Branche, Interview, Top-Story: 09.12.2021

Der Personalmarkt verändert sich

film-tv-video.de sprach mit Personalberater Ulf Genzel über die wachsende Nachfrage nach IT-Fachkräften im Medienbereich und über Chancen, sich im verändernden Markt zu entwickeln und neu zu orientieren.


Hat die Medienbranche im Vergleich zu den Googles dieser Welt auch ein Imageproblem? Und wenn ja, wie könnte man es lösen?

Ulf Genzel: Es fängt damit an, dass Unternehmen, aber auch Unternehmer*Innen Employer-Branding nicht als modernen Quatsch abtun sollten, sondern als Herausforderung im positiven Sinne zu betrachten.

Ulf Genzel betont, dass Unternehmen mehr Employer-Branding betreiben sollten.

Weiter sollte zum Beispiel in Vorstellungsgesprächen, aber auch schon in Stellenprofilen auf attraktive Aspekte der Medienproduktion oder auch der Mediendistribution hingewiesen werden. Denn auch wenn es um IT-Positionen geht, reden wir im Medienbereich von besonderen Anforderungen, zum Beispiel sehr hohe Bandbreiten, sehr große Datenmengen, einer extrem hohen Verfügbarkeit in Netzwerken, aber auch von anspruchsvollen Realtime-Anforderungen, die wir in der Medienproduktion und Distribution nach wie vor haben.

Das werden auch Menschen, die in reine IT-Jobs gehen wollen, als interessant wahrnehmen, weil es Anforderungen sind, die deutlich über das hinausgehen, was man aus anderen Industriebereichen kennt.

Der Bedarf an IT-Knowhow wird im Medienbereich weiter ansteigen, aber eben nicht nur hier. Wie kann die Medienbranche auch unter diesem verschärften Personaldruck weitere IT-Kräfte gewinnen?

Ulf Genzel: Ich bin ein großer Freund des Themas »Juniors« — und denke, überall wo Juniors sinnvoll eingesetzt werden können, ist das zu bevorzugen. Dies ist ein guter Weg, um in einer überschaubaren Gehaltsstruktur Einstellungen durchführen zu können und um junge Menschen für ein Unternehmen zu gewinnen.

Um junge Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden, gibt es viele Möglichkeiten.

Überall da, wo man erfahrene Subject-Matter-Experts benötigt, also Menschen, die sofort loslegen können und mit ihrer Expertise Lösungen schaffen, muss man sich an den Marktbedingungen orientieren.

Ein aktives Executive Search, wie wir es bei contagi anbieten, kann eine Personalsuche deutlich beschleunigen, weil wir auf dedizierte und entsprechend qualifizierte Ressourcen zurückgreifen.

Wo wird die uns bekannte Broadcast- und Medienbranche in puncto Personal in fünf Jahren stehen? Wie schätzen Sie den Bedarf außerhalb des IT-Feldes in unserer Branche ein?

Cloud und IT dominieren im Medienbereich die Personalsuche.

Ulf Genzel: In fünf Jahren wird sich aus meiner Sicht der Personalbedarf der Unternehmen in unserem Bereich noch einmal deutlich verändern. Vor kurzem habe ich ein Symposium besucht und dort mit großem Interesse Vorträge verfolgt. Beispielsweise vom WDR zum Thema KI in der Medienproduktion, aber auch in den Bereichen Media Asset Management und der digitalen Archivierung.

Die großen öffentlich-rechtlichen Broadcaster befassen sich sehr aktiv mit diesem Wandel, und das führt zwangsläufig dazu, dass sich auch der Bedarf an Personal verändern wird. Natürlich wird es noch weiterhin Projektleiter*Innen oder Programmplaner*Innen geben. Doch gerade im Technikbereich tut sich in den Unternehmen extrem viel.

Die Personalberatung contagi ist in unterschiedlichen Branchen aktiv.

Häufig werden nun im Operationsbereich Allrounder gesucht, die hochgradig software-basierte Lösungen und Systeme bedienen sollen. Reine IT-Experten sind in anderen Bereichen gefragt, etwa wenn es um Lösungen auf Basis von Amazon Web Services geht. Um so eine Lösung zu planen und zu entwickeln, benötigt man besonders spezialisierte Menschen für die entsprechend angepasste Lösungsarchitektur.

Auch in IT-dominierten Umgebungen werden Allrounder künftig gefragt sein.

Wenn es jedoch um die reine Abwicklung geht, sehe ich tatsächlich langfristig eher den Allrounder, der sich mit möglichst vielen Systemen und Lösungen auskennt. Das ist eine Tendenz, die wir tatsächlich auch in der Veranstaltungstechnik beobachten, wo mittlerweile Hybrid-Veranstaltungen zunehmen, die parallel zur Produktion in einer Location auch gestreamt werden. Da ist es in der Regel erforderlich, dass sich die jeweiligen Personen selbstverständlich auch gut mit IT auskennen.

Wenn sich der Medienbereich immer stärker dem IT-Bereich nähert, welche Konsequenzen hat dies dann für die Unternehmen in Bezug auf Personalkosten, Ausrichtung, notwendige Größe?

Ulf Genzel: Es ist aus meiner Sicht deutlich erkennbar, dass die Personalkosten in unserer Branche steigen werden.
Auch die Aufstellung der Unternehmen an sich wird sich verändern, etwa durch die gezielte Zusammenlegung von Unternehmensbereichen und durch neue Geschäftsfelder, die ins Portfolio aufgenommen werden – wie etwa das Consulting.

Seit September 2019 kooperiert Ulf Genzel Consulting mit der international tätigen Beratungsgesellschaft contagi.

Gibt es denn aus Ihrer Sicht noch Einsatzgebiete, in denen man sich mit dem Know-how der klassischen Medientechnologie in anderen Bereichen gut einbringen kann?

Ulf Genzel: Da sehe ich zum Beispiel den ganzen Sektor Automotive, der sich ja klar in Richtung Vernetzung von Fahrzeugen entwickelt und immer mehr künstliche Intelligenz eingesetzt wird, IoT-Lösungen notwendig werden und – last but not least – sehr hochauflösendes Videomaterial ganz stark an Bedeutung zunimmt – beispielsweise zur Steuerung von autonomen Fahrzeugen. Ich denke, das ist ein sehr spannendes Einsatzgebiet für Menschen, die sich ohnehin schon sehr gut mit Bildverarbeitung auskennen und sich möglicherweise auch langfristig in solche zukunftsträchtigen Bereiche hineinentwickeln wollen. Die contagi Group ist als Personalberatung übrigens auch in diesem Feld erfolgreich aktiv.

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