Branche, Kommentar: 28.05.2018

IRT-Finanzskandal: Unter den Teppich damit

Es fällt immer schwerer, sich des Verdachts zu erwehren, dass beim IRT-Finanzskandal so manche Leiche im Keller liegt. Nun wird der Finanzskandal rasch unter den Teppich gekehrt. Maßgeblich Beteiligten liegt offenbar nichts an einer vollständigen Aufklärung: Im Zivilverfahren wurde ein Vergleich vereinbart — und gleich auch noch Stillschweigen über dessen genauen Inhalt. Das IRT bekommt zunächst mal 60 Millionen Euro statt der ursprünglich in Rede stehenden 200 Millionen.

IRT-Finanzskandal, Schilder, © Nonkonform
Im Strafverfahren vertrat der BR die Interessen des IRT und von dessen Gesellschaftern.

Der Kern der Auseinandersetzung im IRT-Finanzskandal ist rasch erläutert: Ein Patentanwalt soll gemeinsam mit dem in Italien angesiedelten Patentverwerter Sisvel gegenüber dem Institut für Rundfunktechnik (IRT) die Höhe der Einnahmen aus bestimmten IRT-Patenten verschleiert und große Teile der Patenterlöse selbst eingestrichen haben. So lautete der Vorwurf der Kläger, den sowohl der Patentanwalt, wie Sisvel bestritten. Beim IRT und seinen Gesellschaftern hatte das Ganze angeblich über Jahre hinweg niemand bemerkt.

IRT-Finanzskandal, Gebäude, © Nonkonform
Der Finanzskandal von dem das IRT betroffen ist, blieb allem Anschein nach jahrelang unbemerkt.

Schließlich wurde der Rechtsweg beschritten, der Patentanwalt wurde in Untersuchungshaft genommen, Staatsanwälte und Kripo wurden aktiv, es wurden ein Straf- und ein Zivilprozess eingeleitet. Da konnte man als Außenstehender schon vermuten, dass die Vorwürfe nicht völlig aus der Luft gegriffen waren. Und da das IRT gemeinsam von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland, Österreich und der Schweiz getragen wird, hätte man sich als Bürger eines dieser Länder eine tiefgehende, saubere, vollständige Aufklärung und Aufarbeitung des Sachverhalts gewünscht. Dazu wird es nun aller Voraussicht nach nicht kommen.

In einer Meldung des BR hierzu heißt es: »Bereits Ende Januar hatte das Landgericht München I wegen der komplexen juristischen und wirtschaftlichen Fragen ein gerichtsinternes Güte- und Mediationsverfahren angeregt. In diesem Verfahren wurde jetzt folgender Vergleich beschlossen: Der Beschuldigte und seine Verwaltungsgesellschaft zahlen dem Institut für Rundfunktechnik 60 Millionen Euro und übertragen Ansprüche, die sie gegenüber Dritten haben, an das IRT. Dafür erklären die Parteien, dass sie infolge des gerichtlichen Vergleichs kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung haben. Über weitere Details der Vereinbarung wurde Stillschweigen vereinbart.«

film-tv-video.de hatte über den Auftakt des Zivilverfahrens berichtet und auch in früheren Artikeln über den IRT-Skandal informiert: Teil 1, Teil 2, Teil 3.

Nun ist also der erste Druck weg und es wird wohl noch ein weiteres, über Jahre hinausgezogenes juristisches Geplänkel folgen, wie es in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung zu diesem Thema beschrieben wird.

IRT-Finanzskandal, Gebäude, © Nonkonform
So renommiert das IRT im Forschungsbereich ist, so massive Defizite gab es ganz offenbar in dessen Verwaltung.

Dieser SZ-Artikel enthält auch viele weitere Details und Hintergründe des IRT-Skandals, die in der Summe keine der Prozessparteien in einem besonders vorteilhaften Licht erscheinen lassen. Vielmehr drängen sich bei der Lektüre Begriffe wie Unfähigkeit, Skrupellosigkeit und andere unschöne Worte auf — so gab es offenbar auch erstaunliche Verwechslungen, Gedächtnislücken und Freundesbande.

Es bleibt also nach dem in Sachen IRT geschlossenen Vergleich definitiv ein bitterer Nachgeschmack, weil damit möglicherweise institutionelles und vielleicht auch persönliches Versagen am IRT und bei seinen Gesellschaftern gedeckt und versteckt werden, weil allem Anschein nach wieder einmal Seilschaften über den Aufklärungswillen gesiegt haben.

IRT-Finanzskandal, Logo, © Nonkonform
Werden weitere Teile der ursprünglich in Rede stehenden 200 Millionen Euro am IRT ankommen?

Der Wille, nachträglich den eigenen Laden aufzuklären und aufzuräumen, er fehlt. Über Jahre hinweg wurde ganz offenbar unsauber agiert. Trotzdem folgen im IRT-Finanzskandal keinerlei von außen sichtbare oder nach außen kommunizierte Folgen. Fehlanzeige auch beim Thema Transparenz — mit der die öffentlich-rechtlichen Anstalten in anderen Bereichen beim Gebührenzahler angeblich punkten wollen. Was in den letzten Jahren teilweise ganz vielversprechend begonnen und praktiziert wurde, das sieht in diesem Fall leider ganz anders aus.