Editorial, Kommentar, Olympia: 08.02.2018

Olympisches Fieber?

In wenigen Stunden werden die Olympischen Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang eröffnet. Wird der Funke des olympischen Feuers noch einmal auf das TV-Publikum überspringen? Wird sich Begeisterung breit machen und werden Millionen bei den Wettkämpfen mitfiebern?

Oder dämpfen die intensive Durchkommerzialisierung, die massiven Korruptionsfälle und die drastischen Dopingskandale, die mittlerweile eben auch zu Olympia gehören, den Enthusiasmus und die Bereitschaft der Zuschauer, sich auf dieses Ereignis einzulassen?

Früher waren Olympische Spiele Quotengaranten für die TV-Sender, die Fans wollten die Geschicke der Athleten verfolgen, litten und jubelten in reicher Zahl mit. Ob das noch einmal im früheren Ausmaß klappt?

Olympisches Fieber
Olympia: Quotengarant oder Geldgrab?

Möglichkeiten, dem Wintersport im TV zu frönen, wird es in diesem Jahr in Deutschland in größerem Umfang geben, als je zuvor. Rechteinhaber Discovery wird über seine hierzulande verfügbaren Sender ein breites, vergleichsweise aufwändiges Programmangebot fahren (mehr dazu in einem Artikel). Außerdem haben ARD und ZDF sich im Sommer 2017 doch noch mit Discovery auf eine Sublizenzierung geeinigt, so dass die Winterspiele auch im Programm der Öffentlich-Rechtlichen eine größere Rolle spielen werden — wenn auch nicht mehr ganz so dominant wie früher.

In Summe aber, wird es in diesem Jahr wahrscheinlich mehr Winterspielübertragungen und -berichterstattung in deutscher Sprache geben, als jemals zuvor: zumindest online und im TV.

Es wird sich zeigen, ob wir also die absurde Situation erleben, dass mehr Olympia verfügbar sein wird als je zuvor, sich aber viel weniger Menschen dafür interessieren. Und wenn wir schon bei Absurditäten sind: Wikipedia sagt uns, dass der Landkreis Pyeongchang 43.706 Einwohner zählt, die Kreisstadt selbst kommt auf 9.940 Einwohner. Nicht gerade optimale Voraussetzungen, um ein internationales Großereignis nachhaltig und umweltverträglich auszurichten. Immerhin können die Koreaner nach den Spielen von den modernen Wintersportstätten profitieren. Oder sagen wir mal: Sie könnten es, wenn sie denn wollten. Wintersport ist in Korea nämlich vergleichsweise unpopulär und Pyeongchang liegt weit ab vom Schuss. Kritiker der Spiele können also schon mal einen Bericht über die Sportruinen der Winterspiele in ein paar Jahren einplanen.

Aber so weit ist es noch nicht: Hoffen wir für die Athleten und die Wintersportbegeisterten, dass die Spiele noch einmal die Kurve bekommen und wieder in die Spur kommen, die sie aus der Sicht einer wachsenden Zahl von Menschen verlassen haben. Wohnt dem von den Funktionären so oft beschworenen olympischen Geist und Gedanken noch genug Kraft inne, um die negativen Aspekte niederzuringen und den Sport zu erneuern?

Quotenseitig jedenfalls ist klar: Wer ARD oder ZDF schaut, der schaut nicht gleichzeitig Eurosport — und umgekehrt.
 
Sie werden sehen.