Berlinale eröffnet ohne AfD-Politiker
Nach heftigen Protesten aus der Filmbranche »hat die Berlinale-Leitung entschieden, die zuvor eingeladenen fünf AfD-Politiker_innen auszuladen«. Viele AfD-Politiker verträten Positionen, »die den Grundwerten der Demokratie zutiefst widersprechen«.
»Forderungen nach einer homogenen Gesellschaft, nach Zuwanderungsrestriktionen und Massenabschiebungen, homophobe und queerfeindliche oder rassistische Äußerungen bis hin zu schlimmem Geschichtsrevisionismus und klarem Rechtsextremismus – all das findet man bei der AfD«, stellen die Berlinale-Chefs Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian fest. »Wir haben daher heute alle zuvor eingeladenen AfD-Politiker*innen schriftlich ausgeladen und sie darüber informiert, dass sie auf der Berlinale nicht willkommen sind«, teilte das Festival nun am 8. Februar, eine Woche vor der Eröffnungsgala am 15. Februar, mit.
Eine Teilnahme von AfD-Politikern sei »unvereinbar mit der Verpflichtung des Festivals, ein Ort der ‚Empathie, des Bewusstseins und des Verständnisses’« zu sein, hatten zuvor rund 200 Filmschaffende in einem Offenen Brief erklärt. Sie erinnerten an die »Berliner Erklärung der Vielen«. Diesem Statement von inzwischen 474 Berliner Kulturinstitutionen hatte sich die Berlinale 2019 angeschlossen.
In einer Reaktion darauf hieß es zunächst, Berlinale-Einladungen an Politiker würden prinzipiell über das Kulturstaatsministerium und das Berliner Abgeordnetenhaus – offensichtlich nach protokollarischen Aspekten – an Mitglieder des Bundestags-Kulturausschusses und des Landtags vergeben. Das sei eine übliche Praxis, wurde von dort bestätigt.
Am 8. Februar begründeten die Festivalchefs die Ausladungen u.a.: Die Debatte mache »ganz deutlich, wie sehr das Engagement für eine freie, tolerante Gesellschaft und gegen Rechtsextremismus zur DNA der Berlinale gehört. Die Berlinale engagiert sich seit Jahrzehnten für demokratische Grundwerte und gegen jede Form von Rechtsextremismus. Dafür stehen das Filmprogramm und die Berlinale als Kulturinstitution. Das Festival hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es mit Sorge beobachtet, wie Antisemitismus, antimuslimische Ressentiments, Hassreden und andere antidemokratische und diskriminierende Haltungen in Deutschland zunehmen.«
Ausgeladen wurden drei Bundestags-Abgeordnete, die Berliner Landesvorsitzende der AfD, Kerstin Brinker und der parlamentarische Geschäftsführer im Abgeordnetenhaus Ronald Gläser. Brinker kam wegen ihrer Teilnahme an einer Buchvorstellung des Europawahl-Kandidaten ihrer Partei, Maximilian Krah, unter Kritik. Anwesend waren u.a. bekannte Rechtsextremisten, darunter der als Vertreter der Identitären geltende Österreicher Martin Sellner. Stattgefunden hatte das im Juli 2023 in der Wohnung des CDU-Mitglieds und ehemaligen Berliner Senators Peter Kurth. Dieser habe der AfD schon 2016 Geld gespendet. 2019 soll er den Identitären 120.0000 € für ein Zentrum bei Linz gespendet haben. Das sollen u.a. AfD-Mandatsträger besucht haben. Kurth sei laut CDU erst im Oktober 2023 ausgetreten, wohingegen er selbst noch im Januar 2024 dem Spiegel erklärte, dort Mitglied zu sein. Gläser hatte sich 2017 auf Twitter (heute X) mit einer Maschinenpistole präsentiert. Darunter schrieb er »Antifaneutralisator:-)«.
Weitere Informationen: Berliner Erklärung der Vielen (2019), Bericht von deadline vom 3. Februar 2024 über den Offenen Brief, Berlinale-Mitteilung zur Ausladung vom 8. Februar.