Canon-PTZ-Kameras: Hintergrund-Interview
Alexander Müller von Canon beantwortete Fragen von film-tv-video.de zu den jüngst angekündigten PTZ-Kameras von Canon.
Aus welchen Bereichen kommen nach Ihrer Einschätzung PTZ-Anwender, die sich für Canon-Kameras interessieren? Broadcaster, Corporate- und Industrieanwender, Kirchen?
Alexander Müller: Der klassische PTZ-Markt steht natürlich auch für uns im Fokus. Aber ich glaube, dass sich viele Dinge jetzt gerade verändern. Das betrifft das Thema Video-Streaming, aber generell das Thema, wie Unternehmen mit ihren Kunden kommunizieren. Der gesamte Bereich befindet sich im Wandel.
Hier entstehen einerseits neue Märkte für unsere PTZ-Kameras: Blogger, Influencer, Fitness-Studios, Kirchen. Aber die PTZ-Kameras können andererseits auch in Kombination mit anderen Kameras in bestehenden Märkten genutzt werden: Auch klassische AV-Produktionsfirmen und TV-Sender werden solche Kameras verwenden, denn PTZ-Kameras bieten hier hervorragende Möglichkeiten, um neue Blickwinkel, Perspektiven und Looks umzusetzen.
Dann sprechen wir bei PTZ-Kameras natürlich auch über große Firmenveranstaltungen, Festivals und viele andere, die nun auf IP-Streaming gesprungen sind — und dieser Bereich wird in den nächsten Jahren noch weiter wachsen. Ich glaube nicht, dass wir jetzt schon ein Plateau erreicht haben, das Ganze wird als neue Form der Kommunikation bleiben.
Wird der PTZ-Markt künftig mehr und mehr die Bereiche erobern, die bislang Broadcast-Kameras vorbehalten waren?
Alexander Müller: Das ist eine berechtigte Frage, die wir uns natürlich auch selbst gestellt haben. Das Schöne ist aber, dass wir jetzt in beiden Märkten aktiv unterwegs sind — und wir haben die langjährigen, über Jahrzehnte gewachsenen Erfahrungen im Broadcast-Bereich.
Der Sportbereich etwa braucht immer mehr Blickwinkel, mehr Kameras. Die Kombination aus klassischen Broadcast- und PTZ-Kameras ist dort sehr willkommen, auch weil man flexibler ist und sich rasch an wechselnde Produktionsbedingungen und -standorte anpassen kann.
Sehen Sie auch eine Tendenz, dass die Anwendung diverser Kameratypen immer fließender wird?
Alexander Müller: In diesem Aspekt wird der Markt definitiv breiter. Das ist aber nicht allein durch PTZ geschehen, sondern schon durch die spiegellosen Kamerasysteme entstanden — und zwar bei allen Wettbewerbsteilnehmern. Man kann heutzutage im Produktionsbereich problemlos unterschiedlichste Kameratypen einsetzen. Wenn die Qualität passt, kann man das im Grading so bearbeiten, dass der Content insgesamt auch harmonisch aussieht.
Ich glaube also schon, dass die früheren Grenzen sehr stark verschwimmen werden. Zukünftig kann man Produktionen aus klassischen Broadcast-Kameras einfacher auch im Zusammenspiel mit spiegellosen oder PTZ-Kameras verwenden.
Ich will nicht sagen, dass man am Set in Zukunft alle Arten von Kameras benötigt und sie auch tatsächlich einsetzen wird. Aber ich denke, die Anwender haben in Zukunft immer mehr Möglichkeiten, flexibel auf die Situation und auch auf die Produktionsausrichtung zu reagieren — und einfach jeweils die passende Kamera einzusetzen.
Von vielen Filmemachern habe ich gelernt: Wenn ich ein Standardprodukt produzieren will und dafür Standard-Equipment einsetze, mache ich sicher nichts falsch. Aber möchte ich mich abheben in meiner Produktion, dann sind neue Objektive, neue Kameras, neue Einstellungsmöglichkeiten, die ich mit diesen neuen Kameras umsetzen kann, sehr gefragt. Und ich glaube, da wird das Thema PTZ neben den spiegellosen Systemkameras in Zukunft eine sehr große Rolle spielen.
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