Riedel: High-Tech-Entwicklung in Wien
Riedel Communications betreibt in Wien eine Niederlassung, die unter anderem MediorNet und Bolero entwickelte. film-tv-video.de war vor Ort.
Ein Aspekt, der sicher auch für den Standort Wien eine Rolle spielt, ist der, dass es immer schwieriger wird, Entwickler, Nachwuchs und Fachkräfte zu finden. Wie schätzen Sie dies ein?
Gernot Butschek: Es ist tendenziell etwas leichter bei uns, qualifizierte Leute zu finden, weil die Ausbildung in Wien durch die TU sehr gut ist, aber auch, weil die Lebensqualität in Wien sehr hoch ist.
Dennoch ist es in den vergangenen zehn Jahren schwieriger geworden, wirklich top-qualifizierte Leute zu finden, und deswegen haben wir in letzter Zeit immer öfter ganze Teams gesucht, gefunden und übernommen. Die Erfahrung zeigt, wer bei uns ist, geht eigentlich nicht mehr weg. Wir haben so gut wie keine Personalfluktuation.
Wo sehen Sie für den Standort Wien mit seinem Entwicklungs-Hub noch weitere Potenziale?
Jürgen Diniz-Malleck: Na ja, im Grunde ist das schon ein bisschen angeklungen. Das unmittelbare Potenzial ist eben die Zusammenführung der SDI- und der IP-basierten Welt. Aber natürlich geht die Frage nach neuen Potenzialen auch über den Broadcast-Bereich hinaus, denn inzwischen haben wir auch einen sehr guten Footprint im Non-Broadcast Bereich. Ob das jetzt professionelle Veranstaltungszentren sind oder eben auch Großproduktionen, da gibt es schon noch sehr viel zu entwickeln und zu lösen, weil sich da ganz neue Problemfelder für unsere Kunden ergeben.
In der IP-Welt sind zudem Schnittstellen ein großes Thema, also APIs zu externen Steuersystemen, zu Monitoring-Systemen, zu Überwachungssystemen. Die IP-Technologie bringt viele neue, andere Anforderungen, auch Sicherheitsaspekte, die man berücksichtigen muss, damit das Ganze auf Jahrzehnte funktioniert. Kurzum: es gibt noch viele Potenziale.
Woher kommen heute die Impulse für neue Entwicklungen? Sind das nun auch verstärkt die anderen Kunden jenseits des Broadcast-Bereichs, die Entwicklungen vorantreiben? Oder sind es auch andere Themen, die nun wichtiger werden bei Neuentwicklungen?
Jürgen Diniz-Malleck: Die Großwetterlage in Europa hat sich verändert, denn die öffentlich-rechtlichen oder staatlichen Rundfunksender, die sich früher sehr stark auf Technologie und auf technische Aspekte konzentrieren konnten, sind heutzutage in einer anderen Situation, was sich auch in deren Investitionsverhalten widerspiegelt.
Wir sehen das auch in entsprechenden Auswertungen, die uns von der Branche vorliegen. Inzwischen beeinflusst die rein technische Qualität die tatsächliche Entscheidung nur noch zu ungefähr einem Viertel. Der Kunde setzt Aspekte wie Qualität, Signalverarbeitung, Feature-Sets als gegeben voraus. Als Hersteller unterscheidet man sich vom Wettbewerb heute viel mehr durch Effizienz, durch Möglichkeiten, Workflows zu optimieren, auch durch Investitionssicherheit. Vielleicht kann man es so zusammenfassen: Heutzutage spielt bei Investitionsentscheidungen der CFO eine größere Rolle als der CTO.
Darauf muss man natürlich eingehen, sowohl in der Produktentwicklung, aber natürlich auch bei der Vermarktung. Man muss, ganz salopp gesagt, leicht erklären können: Was spart der Kunde, wenn er in unser Produkt investiert? Oder: Wie kann ich unseren Kunden einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, wenn sie in unsere Produkte investieren?
Am Ende des Tages bedeutet dies auch, dass wir als Hersteller Teil des Business Case des Kunden werden. Das meine ich damit, wenn ich sage, dass wir mehr »CFO-Produkte« entwickeln müssen.
Wie schafft man es, einerseits »CFO-Produkte« zu entwickeln, andererseits dennoch die Qualität hochzuhalten?
Gernot Butschek: Vielleicht kann ich diese Frage aus der Engineering-Perspektive beantworten. Ich persönlich und auch meine Kollegen an anderen Standorten sind nicht bereit, über Qualität zu diskutieren, mit niemandem — nicht mal mit Thomas Riedel. Es ist meine Verantwortung, sicherzustellen, dass wir in der Entwicklung bestmögliche Qualität verfolgen. Das ist eine Grundsatzfrage, eine Wertefrage.
Aber es gibt natürlich andere Parameter in der Entwicklung, über die man sehr wohl diskutieren kann. Dazu zählen beispielsweise Funktionalität, Feature-Sets, auch Zeit und Kosten. Da sind wir offen für jedes Gespräch — die Kunst besteht darin, den richtigen Mix zu finden.
Seite 1: Entwicklungs-Standort Riedel Communications in Wien
Seite 2: Entwicklung und Besonderheiten MediorNet
Seite 3: Entwicklung und Besonderheiten Bolero
Seite 4: »CFO-Produkte« und der Weg zu IP
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