Panel: Nachrichtenproduktion im Wandel
CGI organisierte eine Panel-Diskussion zum Thema »Medienkonsum im Wandel – Konsequenzen für Medienproduzenten«.
Wie beeinflussen Social-Media-Plattformen oder auch Streaming Services unseren Medienkonsum? Mit dieser Frage setzte sich während der Düsseldorfer Startup Woche ein Panel auseinander, das der Hersteller CGI initiierte.
Teilnehmer:
- Prof. Markus Kaiser, Technische Hochschule Nürnberg
- Andreas Lützkendorf, ARD
- Florian Meyer-Hawranek, Bayerischer Rundfunk
- Robert Förster, RTL Disney
- Michael Thielen, CGI Media Solutions
Vertreter der öffentlich-rechtlichen und privaten Broadcaster beleuchteten die Fragen, wie sich der Medienkonsum in den nächsten Jahren weiter verändern könnte und wie man sich darauf einstellen kann. Sie gingen zudem darauf ein, welche Rolle Startups in diesem Prozess spielen können.
Dass neue Social-Media-Kanäle für etablierte Medienhäuser eine wichtige Rolle spielen, betont Andreas Lützkendorf von der ARD. Viele junge Leute seien auf Tik Tok unterwegs, weshalb die Tagesschau auch dort vertreten sein müsse, wenn sie diese Zielgruppe ansprechen wolle. Neben harten Nachrichten biete die Tagesschau auf dieser Plattform viele »Wir über uns«-Beiträge. Während der Pandemie habe man mit den Inhalten jungen Menschen auch Lebenshilfe geboten.
Für Florian Meyer-Hawranek vom BR gab es mit dem Wegfall von UKW-Frequenzen für Puls einen ganz konkreten Anlass, sich im digitalen Bereich zu etablieren. »Wir müssen dahin gehen, wo die Leute sind«, sagt er. Natürlich könne man heutzutage auch im linearen Programm noch eine sehr große Zielgruppe erreichen, müsse aber viele junge Leute insbesondere in der digitalen Welt abholen. Allerdings: »Die jungen Leute« gebe es nicht, weshalb man seine Inhalte auch auf unterschiedlichsten Kanälen anbieten müsse.
RTL Disney startete mitten in der Corona-Pandemie das Toggo Webradio, ein 24/7 Kinder- und Familien-Vollprogramm auf allen digitalen Verbreitungswegen, inkl. DAB+. Der Sender habe sich Gedanken darüber gemacht, wie er sich verändern müsse, um präsent zu sein, erklärt Robert Förster, Super RTL. Man habe erkannt, dass es neue Wege brauche, dass man auf sämtlichen Plattformen vertreten sein sollte. Daraus entstand die Idee für ein Webradio mit aktueller Berichterstattung – mit dem Ziel, aktuelle Inhalte für Kinder aufzubereiten. Das Komplettangebot für Familien und Kinder sei sehr erfolgreich, so Förster.
Michael Thielen von CGI sagt: »Wir merken, dass die gesamte Medienlandschaft im Wandel ist, wenngleich uns das keine Angst macht. Es geht eher darum, wie man mit neuer Technik all diese neuen Plattformen bewältigen kann.«
Florian Meyer-Hawranek von Puls findet, dass sich an der grundlegenden journalistischen Arbeitsweise auch angesichts neuer Plattformen nichts verändert habe. Um auf einer Plattform erfolgreich zu sein, müsse man sich aber die Frage stellen, was die Plattform ausmache und wie man arbeiten müsse, um die jeweiligen Nutzer plattformgerecht zu erreichen. Er ergänzt: »Wenn man es gut machen will, kann man nicht alles gleichzeitig machen – man muss sich auch beschränken.«
Das sieht auch Robert Förster so: »Man darf auch weglassen, man muss nicht überall vertreten sein.«
Andreas Lützkendorf betont, wie wichtig es sei, Inhalte nicht 1:1 auf allen Plattformen auszuspielen. Das funktioniere nicht. »Der Traum des crossmedialen Redakteurs ging nicht auf.« Vielmehr müsse man die jeweilige Plattform verstehen, wenn man erfolgreich sein wolle. »Deshalb müssen wir uns ganz überlegen, wo wir vertreten sein wollen, denn wir haben nicht endlose Ressourcen«, so Lützkendorf.
Florian Meyer-Hawranek ergänzt, dass man zudem auch den Rückkanal berücksichtigen und die Zielgruppe einbeziehen müsse. Puls hat beispielsweise für Snapchat die Webserie » I am Josephina« entwickelt, wo man einen tiefen Einblick in das Leben einer jungen Frau bekommt. Dabei handelt es sich um die erste Serie auf Snapchat, eine inszenierte Geschichte, die auf einem Drehbuch basiert. Gestartet ist die Serie noch unter dem Namen » Iam Serafina«, mittlerweile gibt es aber Josephina, eine neue Hauptdarstellerin. Nutzer können reagieren und bestimmten die Story sogar mit – als wäre die Serie «echtes Leben«.
Die Webserie ist ein erfolgreiches Projekt von Puls. Im Idealfall, so Florian Meyer-Hawranek, könne die ganze BR-Senderfamilie von solchen Innovationen profitieren, das sei die Zielsetzung.
Robert Förster betont, dass nicht jedes neue Format funktioniere, dass es aber essenziell sei, immer wieder etwas Neues auszuprobieren. Den Satz »Das haben wir schon immer so gemacht«, dürfe es dabei nicht geben. Eine schnelle und agile Content-Hub-»Denke« mit ihren Reviews und die Methodiken von Startups sollten sich auch Medienunternehmen aneignen, findet Förster: Ziele für ein Quartal festlegen, aus kleinen Teams Mikro-Projekte generieren, die dann bei Erfolg weiter wachsen könnten – das sei bei der Entwicklung neuer Formate definitiv hilfreich. Andreas Lützkendorf bestätigt das und ergänzt, dass man sich dabei »Freedom to Fail« gewähren müsse.
Auch Michael Thielen von CGI findet, dass man insbesondere von der Anpackmentalität von Startups viel lernen könne — nur dann bleibe man agil. Als Hersteller müsse man dafür sorgen, dass es mit Hilfe neuer Techniken einfacher werde, mit unterschiedlichsten Plattformen zu arbeiten. Er betont: »Agilität ist nicht das Anwenden eines Prozesses, sondern eine andere Herangehensweise an Dinge, bei der alle lernen müssen.«
So können neue Produkte, Formate und Technologien entstehen, die sich als nützlich erweisen. »Speech-to-Text« etwa sei eine Funktion, die es noch gar nicht so lange gebe, die aber viele Abläufe vereinfacht habe. Das wirft die Frage auf, ob Künstliche Intelligenz auch an anderer Stelle weiterhelfen kann. Andreas Lützkendorf findet, dass KI durchaus viel Potenzial biete, meint aber, dass man darüber die Authentizität dessen, was man tue, nicht vergessen sollte.
Fazit
Gefragt nach dem Blick in die Glaskugel prognostizierten die Panel-Teilnehmer zwei große Trends: Demnach werde es eine zunehmende Individualisierung von Angeboten geben, wobei auch KI eine große Rolle spielen könnte. Und zudem werde es mehr Co-Creating und mehr Zusammenarbeit mit der Community geben.
Robert Förster sagt in diesem Kontext aber auch: »Wir müssen wissen, wofür wir stehen, sonst verwässern wir unsere Assets.«