 und 2fach, die es auf der Fernbedienung des Geräts gibt, funktionieren ebenfalls nur mit DV- oder DVCAM-Material, nicht aber mit HDV-Aufnahmen.
Als Vorführmaschine, zum Mitschneiden und 1:1-Kopieren eignet sich der Recorder. Auch um Material in ein NLE-System zu spielen, taugt der M10. Aber für Bildanalyse und jede Form besonderer Wiedergabefunktion sollte man eher einen PC hinzuziehen, was auch für den Schnitt gilt.
In puncto integrierter Editing-Funktionen herrscht nämlich beim M10 ebenfalls Fehlanzeige: Es gibt keine Möglichkeit, um etwa einzelne Szenen in einer Schnittliste zusammen zu stellen und dann automatisiert auf einen anderen Recorder zu überspielen.
Ein schönes Detail des Recorders ist die dagegen Möglichkeit, ihn wahlweise im PAL- oder NTSC-Betrieb nutzen zu können, ein Feature, das auch der HDV-Camcorder Z1 bietet. Wie der Camcorder kann jedoch auch der Recorder PAL-Signale nicht in NTSC-Signale konvertieren – auch umgekehrt funktioniert das nicht. Der Recorder kann lediglich per Software für reinen NTSC- oder reinen PAL-Betrieb eingestellt werden.
Positiv: Material, das in HDV und in 16:9 aufgenommen wurde, kann der M10 aber in SD konvertieren und im 4:3-Seitenverhältnis ausgeben. Per Edge-Crop-Funktion lässt dabei auch festlegen, dass das Originalbild rechts und links beschnitten und somit ein bildfüllendes 4:3-Signale ohne schwarze Balken wiedergegeben wird.
Fazit
Der M10 ist eine einfache, kompakte Maschine, die sich in puncto Funktionalität allerdings kaum vom Recorder-Part des Profi-HDV-Camcorders Z1 unterscheidet. Daher macht sich der HDV-Recorder in erster Linie für jene Videoprofis bezahlt, die ihren Camcorder nicht beim Schnitt einsetzen wollen oder die einen Präsentationsrecorder benötigen, der sich in Konsolen, Pulte und oder Racks einbauen lässt und alle wesentlichen Anschlüsse auf der Rückseite vereint. Dank Akkubetrieb eignet sich der Recorder aber auch für mobile Einsätze. Trotz gleichem Laufwerk gilt zudem: Wer mit dem M10 statt mit dem Z1 wiedergibt, blockiert in dieser Zeit nicht den Camcorder.
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