Branche, Kamera: 20.02.2025

Buch-Tipp: Unter Kameraleuten

Kameramann Hans Albrecht Lusznat wirft in seinem Buch »Unter Kameraleuten« einen Blick auf 100 Jahre Verbandsgeschichte und beschreibt das Berufsleben der Kameraleute mit all seinen Facetten und Herausforderungen.

Das Buch ist im Schüren-Verlag erschienen.

Im Herbst 1925 – da ist das neue Medium Film gerade 30 Jahre alt – schließen sich die deutschen Kameraleute zu einer ersten berufsständigen Interessenvertretung zusammen. Sie spielen mit den Amerikanern in der ersten Liga der neuen Kunst und Filme wie Das Cabinet des Dr. Caligari, 1920, Der Golem, 1920 und Nosferatu, 1922 gehören zu den Klassikern des Stummfilms.

©Hans Albrecht Lusznat.
Hans Albrecht Lusznat teilt sein Fachwissen auch immer wieder auf film-tv-video.de.

Mit der Bildkunst der Kameraleute hat man sich schon anderweitig intensiv beschäftigt, aber wer waren diese Männer und später auch Frauen, die die Bilder schufen und welche Alltagsprobleme beschäftigten sie in ihrem Berufsleben?

Mit diesem Thema beschäftigt sich Hans Albrecht Lusznat in seinem Buch »Unter Kameraleuten«, das während der Berlinale einem größeren Publikum vorgestellt wurde. 

Selbst Kameramann, wirft er einen Blick auf 100 Jahre Verbandsgeschichte und beschreibt das Berufsleben mit seiner Kontinuität und mit seinen Brüchen, welche durch technische und wirtschaftliche Disruptionen verursacht wurden. Schließlich kommt er zu dem Schluss: Vieles ist so – zumindest ähnlich – schon einmal dagewesen. Vieles wiederholt sich und vieles hat sich auch nicht verändert und ist in seiner Problematik noch immer aktuell. Ein Fortschritt lässt sich nicht unbedingt erkennen. 

Das Buch ist im Februar 2025 im Schüren Verlag erschienen.
300 S., 28 €
ISBN 978-3-7410-0498-8
 Zum Buch

Die faszinierende Welt der Kameraleute ist nicht nur durch ihre kreative Bildgestaltung spannend, sondern auch durch ihre wechselhafte Geschichte geprägt. Das vorliegende Werk zeichnet die Entwicklung dieses Berufsstandes von seinen Anfängen bis in die Gegenwart nach und beleuchtet die vielfältigen Herausforderungen, mit denen Kameraleute konfrontiert sind.

©Hans Albrecht Lusznat
Der erste Berufsverband der Kameraleute wurde 2025 gegründet.
Blick in die Vergangenheit

Der erste Berufsverband der Kameraleute, der Klub der Kameraleute Deutschlands (KdKD), wurde 1925 gegründet. Die Leser_innen erfahren, wie die technischen Innovationen der 1920er-Jahre, insbesondere der Ton- und Farbfilm, das Berufsbild der Kameraleute revolutionierten. Ein dunkles Kapitel folgt in den 1930er-Jahren, als die Gleichschaltung der Filmindustrie unter dem NS-Regime zur Auflösung des KdKD führte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann ein neuer Abschnitt mit der Gründung des Club Deutscher Kameraleute (CDK) im Jahr 1950. Hier werden die Themen Tarifverhandlungen, Arbeitszeitregelungen und Nachwuchsförderung in den Fokus gerückt. Besonders spannend ist die Darstellung der 1960er-Jahre, in denen sich neue Verbände wie der Verband Deutscher Kameramänner (VDK) und der Berufsverband Deutscher Kameramänner (BDK) etablierten.

Krisen und Neuanfänge

Die 1970er-Jahre brachten die Krise der Kameraverbände mit sich, die in der Auflösung des BDK gipfelte, so Lusznat.

©Titelbild des Deutschen Kameramanns Februar 1967
Titelbild des Deutschen Kameramanns im Februar 1967 – mit Ernst W. Kalinke.

Der Wendepunkt kam 1981 mit der Gründung des Berufsverbandes Kinematographie (BVK), der bis heute besteht. Hier wird unter anderem die Rolle von Ernst W. Kalinke herausgearbeitet, der als treibende Kraft hinter der Reaktivierung des CDK gilt.

Die Rolle der Berufsverbände

Ein zentrales Element des Buches ist die Funktion der Berufsverbände in der Filmindustrie. Hans Albrecht Lusznat arbeitet heraus, wie wichtig es für den Berufsstand der Kameraleute ist, einen Verband zu haben, der sich um Tarifverhandlungen, rechtliche Beratung und Weiterbildungsangebote und ganz generell die Arbeitsbedingungen der Kameraleute kümmert. Die Leser_innen erhalten Einblick in Themen wie den technologischen Wandel, die finanziellen Unsicherheiten der Freiberuflichkeit, den Konkurrenzdruck und die körperlichen Belastungen. Auch Frage nach der Anerkennung der kreativen Leistung wird besonders thematisiert.

