Branche: 04.08.2021

Immer noch umkämpft: »Das Boot«

Vergleich zu Folgevergütung von »Das Boot« an Kameramann Jost Vacano.

Das Boot, Logo
»Das Boot« kam 1981 in die Kinos.

Seit 2008 schwelt ein Rechtsstreit zwischen dem DoP Jost Vacano und den Rechteinhabern des Films »Das Boot«. Der Film kam 1981 ins Kino, wurde 1985 als TV-Mehrteiler gesendet und erschien 1997 in einer Director’s-Cut-Version auf DVD und Blu-ray. »Das Boot« wurde seither auch rund 100 mal auf verschiedenen TV-Kanälen gesendet. Er wurde prämiert und war auch wirtschaftlich erfolgreich.

Beim Rechtsstreit geht es im Kern um die Frage, ob Jost Vacano im rechtlichen Sinn Miturheber dieses Werks ist und damit auch Folgevergütung erhalten muss, wenn der Film wieder auf anderen Trägern oder anderen Plattformen veröffentlicht oder im Fernsehen ausgestrahlt wird.

Die Beteiligten des aktuellen Vergleichs haben zugestimmt — wahrscheinlich aber nicht ganz so zackig wie die Schauspieler auf dem Szenenfoto von »Das Boot«.

Dass Vacano — neben Regisseur Wolfgang Petersen — als Kameramann des Films künstlerisch ein sehr wichtiger Miturheber und Gestalter des Films ist, das ist letztlich unstrittig.

Aber weil es eben auch um Geld geht, wird seit vielen Jahren in mehreren Verfahren gerichtlich darüber gestritten, ob Vacano auch rein rechtlich betrachtet Miturheber ist.

Mal hatte Vacano die Oberhand, dann wieder die Rechteinhaber, zu denen im Endeffekt die ARD-Anstalten und deren Tochter Bavaria Film sowie der Videoverwerter Eurovideo gehören.

Nach Abschluss der Dreharbeiten erhielt Vacano eine Pauschalvergütung. Auf Basis des »Fairnessparagrafs« war das aber zu wenig und Vacano verlangte eine Folgevergütung.

Nun wurde in einem der Verfahren ein Vergleich geschlossen, den das Oberlandesgericht Stuttgart vorgeschlagen hatte und den laut einer Gerichtssprecherin alle Beteiligten fristgerecht angenommen haben.

Der mittlerweile 87-jährige Vacano erhält laut Medienberichten 160.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer.

Jost Vacano, 2011, © Joachim Giel
Jost Vacano, 2011.

Vacano hatte nach Abschluss des Drehs eine Pauschalvergütung von umgerechnet rund 100.000 Euro erhalten. Damit waren aus Sicht der Rechteinhaber die Leistungen von Vacano abgegolten.

Später änderte sich aber die Gesetzeslage, der sogenannte »Fairnessparagraf« wurde eingeführt: Demnach steht, wenn zwischen der ursprünglichen Vergütung und den im weiteren Verlauf erzielten Erträgen ein »auffälliges Missverhältnis« besteht, dem Urheber eine nachträgliche »angemessene Beteiligung« zu.

»Das Boot« wurde ja oscar-nominiert und mit anderen Preisen prämiert, er war wie eingangs schon erläutert, auch international wirtschaftlich sehr erfolgreich — und deshalb verlangte Vacano eine Folgevergütung.

Alarm: Dieses Szenenfoto aus »Das Boot« dürfte auch die Stimmung der ARD-Sender nach dem Urteil von 2018 getroffen haben.

2018 hatte der Kameramann vor Gericht gewonnen und Vacano wurden netto 315.000 Euro zugesprochen, aber die beklagten acht Rundfunkanstalten gingen daraufhin in Revision.

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil 2020 auf und deshalb wurde nun erneut verhandelt. Parallel zu diesem Fall führt Vacano auch eine Klage gegen die Bavaria Film, den WDR und den Videoverwerter Eurovideo. Ob die Bavaria und Eurovideo nun auch einen Vergleich schließen, war zunächst nicht zu erfahren.

Arbeitsfoto »Das Boot«.

Der Berufsverband Kinematografie BVK, dessen Ehrenmitglied Jost Vacano ist, betrachtet den geschlossenen Vergleich »mit gemischten Gefühlen« und findet, dass die öffentlich-rechtlichen Sender nicht über angemessene Nutzungsvergütungen verhandeln. Gleichzeitig wirft der BVK den Sendern vor, mit »nicht repräsentativen Gewerkschaften äußerst flache Abschlüsse zu vereinbaren«. Der jetzige Vergleich in Sachen »Das Boot« sei angesichts dessen »kein wirklicher Lichtblick«.

Das Produktionsteam von »Das Boot«, entstanden bei der Bavaria.

Laut BVK besteht die Nachvergütung von 160.000 Euro auf Basis des Vergleichs aus der für die Vergangenheit zustehenden Vergütung plus Zinsen. An zukünftigen weiteren Verwertungen von »Das Boot« muss Jost Vacano weiter finanziell beteiligt werden.

Weiter erläutert der BVK: »Die ARD-Anstalten hatten den Film seit 1982 intensiv ausgewertet und über 100 Mal ausgestrahlt, wobei im Verfahren aber nur Sendungen seit dem Jahr 2002 berücksichtigt werden konnten. Im Gegensatz zu anderen Beteiligten hatte Vacano für die Ausstrahlungen keinen Cent zusätzlich erhalten.«

Und weiter: »Die Mitglieder des BVK gratulieren Jost Vacano und freuen sich, dass dieser Teil der Klagen gegen Verwerter von ‚Das Boot‘ nun erledigt werden konnte. Wir drücken für den Ausgang des Münchener Verfahrens, in dem noch über Folgevergütungen seitens der Bavaria Film und der EuroVideo zu entscheiden ist, herzhaft die Daumen! Allerdings schmerzt es, erkennen zu müssen, dass dieses Verfahren durch alle Instanzen nicht für größere Offenheit und Verhandlungswillen der Sender gesorgt hat. Offenbar zieht man es vor, Fernsehgebühren gegen Filmurheber zu verwenden, als für sie!«

Jost Vacano, 2021, © Hans Albrecht Lusznat
Jost Vacano, 2021.

Jost Vacano selbst merkt laut BVK an: »Nach eineinhalb Jahrzehnten Kampf mit hohem persönlichen Einsatz bin ich froh, die Klage in Stuttgart gegen die ARD-Anstalten als erledigt ansehen zu können. Ich hatte gehofft, dass die Öffentlich-Rechtlichen verstehen, dass man mit den Kameraleuten verhandeln sollte, aber das haben bislang leider nur private Anbieter begriffen. Ausgerechnet die Öffentlich-Rechtlichen tun so, als müsse man sich nicht mit den urheberrechtlich relevanten Verbänden verständigen. Ein Armutszeugnis.«

 

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Bildrechte
Deutsches Filmmuseum Frankfurt, Bavaria Film, Constantin, Joachim Giel, Hans Albrecht Lusznat

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