Der Netzrecorder
Der DSR-DR1000P von Sony ist ein DVCAM-Diskrecorder. Er lässt sich autonom, also ohne PC oder Zusatz-Equipment nutzen. Die Bedienung in den Grundfunktionen orientiert sich an der von Bandrecordern. Aber der 1000er kann sehr viel mehr als eine Tape-Maschine.
Mit einem Listen-Nettopreis von 7.953 Euro ist der DSR-DR1000 auf den ersten Blick nicht gerade günstig, wenn man ihn im Kontext anderer DVCAM-Produkte von Sony betrachtet. Das relativiert sich aber, sobald man in Betracht zieht, dass der 1000er gleichzeitig aufzeichnen und wiedergeben kann. In der einen oder anderen Applikation ersetzt der DVCAM-Diskrecorder also zwei andere Geräte. Läuft der DR1000 gerade gleichzeitig als Player und Recorder, dann lassen sich beide Funktionsbereiche weitgehend unabhängig voneinander bedienen. Die Einschränkung auf »weitgehend« bedeutet, dass natürlich für die Bedienung die gleichen Tasten und für den Signalaustausch auch die gleichen Buchsen benutzt werden. In der Praxis lässt sich mit dieser Einschränkung aber gut leben und arbeiten.
Aber der Reihe nach: Der DSR-DR1000 ist nach dem DSR-DU1 der zweite Diskrecorder im DVCAM-Format, den Sony anbietet. Im Unterschied zum portablen und miniaturisierten Diskrecorder DU1 (einen Test dieses Geräts finden Sie hier) ist der DR1000 aber aus Sicht der Tester ausschließlich im Studiobetrieb zu gebrauchen. Mit halber 19“-Rackbreite (210 mm) ist er zwar ebenfalls noch einigermaßen kompakt, aber Design, Geräuschpegel, Gewicht und Anschlüsse des Geräts machen klar, dass es am besten in ein Rack eingebaut werden sollte, noch besser in einen belüfteten Geräteschrank mit Glastür.
7,5 kg klingt nicht nach viel, aber im Vergleich zu einem kompakten DV-Bandrecorder ist der DR1000 richtig schwer. Die Baumaße von 210 x 130 x 422 mm sind zwar kleiner als die der meisten Studiorecorder, aber dennoch ergeben sie mehr Volumen, als man üblicherweise problemlos mit auf Reisen nehmen möchte.
Im Studiobetrieb spielt das alles keine Rolle und wenn man den DR1000 absetzt und komplett fernsteuert – was geht – ist auch das vereinte Konzert aus Lüfter und Festplatte kein Thema. In anderen Fällen sollte man eigentlich niemandem wünschen, tageweise vor diesem Gerät sitzen zu müssen: Das Betriebsgeräusch ist laut und enthält auch absolut nervtötende, hochfrequente Anteile. Damit sind die Kritikpunkte jedoch fast schon abgehakt und die Aufzählung der Habenliste des Recorders kann beginnen.
Wer will, kann den DR1000 wie einen ganz normalen Recorder betreiben. Die üblichen Bedientasten sind vorhanden, auch ein Jog/Shuttle-Rad. Es gibt Jog-Audio und verschiedene Wiedergabe-Modi. So kann der DR1000 störungsfrei Bilder mit +/- 200% der normalen Wiedergabegeschwindigkeit abspielen und er lässt sich in dieser Funktion auch von externen Geräten ansteuern. Aber der Reiz eines Diskrecorders liegt ja darin, dass er in vielen Bereichen mehr bieten kann als ein bandbasierter Recorder.
Ein erstes Beispiel für die Vielseitigkeit und -schichtigkeit des DR1000: Der Diskrecorder erlaubt es, wie eingangs schon erwähnt, gleichzeitig auf zu nehmen und wieder zu geben. Parallel lässt sich dann aber auch noch ein externer Player steuern. Das funktionierte im Test sogar via IEEE-1394-Schnittstelle mit einem Consumer-Camcorder. Um bei einem solchen Set-Up Fehlbedienungen zu vermeiden, ist allerdings höchste Konzentration, Nervenstärke und auch etwas Übung erforderlich: all zu leicht stoppt man sonst etwa versehentlich die Aufnahme, obwohl der Stopp-Befehl eigentlich dem externen Player gelten sollte.
Wie lässt sich diese Funktionalität praktisch nutzen? Der DR1000 kann etwa bei einem Live-Ereignis in Aufnahme laufen und einen kompletten Mitschnitt erzeugen (bis zu sechs Stunden DVCAM-Material passen auf die Platte). Gleichzeitig können Highlights markiert und gleich wieder ausgegeben werden, auch in Zeitlupe. Das ist eine typische Anforderung bei Sporteinsätzen. Mit dem DR1000 lässt sich das mit einem einzigen, kompakten Gerät realisieren – und das zu einem absolut konkurrenzfähigen Preis, denn üblicherweise kostet diese Funktionalität deutlich mehr.
