Interview, Video: 27.01.2022

Canon: Film und Foto rücken enger zusammen

Sales Director Alexander Müller über Trends und aktuelle Entwicklungen bei Canon.

film-tv-video.de sprach mit Alexander Müller, Sales Director ITCG DACH B2B und Pro Imaging bei Canon, über aktuelle Trends, Produkte und Perspektiven.

 

10 Jahre Cinema EOS – wie hat sich der Markt seither entwickelt, wo setzt Canon Schwerpunkte im neuen Jahr?

Alexander Müller, Canon.

Alexander Müller: Ich glaube, nach zehn Jahren kann man deutlich erkennen, dass uns die Einführung der Cinema-EOS-Linie sehr gut gelungen ist. Wir haben damals bei Null angefangen und nicht nur eine Kamera, sondern ein ganzes System eingeführt. Das war ein entscheidender Faktor für den Erfolg dieser Produktlinie.

Was waren für Canon im vergangenen Jahr die erfolgreichsten Produktlinien? Klassische Handhelds, PTZ, DSLR oder Cinema EOS?

Alexander Müller: Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn jede Produktsparte war auf ihre Weise erfolgreich. Wir haben natürlich bei den spiegellosen und bei den Spiegelreflexkameras im vergangenen Jahr einige Neuheiten eingeführt. Es gab aber auch Neuvorstellungen im klassischen Videobereich.

2021 stieg Canon ins PTZ-Business ein.

An der erhöhten Marktnachfrage nach Video-Streaming-Lösungen konnten wir außerordentlich partizipieren. Das Thema PTZ kam goldrichtig für uns, damit konnten wir unser Portfolio sehr gut ergänzen.

Teilweise kann man sagen, dass der Markt alles aufgesaugt hat, was überhaupt verfügbar war. Und insofern sind wir mit allen Sparten rückblickend sehr zufrieden, was das Jahr 2021 betrifft.

 


Sales Director Alexander Müller berichtet über 2021 und 2022 sowie weitere Pläne von Canon.
Die C70 ist innerhalb des Canon-LineUps ein zentrales Produkt.

Mit der C70 gab es erstmals ein Gerät, das letztlich DSLR mit Cinema-EOS verband. Mit der R5 C hat das Unternehmen nun nachgelegt und eine weitere Kamera mit einem ähnlichen Konzept vorgestellt.

Alexander Müller: Ich denke, die C 70 ist ein gutes Beispiel dafür, wo wir hingehen möchten, denn bei dieser Kamera vermischten sich mit Film und Foto erstmals zwei Welten. Bei der neuen EOS R5 C sind wir diesen Weg konsequent weitergegangen.

Canon, R5 C
Neu vorgestellt R5 C von Canon.

Man kann heutzutage Foto und Film gar nicht mehr so voneinander trennen. Nehmen wir mal den klassischen Hochzeitsfotografen: Der ist heute genauso ein Filmer für die Hochzeit, wie er auch Fotograf ist. Oder nehmen wir den Bereich Social Media, da wird viel geteilt, da sind Stills wie Bewegtbild gefragt. Für solche Produzenten wird die Arbeit mit einer R5 C sehr einfach, eben weil die Kamera so enorm flexibel ist.

Mit dem Look der Sumire-Objektive geht Canon auf den Retro-Trend ein.

Die neuen R-Objektive liefern eine sehr gute Qualität, Schärfe und Auflösung. Auf der anderen Seite geht der Trend in Richtung Retro-Objektive, weil die Kameraleute einen eigenen Look haben möchten. Wie bringt Canon diese gegenteiligen Entwicklungen zusammen?

Alexander Müller: Natürlich treffen hier zwei Welten aufeinander. Das Thema Retro hört man wieder öfter, sowohl in der Fotografie als auch im Filmbereich. Wir haben uns in den letzten Jahren natürlich sehr stark auf unser System konzentriert und da auch die Objektive-Entwicklung vorangebracht, etwa mit dem RF-System.

Die neuen Canon-RF-Objektive stoßen auf großen Anklang.

Auf der anderen Seite haben wir den Beweis auch schon angetreten, dass wir mit den Sumire auch den Retro Look bieten können, den viele wünschen. Das spielt insbesondere im Filmbereich eine große Rolle. Wir beobachten ganz genau, welcher Trend sich wie stark auswirken wird, aber was genau kommt, können wir heute auch noch nicht absehen.

Welche Rolle spielen Vollformat-Sensoren in diesem Szenario, wird es perspektivisch nur noch Vollformat-Sensoren geben?

Alexander Müller sieht einen starken Trend hin zu Vollformat-Sensoren.

