KI bei den Medientagen München
Die Medientage München 2024 widmeten sich intensiv den Auswirkungen und Chancen der Künstlichen Intelligenz auf Medien und Gesellschaft.
Ein zentrales Thema war die Frage, wie KI die Wahrnehmung und die öffentliche Meinung beeinflusst und welche Maßnahmen notwendig sind, um Desinformation und die Destabilisierung der Demokratie zu verhindern.
Eröffnung und Medientage-Gipfel: Realities
Die Eröffnungsveranstaltung und der Medientage-Gipfel standen unter dem Motto »Realities«. Dr. Thorsten Schmiege, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), betonte die Vermischung von Realität und künstlich erzeugter Wirklichkeit durch KI und die daraus resultierenden Gefahren wie Radikalisierung und Polarisierung.
Ein KI-Kompetenzzentrum für Medienunternehmen in Bayern soll sich künftig mit diesen Herausforderungen beschäftigen. Henry Ajder, KI-Experte und Gründer der Beratungsfirma Latent Space Advisory, warnte vor den Gefahren von Deep Fakes, die Börsenkurse und Wahlergebnisse beeinflussen könnten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder forderte neue Regulierungsformen, um die Verbreitung von Unwahrheiten in sozialen Netzwerken zu bekämpfen. Er sprach sich gegen eine Beitragserhöhung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus und plädierte für Sparprogramme und neue Strukturen, einschließlich einer gemeinsamen Streaming-Plattform von öffentlich-rechtlichen und privatwirtschaftlichen TV-Programmanbietern.
AI Summit
Beim AI Summit betonte Tino Krause von Meta Platforms die Chancen von KI für Unternehmen und die Notwendigkeit von Aus- und Weiterbildung.
Man müsse das Mindset »Spielen, um zu gewinnen« haben, wenn es um KI-Entwicklungen gehe. Jens Redmer von Google forderte ebenso wie Meta-Mann Tino Krause weniger strenge Regulierungen. »Digitalisierung ist gut«, sagt er. Beide sind sich einig darin, dass Deutschland gut in der Grundlagenforschung sei, aber eben schlecht, wenn es darum gehe, neue Technologien zu adaptieren bzw. neue Unternehmen zu fördern.
Etwas differenzierter betrachten das Alessandro Alviani von der Süddeutschen Zeitung und Claudia Paganini von der Hochschule für Philosophie in München. Sie betonen die Bedeutung verantwortungsvoller Nutzung und Transparenz. Alviani etwa glaubt, dass man generative KI mit einem Qualitätsanspruch verbinden müsse – und dass der »Human in the Loop« dafür nicht ausreiche.
Dr. Florian Herrmann, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, hob die Rolle des Staates hervor, die Entwicklung zwischen allen Playern zu synchronisieren. Die Expertinnen und Experten betonten die Bedeutung einer positiven Betrachtung von KI und die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Diskurses über die Auswirkungen von KI.
Der Journalist Richard Gutjahr saß ebenfalls im Publikum. Er leidet seit Jahren unter massiven Bedrohungen von Verschwörungstheoretikern, die sich ungebremst auf den großen Plattformen der Techkonzerne auslassen können. Gutjahr stellte am Ende des Panels die Frage, wie man denn einem Konzern wie Meta vertrauen könne, dass er verantwortungsvoll mit KI umgehe, wenn er schon jetzt intransparent mit Daten arbeite und Regulierung ständig umgehe. Diese Frage blieb unbeantwortet.
Desinformation und digitale Resilienz
Eine weitere Diskussion während der Medientage München befasste sich mit Desinformation und digitaler Resilienz. Prof. Dr. Bernhard Pörksen von der Universität Tübingen erklärte, dass generative KI den »Angriff auf den Wahrheitsanspruch« von Medieninhalten eingeleitet habe.
Simone Oldenburg, Ministerin für Bildung und Kindertagesförderung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, betonte die Notwendigkeit eines strukturierten Umgangs mit KI in der Bildung. Dr. Eva Flecken, Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, wies darauf hin, dass Regulierung und Verbote von Medienangeboten über die Rechtsprechung erfolgen müssten, was einen »langen Atem« erfordere.
KI: Freund oder Feind der Verlagsbranche?
Die Verlagsbranche sieht in KI mehr Chancen als Risiken, wie eine Diskussion der KPMG AG zeigte.
Beate Gerold von Heise Medien und Eva-Maria Bauch von der Mediengruppe Oberfranken betonten die Bedeutung von Qualitäts- und Trust-Management und die Notwendigkeit, dass Menschen die Endkontrolle über Inhalte behalten. Professor Dr. Thomas Hess von der LMU München hob die Bedeutung von Weiterbildung und neuen Berufsprofilen im Umgang mit KI hervor. Beide Verlagsvertreterinnen betonten die steigende Bedeutung von Qualitätsjournalismus und Medienkompetenz, die am besten schon im Kindergartenalter trainiert werden müsse.
Future of Search: Wie KI die Internetsuche verändert
Die Diskussion über die Zukunft der Internetsuche zeigte, dass KI-Suchmaschinen wie Perplexity und Phind die Dominanz von Google herausfordern.
Sarah Stein vom SWR und Ole Reißmann von der Spiegel-Gruppe betonten die Notwendigkeit von Partnerschaften und Kooperationen, während Marcus Tandler von Ryte und Dr. Dennis Ballwieser vom Wort & Bild Verlag die Bedeutung von strategischen Entscheidungen und der Unabhängigkeit von großen Tech-Unternehmen hervorhoben. Die Expertinnen und Experten waren sich einig, dass Medienunternehmen sich frühzeitig mit den aktuellen Entwicklungen auseinandersetzen müssen, um ihre digitalen Geschäftsmodelle anzupassen.
Fazit
Die Medientage München 2024 verdeutlichten, dass KI sowohl Chancen als auch Herausforderungen für die Medienbranche mit sich bringt. Die Diskussionen zeigten die Notwendigkeit von Regulierung, Bildung und Kooperationen, um die positiven Aspekte von KI zu nutzen und gleichzeitig die negativen Auswirkungen zu minimieren. Besonders deutlich wurde, wie wichtig Vertrauen, Transparenz und Qualitätsjournalismus in einer zunehmend von KI geprägten Medienlandschaft sind. Wie sich all das aber unter einen Hut bringen lassen soll, blieb offen.