Branche, Top-Story, Unternehmen: 10.08.2023

Interview mit Tim Banks von Grass Valley

Tim Banks ist Chief Revenue Officer von Grass Valley. Er beantwortete Fragen von film-tv-video.de.


 

Wie gehen Ihre Kunden mit dieser neuen Situation um?

Tim Banks: Ich möchte ein Beispiel geben: Sky in Großbritannien hat die Berichterstattung über die Formel 1 umgekrempelt. Dazu gehörte neben vielen anderen Maßnahmen auch ein Konzept der Onboard-Kameras für jeden Fahrer. Nun gibt es also einen interaktiven Red-Button-Service: Der Zuschauer kann wählen, welchen Fahrer er bei welchem Rennen verfolgen möchte. Und diese Feeds werden über die AMPP-Plattform von Sky aktiviert.

AMPP, Grafik, © Nonkonform
Moderne Workflows integrieren Software und Cloud.

Aufgrund der Architektur der Software-Plattform können heute solche digitalen Zusatzdienste innerhalb von 30 Minuten vor dem Start des Rennens hoch- und 30 Minuten nach dem Ende des Rennens wieder heruntergefahren werden. Man muss einen solchen Service also heute nicht dauerhaft vorhalten und bezahlen. Diese Art von Elastizität und Flexibilität könnte man in einer reinen Hardware-Umgebung nicht erreichen. Dies ist wirklich ein großartiger Anwendungsfall für die hohe Kapazität, die ein software-gestützter Plattformansatz bieten kann.

Ein weiteres großartiges Beispiel dafür ist Discovery. Bei Eurosport nutzt Discovery hybride Lösungen sowohl für das Asset Management als auch für den Playout. Während der olympischen Spiele hat Discovery etwa über einen Zeitraum von nicht viel mehr als vier Wochen mehr als 200 digitale Kanäle hochgefahren und dann wieder beendet. Niemand könnte sich das zeitlich und finanziell leisten, so etwas mit einer reinen Hardware-Umgebung umzusetzen, das geht nur mit Cloud-Funktionalität.

Grass Valley, Kamera, © Nonkonform
Hardware wie dieser Kamera von Grass Valley …

Gleichzeitig spielt aber die Hardware auch im Business von Grass Valley noch eine große Rolle.

Tim Banks: Das ist immer noch der Löwenanteil unseres Geschäfts, aber die Software-Einnahmen, die durch AMPP erzielt werden, wachsen schnell.

Aber monetär gesehen, werden sie von der Leistung des Hardware-Portfolios in den Schatten gestellt. Das ist immer noch der Kern unseres Geschäfts, der Kern unseres Umsatzes sind Kameras, Switches, Netzwerkinfrastruktur, Multi-Viewer, Steuerungen und Monitoring.

Grass Valley, Bildmischer, Kayenne
… oder dieser Bildmischer machen derzeit immer noch den Löwenanteil des Geschäfts von Grass Valley aus.

Wir befinden uns insgesamt ganz klar in einem Übergang: Es wäre schwierig, wenn wir nur das Hardware-Geschäft hätten. Es wäre schwierig, wenn wir nur das Software-Geschäft hätten. Und wir denken, dass wir einzigartig gut positioniert sind, weil wir die Stärken und Vorteile von beidem haben. Wir sind der Meinung, dass wir ein stärkerer und besserer Partner für unsere Kunden sein können, wenn sie den Übergang zu mehr software-gestützten Arbeitsabläufen in ihrem eigenen Zeitrahmen und unter Berücksichtigung ihrer eigenen Projekt- und Finanzzwänge vollziehen.

Wie viele Mitarbeiter sind in der Software-Entwicklung von AMPP tätig und wie viele im übrigen Hardware-Geschäft? 



Tim Banks: Die Anzahl der F&E-Ingenieure ist ziemlich ausgewogen. Es gibt hier also ein gutes Gleichgewicht zwischen Hardware und Software. Aber ich würde sagen, dass wir bei den Software-Anwendungen mehr neue Mitarbeiter einstellen.
 So haben wir beispielsweise 2022 rund 200 F&E-Ingenieure eingestellt und planen für 2023, weitere 200 F&E-Ingenieure einzustellen, von denen die meisten in die Entwicklung von Software-Anwendungen gehen werden, um die Leistungsfähigkeit und die Vorteile der Plattform zu nutzen.
Aber wir werden auch weiterhin erhebliche interne F&E-Investitionen in das Hardware-Portfolio tätigen.

Vielleicht noch eine letzte Frage. Es gab in den vergangenen Jahren einige Probleme in Bezug auf die Lieferketten, nicht nur, aber auch bei Grass Valley. Wo stehen wir in dieser Hinsicht im Moment?

Tim Banks, Grass Valley, Hallo Hybrid, © Logic Media Solutions
Tim Banks bei »Hallo Hybrid«.

Tim Banks: Wir haben intern intensiv darüber nachgedacht und erkannt, dass eine der größten Stärken von Grass Valley die schiere Breite des Hardware-Portfolios ist, das wir haben. Gleichzeitig ist eine der größten Herausforderungen im Zusammenhang mit der Unterbrechung der Lieferketten die schiere Breite des Hardware-Portfolios, das wir haben. Ein Dilemma.
 Daher waren die Probleme in den Lieferketten für Grass Valley eine ganz besondere Herausforderung. Die Nachfrage und das Interesse an unserer gesamten Technologie und unseren Lösungen im Jahr 2022 und in der ersten Hälfte des Jahres 2023 waren weiterhin extrem stark. Unsere Buchungen und Aufträge lagen also im Plan oder übertrafen sogar unsere Ziele in dem Zeitraum, in dem wir die größten Herausforderungen hatten.
 Wir haben aber in den ersten sechs oder sieben Monaten des Jahres 2023 wirklich eine deutliche Verbesserung erzielt.


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Ich will damit keineswegs sagen, dass wir wieder zur Normalität zurückgekehrt sind und die Vorlaufzeiten aus der Zeit vor Covid wieder erreicht haben, aber wir werden weiterhin eine stetige Verbesserung sehen — und eine deutliche Verbesserung der Vorhersagbarkeit.
 Wenn wir also eine Vorlaufzeit angeben, auch wenn sie etwas länger ist, als wir es gerne hätten, können wir diesen Zeitrahmen konsequent einhalten. Das hat erhebliche Anstrengungen gekostet.

In vielen Fällen mussten wir etwa in den vergangenen Jahren unsere Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen umverteilen, um bestehende Produkte umzugestalten, um die Verfügbarkeit zu verbessern. Das war natürlich nicht der effizienteste Einsatz von F&E-Maßnahmen. Aber wir wollen eben stets für unsere Kunden der beste Partner sein — und unsere Partner voranbringen.

Danke für das Gespräch und für Ihre Zeit.

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