»Alles ist in ähnlicher Form schon einmal da gewesen.«
Hans Albrecht Lusznat

Lusznat zitiert viele Kameraleute,  er geht auf Diskussionen innerhalb des Verbands ein und lässt auch die Irrwege und teilweise Konflikte nicht außen vor, die letztlich ihren Ursprung darin hatten, dass Personen nicht miteinander gesprochen haben.  

Konflikte zwischen festangestellten und freien Kameraleuten spielten im Laufe der Verbandsgeschichte immer wieder eine Rolle. Auch darauf geht Lusznat ein und zeigt auf, wie wichtig Solidarität für die Berufsgruppe eigentlich sein sollte. 

©Nonkonform
Welche Rolle technische Entwicklungen spielen ordnet Lusznat ebenfalls ein.
Nachwuchsförderung und die Zukunft der Filmindustrie

Ein weiteres Kapitel widmet sich der Nachwuchsförderung. Es wird aufgezeigt, wie Filmhochschulen, Praktika und Mentoring-Programme jungen Talenten den Einstieg in die Branche erleichtern. Besonders gelungen ist auch die Einordnung der aktuellen Entwicklungen in der Filmindustrie, von der Digitalisierung über Streaming-Dienste bis hin zu nachhaltigen Produktionsmethoden.

Urheberrecht

Michael Neubauer begleitete von 2000 bis 2024 als Geschäftsführer die Urheberrechtsarbeit des BVK für Kameraleute.

©Hans Albrecht Lusznat
Das Thema Urheberrecht spielt für den BVK eine große Rolle.

Im letzten Kapitel des Buches gibt er einen kompakten Überblick über die wichtigsten Aspekte und Entwicklungen während dieser Zeit und zeigt auf, wie wichtig die rechtlichen Auseinandersetzungen sind, damit die Arbeit der Urheber, also der Kameraleute, angemessen vergütet wird. Dafür wendet der BVK hohe Summen auf: »Seit der Jahrtausendwende bis 2024 wurde etwa eine Million Euro für urheberrechtliche Aktivitäten investiert«, schreibt Neubauer. Angesichts von KI und immer neuer Verwertungsformen dürfte diese Verbandsarbeit künftig noch wichtiger werden. 

Fazit

Das Buch ist eine tiefgehende Analyse der Geschichte der Kameraleute und ihrer Interessensvertretungen. Es ist ein Muss für alle, die sich für Filmgeschichte und die Arbeitswelt hinter den Kulissen interessieren.

Auch auf die aktuellen Herausforderungen und Zukunftsperspektiven geht Hans Albrecht Lusznat ein.

©Nonkonform
Der Autor Hans Albrecht Lusznat.

Sein Fazit lautet: »Ein großer Teil des beruflichen Fachwissens ist Allgemeingut geworden und die Filmschaffenden stehen heute einem großen Heer von filmenden Heimwerkern gegenüber. Mit Smartphone und Computer sind die Produktionsmittel in aller Hände. Mithilfe der künstlichen Intelligenz lassen sich Arbeitsschritte automatisieren und so werden Arbeitsplätze von Kameraleuten in bestimmten Bereichen über kurz oder lang wegrationalisiert werden. Früher hörte man öfters von Kameraleuten das Bekenntnis, sie hätten ihr Hobby zum Beruf gemacht. Aber wer sein Hobby zum Beruf macht, der darf sich nicht wundern, wenn der Beruf zum Hobby wird.«

Biografien

Hans Albrecht Lusznat (München) absolvierte ein Diplomstudium an der Hochschule für bildende Künste Hamburg im Fachbereich visuelle Kommunikation und hat als Kameramann seit 1976 an mehr als 400 Filmprojekten mitgewirkt. Er ist seit 32 Jahren im Berufsverband Kinematographie (BVK) und schreibt regelmäßig über technische und berufsspezifische Themen in verschiedenen Fachzeitschriften. Als Fotograf hat er seit 1980 diverse Bücher veröffentlicht.

Michael Neubauer (München) studierte an der SFOF in Berlin und arbeitete ab 1981 als freier Kameraassistent, ab 1987 als Kameramann. Ab 1981 studierte er in München Kommunikations- und Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre und promovierte 1995. Von 2000 bis 2024 war er Geschäftsführer des BVK, Mitglied im Verwaltungsrat der VG Bild-Kunst und Initiator und Moderator der Urheber Allianz Film & Fernsehen. Neben diversen Lehraufträgen ist er Autor von Mitherausgeber von Publikationen zur Berufssoziologie und Qualifikation von Kameraleuten.