Was ist los bei Grass Valley?
Zahlreichen Mitarbeitern von Grass Valley wurde gekündigt, das deutsche Team ist nahezu komplett ausgeschieden.
Neuer (und alter) CEO: Louis Hernandez Jr.
An der Spitze des Unternehmens steht nun also auch operativ wieder Louis Hernandez Jr. als CEO von Grass Valley. Er ist in der Branche kein Unbekannter, viele kennen ihn als langjährigen President und CEO von Avid. Er hat bei Avid viele, teils einschneidende Veränderungen umgesetzt, war aber Anfang 2018 einigermaßen überraschend von seinen Aufgaben entbunden worden (Meldung). Später gründete er mit Black Dragon Capital eine Investmentgesellschaft, die Anfang 2020 Grass Valley übernommen hatte (Meldung).
Nach dem Abschluss der Übernahme (Meldung) begannen erste Umbauten in der Firmenstruktur unter der Leitung von Tim Shoulders und Marco Lopez, aber 2021 verließen sie das Unternehmen (Meldung). Die Leitung übernahm in dieser Phase dann Louis Hernandez Jr., unterstützt durch ein neues Leitungsteam.
Hernandez Jr. hatte schon direkt nach der Übernahme von Grass Valley gesagt, dass er in der Software-Plattform AMPP den größten Wert des Unternehmens sehe. Sicher sollte der 2022 neu ins Amt geholte CEO Dr. Andrew Cross den Prozess hin zum software-zentrierten Unternehmen forcieren. Doch das schien nicht so wie geplant zu funktionieren, aus welchen Gründen auch immer. Cross verließ Grass Valley schon recht schnell wieder.
Muss es der Chef der Muttergesellschaft, Louis Hernandez Jr., nun also selber richten? Das sagt Grass Valley dazu:
Ist es geplant, einen anderen CEO zu finden, oder wird Louis Hernandez Jr. diese Rolle behalten?
Louis Hernandez Jr. leitet Grass Valley für die Dauer der Übergangsphase des Unternehmens. Er ist und bleibt Executive Chairman und kann auf eine lange Geschichte der Umgestaltung und Führung von Unternehmen auf globaler Ebene zurückblicken.
Er hat Grass Valley Leadership Exchange (GVx) gegründet und arbeitet mit unseren größten und anspruchsvollsten Kunden an Strategie- und Produktverbesserungen. Viele der Ankündigungen, die wir bei der NAB2023 veröffentlichen werden, spiegeln diese Partnerschaft wider. Außerdem hat er vor kurzem einige Führungspositionen aufgewertet, um ein Gleichgewicht zwischen der Erfahrung bei Grass Valley, der Transformationserfahrung, software-zentrierten Führungskräften und Branchenveteranen herzustellen. Das Team ist sehr engagiert und freut sich auf ein fantastisches Jahr in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden.
Lieferkettenprobleme als Folge von Corona
Als Folge der Pandemie und der weltpolitischen Lage mussten sich viele Firmen, auch Grass Valley, mit völlig neuen Herausforderungen auseinandersetzen. Marketing-Chef Neil Maycock erklärte Ende vergangenen Jahres in einem Interview, dass Grass Valley besonders stark unter Problemen der Lieferkette leide und deshalb seine Produkte nicht ausliefern könne, die eigentlich schon verkauft seien. In der Folge litt das Unternehmen offenbar unter Cash-Flow-Problemen. Leider ist es gängige Praxis, dass in solchen Situationen erst einmal jene »abgebaut« werden, die eigentlich das Kapital einer Firma sind, nämlich die Mitarbeiter. Das ist nun offenbar auch bei Grass Valley in hohem Maß geschehen.
Die Umstellung von hardware- zu software-basiertem Unternehmen dürfte von diesem Personalabbau indes nicht profitieren, wenngleich dem neuen CTO Kielczewski ein starker Software-Hintergrund attestiert wird. Vor seinem Wechsel war er als CTO bei Seachange.
Es stellt sich für Außenstehende allerdings die Frage, warum ausgerechnet Grass Valley so stark unter den Lieferschwierigkeiten leiden musste – denn andere Unternehmen müssen mit dieser Situation ja auch umgehen. Das sagt Grass Valley dazu:
Grass Valley scheint stark mit Lieferkettenproblemen zu kämpfen. Dies ist ein Problem auf der ganzen Welt, auch für Ihre Konkurrenten. Einige von ihnen haben Workarounds gefunden. Was ist der Grund dafür, dass es Grass Valley so hart getroffen hat?
Grass Valley verfügt über eines der umfassendsten und fortschrittlichsten Produktportfolios der Branche. Das hat die Probleme in der Lieferkette sicherlich verkompliziert, aber trotzdem liegen die Buchungen über den Erwartungen. Die AMPP-Verkäufe werden bis 2023 um rund 300 % steigen.
Auch mit unserer jüngsten Innovation, einer On-Prem-Version von AMPP für Unternehmen, ermöglichen wir unseren Kunden, Probleme in der Lieferkette durch Investitionen in Standard-Hardware im Rechenzentrum zu mildern. AMPP ist nach wie vor cloud-nativ, aber jetzt einfacher zu skalieren und zu implementieren. Es ermöglicht eine einfachere, schlankere Organisationsstruktur und erlaubt uns, uns auf den Kundenerfolg zu konzentrieren, da wir enger mit Wiederverkäufern und Systemintegratoren zusammenarbeiten.
Wir vereinfachen auch einige unserer Produktbereiche, um die Auswirkungen auf die Lieferkette zu verringern. Wie Sie bei vielen in der Branche gesehen haben, hat sich das Problem der Lieferkette allmählich entspannt, und wir freuen uns, dass wir die Lieferung in einigen Schlüsselbereichen beschleunigen können.
Fazit
So oder so: Für Grass Valley dürfte 2023 zwar ein herausforderndes Jahr werden — das ist aber auch nicht das erste Jahr dieser Art für das Unternehmen. In der wechselvollen Geschichte des Unternehmens, in der so klangvolle Namen wie BTS, Philips, Tektronix, Thomson, Snell und Belden eine Rolle spielten (mehr dazu hier), musste schon so manche Klippe umschifft werden. Vielleicht gelingt das dem Unternehmen auch in der aktuellen Situation.
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