Silbersalz: Neues Filmlabor in Stuttgart
Mit Silbersalz eröffnet in Stuttgart ein neues Filmlabor, das die Produktion auf chemischem Film erhalten will.
Die Digitaltechnik hat sich in vielen Bereichen als disruptive Technologie erwiesen, so auch in der Filmbranche: Digitale Kameras haben mit immer besserer Bildqualität zu immer günstigeren Preisen den Filmmarkt im Aufnahmebereich bis auf einige Nischen übernommen. Auch in der Vorführung sind die mechanischen Projektoren aus dem normalen, kommerziellen Bereich weitestgehend verschwunden. Die Vorteile der digitalen Technik haben die analoge Technik weitgehend verdrängt.
Schon im Jahr 2012 waren erstmals mehr Hollywood-Kassenschlager digital aufgenommen worden, als auf chemischem Film. Im selben Jahr ging Kodak in die Insolvenz an – alles deutete also vor ein paar Jahren darauf hin, dass der chemische Film endgültig verschwinden würde.
Dann aber machten sich Regisseure wie Quentin Tarantino, Christopher Nolan und J. J. Abrams für die Erhaltung des chemischen Films stark. Kodak gelang es, mit einigen großen Studios eine Vereinbarung zu schließen, die es ermöglichen soll, den chemischen Film zu erhalten. Seither wurden einige wenige Spielfilme — wie etwa »Dunkirk«, »The Hateful Eight« und die jüngsten »Star Wars«-Filme — ganz oder teilweise auf Film gedreht. Zumindest in Hollywood scheint der Film also weiter zu leben.
Aus der Sicht von Josua Stäbler, CEO bei Silbersalz Film, sind auch in Deutschland ähnliche Tendenzen zu erkennen, hier aber eher bei Kurzfilmprojekten. Stäbler und seine beiden Mitgründer von Silbersalz, Thomas Bergmann und Kyrill Ahlvers, sind so zuversichtlich, dass es ein nennenswertes Analogfilm-Revival geben wird, dass sie sich zur Installation eines Inhouse-Filmlabors entschlossen. Auf dieser Basis will die Stuttgarter Produktionsfirma künftig Aufzeichnung, Processing, Scanning und Postproduktions-Services für Analogfilm anbieten.
»Vor einigen Jahren wechselten alle zum Digitalfilm – auch wir«, erläutert Stäbler. »Als Kreative und DoPs fanden wir den Look, den man mit Film erreichen konnte, zwar stets unverändert erstrebenswert, die Kunden aber hatten daran einfach kein Interesse mehr. Film galt als veraltete, viel zu teure Technologie. Außerdem fehlten zwischenzeitlich auch die Fachkenntnisse für Filmentwicklung, das Handling und die Digitalisierung der Filmrollen.«
Film is back
Stäbler konstatiert: »Heutzutage sehen aber immer mehr Leute auch wieder die Vorteile von Analogfilm. Gleichzeitig haben sich die Preise für Filmentwicklung und Scanning deutlich nach unten bewegt, unter anderem dank preisgünstigerer Technik von Herstellern wie etwa Blackmagic Design. Das bedeutet, dass auch ein vergleichsweise kleines Unternehmen wie unseres, seine Leidenschaft für Film als Medium ausleben kann.«
Silbersalz Film hatte in dieser Marktsituation bereits in nennenswertem Umfang in 16- und 35-mm-Kameras investiert und sich dann dazu entschlossen, eine kleinere, umweltfreundlichere Filmentwicklung aufzubauen, um die eigenen Filmaufnahmen entwickeln zu können. Damit war Silbersalz in der Lage, Filme zeitnah zu entwickeln, denn die Filmrollen mussten nun nicht mehr extra in ein Labor nach London geschickt werden. Um die Filme im eigenen Haus zu Digitalisieren, entschied sich das Unternehmen für den Kauf eines Cintel-Filmscanners von Blackmagic. Das Filmmaterial wird damit in 4K-Raw gescannt.
Hub: DaVinci Resolve Studio
»Wir sind schon vor Jahren auf DaVinci Resolve Studio umgestiegen und nutzen diese Software mittlerweile als zentralen Hub für den Ingest von Analogmaterial und das Finishing in der Postproduktion — daher bot sich der Cintel-Scanner für uns an«, erläutert Stäbler. »Damit sind wir nun in der Lage, 16- und 35-mm-Material in Echtzeit zu digitalisieren — direkt in Resolve. Das bedeutet, dass wir ProRes 4444 Proxies erstellen und damit unmittelbar mit der digitalen Postproduktion beginnen können. Ein Round-Trip-Workflow zwischen Scanning, Editing und Grading entfällt somit. Der Scanner ist für uns die perfekte Brücke, die analoge und digitale Workflows verbindet.«
Die Idee eines neuen Filmlabors erwies sich bei den Silbersalz-Kunden bereits als großer Erfolg. »Potenzielle Kunden sehen den Cintel-Scanner in unserer Lobby und üblicherweise ist das der Ausgangspunkt für ein Gespräch, in dem es darum geht, zu ermitteln, mit welchem Medium sie arbeiten möchten und welche Vorteile hier sowohl digitale wie auch analoge Workflows bieten«, erläutert Stäbler. Er stellt sich damit auch gegen jene Stimmen in der Branche, die die Wiederbelebung von Film nur als Nostalgie oder Reaktion auf einen »digitalen Overflow« abtun.
Vorteile von Film
»Es mag an unserem Hintergrund als DoPs liegen, aber aus unserer Sicht sieht Film einfach ästhetischer und schöner aus. Analog bietet Zugang zu so viel Kreativität – es gibt unzählige Typen von Filmmaterial, aus denen man wählen und mit denen man unterschiedliche Wirkungen erzielen kann. Ganz allgemein gesprochen, kann Film auch durch das sanftere Abfallen der Highlights, die Tonalität und ganz generell die Farbreproduktion punkten. Selbst technische Defizite, wie etwa Korn und Rauschen können atmosphärisch positiv zur Wirkung der Bilder beitragen. Andere Bildelemente wie etwa Hauttöne scheinen einfach immer dann am besten auszusehen, wenn sie mit Film gedreht wurden. Außerdem ist die Auflösung von Film aufgrund seiner photochemischen Natur unerreicht und zukunftssicher — auch bei 4K-, 8K- und 16K-Mastern«, bilanziert Stäbler.
Filmlabor
Nun, da das neue Filmlabor in Betrieb ist und es auch schon Pläne für ein mobiles Setup für Filmentwicklung und Scanning direkt am Set gibt, das dann in ganz Europa in Betrieb gehen könnte, ist Silbersalz für alle Trends und Marktentwicklungen gerüstet. Wie schätzt man bei Silbersalz die generelle Entwicklung ein: Wird der chemische Film die digitale Aufnahme sogar wieder zurückdrängen?
»Nein,« stellt Josua Stäbler eindeutig klar. »Wir sind große Analog-Fans, aber das bedeutet nicht, dass wir unsere Digitalkameras nicht mehr nutzen werden. Digital bietet viele Vorteile. Wir glauben aber, dass die Frage, ob man mit Film oder eher digital aufzeichnet, ähnlicher Natur sein sollte wie bei einem Künstler, der entscheidet, ob er mit Öl oder mit Wasserfarben arbeiten möchte. Gleichgültig, ob man nun Hollywood-Regisseur ist oder Werbefilme in Stuttgart dreht – man sollte immer die Wahl haben.«