Dass der DR1000 fürs Studio oder den Ü-Wagen gedacht ist, zeigt auch seine Rückseite. Dort findet sich neben etlichen – wegen der räumlich begrenzten Rückwand teilweise mehrfach genutzten – üblichen Standard-Buchsen auch ein Netzwerk-Anschluss. Die damit verbundene Funktionalität des Geräts (Stichwort: File Transfer) lässt sich nur in einem vernetzten Studioumfeld oder im Ü-Wagen nutzen.
An Signalen akzeptiert der DR1000 alles Übliche: 1 x SDI-Video- und 2 x AES/EBU-Audiosignale über BNC-Buchsen, DV-Signale via IEEE-1394-Anschluss, wenn man nur die digitalen I/Os betrachtet. Hinzu kommen noch analoge Eingänge. Hier stehen drei BNC-Buchsen zur Verfügung, die zwischen verschiedenen analogen Signalen umschaltbar sind: YUV, Y/C oder FBAS stehen zur Auswahl. Zwei analoge Audiobuchsen in XLR-Ausführung stehen eingangsseitig ebenfalls bereit.
Auf der Ausgangsseite sind die gleichen Signale in entsprechender Buchsenkonfiguration verfügbar, allerdings gibt es zwei SDI-Ausgänge.
Zudem vorhanden: Audio-Monitor (Cinch), Timecode-I/O, Videotakt, Steueranschlüsse (Mini-Klinke und 2 x RS-422/D-Sub9) und auf der Vorderseite des Geräts ein Kopfhörer-Anschluss (Klinke).
Zu den systemimmanenten Top-Features eines Diskrecorders gehört, dass man nonlinear zwischen einzelnen Clips hin und her springen und diese direkt hinter einander in beliebiger Reihenfolge abspielen kann. Das beherrscht natürlich auch der DR1000. Nutzt man diese Funktionen, stellt man fest, dass die zum größten Teil gut gelungene Menüführung auch Schwachpunkte aufweist: Das Erstellen und Bearbeiten von Wiedergabelisten ist mit recht umständlichen Bedienprozeduren verbunden, das hätten die Software-Ingenieure besser lösen können.
Per Ethernet-Buchse lässt sich der DR1000 auch in ein Netzwerk einbinden (100- und 10-Base-T), bevor er den Betrieb aufnehmen kann, müssen IP-Adresse, Teilnetz-Maske und Standard-Gateway eingestellt, sowie ein Netzkonto mit Benutzername und Passwort eingerichtet werden. Ist das geschehen, kann der DR1000 Daten mit anderen Geräten im Netz, besonders mit Computern oder anderen Speichersystemen austauschen. Der DR1000 kann eigene Daten versenden oder fremde empfangen und speichern. Beim Versenden lassen sich ganze Clips oder in Listen gespeicherte Subclips aufrufen und übertragen. Generell läuft der Datentransfer via Ethernet nicht isosynchron ab, sondern asynchron, es werden also letztlich nicht kontinuierliche Video- und Audiosignale übertragen, sondern es findet ein paketweiser File-Transfer statt.
Mit den Clip-Daten, die der DR1000 via Netzwerk übertragen kann, können nur solche Geräte im Netzwerk etwas anfangen, die auch das DVCAM-File-Format lesen können. Umgekehrt akzeptiert der DR1000 nur DVCAM-Datenpakete (und Adressbuchdaten anderer DR1000, die im Netzwerk installiert sind).
Trotz der zahlreichen Features, die der DSR-DR1000 aus der IT-Welt mitbekommen hat, brachte Sony bei diesem Gerät doch auch sein ganzes Video-Knowhow ein. Das fängt bei der Möglichkeit an, den Diskrecorder fest mit einem Studiotakt zu verkoppeln, einer Funktion, die beileibe nicht jeder Diskrecorder bietet. Das geht weiter bei den integrierten Funktionen zur Signal- und Pegelanpassung. Und das hört beim integrierten Testsignalgenerator noch lange nicht auf, sondern beinhaltet auch umfangreiche Timecode-Funktionalität mit VITC– und LTC-Verarbeitung sowie die Möglichkeit zur externen Timecode-Synchronisierung.
FAZIT
Mit dem DSR-DR1000 hat Sony einen Gerätetyp geschaffen, den es so bislang in der DV-Welt nicht gab. Für einen ersten Wurf ist der DR1000 wirklich gut gelungen. Hier und da scheint den Testern noch etwas Fein-Tuning angemessen zu sein, aber generell stimmen die Richtung und die ins Gerät gepackten Leistungen.
Ob der Markt das Gerät annimmt und wofür es in der Praxis am häufigsten eingesetzt wird, muss sich zeigen. Daran wird sich Sony sicher bei der Entwicklung weiterer Geräte in dieser Art orientieren. Einsatzmöglichkeiten und Ansätze für unterschiedliche Weiterentwicklungen bietet der DR1000 indessen schon jetzt in großer Zahl.
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