Alexander Müller: Vollformat-Sensoren stehen derzeit in allen Bereichen im Fokus. Aber wir lassen uns von den Trends eigentlich ungerne sofort dazu bewegen, nur noch dem aktuellen Trend nach zu entwickeln. Man kann zum Beispiel im industriellen Bereich, im 3D-Scanner-Bereich, besser mit anderen Sensoren arbeiten. Insofern sind wir immer ein Anbieter, der viele Optionen verfolgt — denn am Ende des Tages entscheidet der Anwender.

Anbindung von Kameras an Smartphone und Cloud werden immer wichtiger.

Wenn wir von Trends sprechen, gibt es noch einen weiteren, der insbesondere in Hollywood forciert verfolgt wird, nämlich die Aufzeichnung von Camera-to-Cloud. Ist das für Canon ein Thema, und wenn ja, wie gehen Sie damit um?

Alexander Müller: Ich betrachte den Workflow-Prozess nach der Aufnahme bereits seit längerem als zentralen Punkt, und im Fotobereich sehen wir das auch sehr massiv.

Es ist einfach so, dass der Filmer, der Fotograf, der Journalist ein Dienstleister ist, der seinen Content schnellstmöglich an den Kunden liefern muss. Dieser Trend begann bei den Presseagenturen, setzt sich jetzt aber auch im Filmbereich und bei Produktionen fort.

Ich glaube, dass wir mit der Vorstellung der R3 schon gezeigt haben, wohin die Reise geht, denn diese Kamera bietet den Anwendern von Haus aus viele Möglichkeiten, sofort über die Cloud mit der Redaktion in Kontakt zu treten und den Content zu übermitteln. Ich glaube, solche Workflows werden mehr und mehr auch im Filmbereich Einzug halten.

 

Alexander Müller von Canon über VR und das Dual-Fisheye-Objektiv.

Welche Rolle spielen künftig VR- und AR-Systeme, welche Produkte bietet Canon hierfür, und kommen noch weitere Entwicklungen in dieser Richtung?

Einfacher und schneller 180-Grad-VR-Aufnahmen zu realisieren, das ist das Ziel des neuen Canon Dual-Fisheye-Objektivs RF 5.2 mm F2.8 L.

Alexander Müller: Kreativität und Vielfalt haben bei uns einen hohen Stellenwert, das haben wir bereits mit der Vorstellung unseres neuen VR-Objektivs gezeigt. Dieses Dual-Fisheye-Objektiv ist das erste Glied eines einfacher zu realisierenden VR-Systems in hoher Bildqualität.

Alexander Müller bescheinigt VR großes Potenzial.

Bislang war es nicht möglich, so ein Objektiv in dieser Art und Weise und zu diesem Preis zu entwickeln und zu produzieren — aber wir haben gezeigt, dass es doch geht. Wir haben das System als Antwort auf die steigende Nachfrage nach hochwertigen 3D 180° VR-Inhalten entwickelt.

Nach der Vorstellung erhielten wir einen immensen Zuspruch von Anwendern, die gesagt haben‚ VR war ja ein bisschen weg vom Trend. Aber jetzt, mit dem neuen Objektiv von Canon, kann es wieder aufleben, weil dadurch die VR-Content Produktion viel, viel mobiler und einfacher wird.’

Wir haben unser VR-Objektiv auch schon vielen Interessenten aus dem Event- oder Musikbereich vorgestellt, auch im Bildungssektor oder im industriellen Bereich Demos gemacht. Und da merkt man einfach, wie glücklich diese Anwender sind, dass sie nun endlich für VR-Produktion eine zeitgemäße, kostengünstige Lösung erhalten, mit der sie VR-Content produzieren und damit letztendlich auch wieder Nutzer erreichen können, die sich vielleicht schon abgewendet hatten von solchen Produktionen.

Ich kann an dieser Stelle nur auf eine repräsentative Umfrage der Bitkom hinweisen. Da wurde gesagt, dass jeder fünfte Deutsche durchaus mit VR-Brillen arbeitet. Und es gibt ja viele Gerüchte und Anzeichen, dass vielleicht der eine oder andere große Hersteller aus Amerika eine VR-Brille veröffentlichen wird. Das würde dem Ganzen natürlich wieder Schub verleihen. In der Kombination mit VR sehen wir jedenfalls definitiv viele Möglichkeiten, die sich durch unser neues Dual Fisheye ergeben.

Welche konkreten Einsatzbereiche sind das?

In der Simulation könnte VR eine zunehmend wichtige Rolle spielen.

Alexander Müller: Da ist zum Beispiel das Thema Simulator, da ist das Thema therapeutische Anwendung, zunehmend hört man auch von Fachvorträgen mit VR oder von Forensik mit VR. Es gibt unheimlich viele verschiedene Beispiele, und ich glaube, ich habe noch lange nicht alle aufgezählt. Das Potenzial ist definitiv da, und wir glauben an eine erfolgversprechende Entwicklung.