Nächster Akt im IRT-Skandal: Zivilverfahren hat begonnen
Die Konfrontation der gegnerischen Parteien im IRT-Skandal um dem Institut möglicherweise vorenthaltene Lizenzeinnahmen in Höhe von rund 200 Millionen Euro, ging nun in die nächste Runde: Der Zivilprozess hat begonnen.
Zwischen dem Institut für Rundfunktechnik (IRT) und einem früher dort angestellten und später viele Jahre als Dienstleister für das Institut tätigen Patentanwalt, gibt es eine rechtliche Auseinandersetzung. Im Kern geht es beim IRT-Skandal um rund 200 Millionen Euro an Lizenzeinnahmen, die dem IRT zustehen sollen, die dort aber nicht angekommen sind. Es gibt in dieser Sache ein Strafverfahren, der Patentanwalt saß zeitweise in Untersuchungshaft. Parallel dazu läuft auch ein Zivilprozess, in dem das IRT versucht, an das Geld heranzukommen.
Der Patentanwalt soll gemeinsam mit dem in Italien angesiedelten Patentverwerter Sisvel gegenüber dem IRT die Höhe der Einnahmen aus den IRT-Patenten verschleiert und große Teile selbst eingestrichen haben, lautet der Vorwurf der Kläger, den sowohl der Patentanwalt, wie Sisvel bestreiten.
Vor dem Landesgericht München trafen nun am 25. Januar 2018 die beiden Parteien aufeinander: Das IRT und der BR (als Vertreter der IRT-Gesellschafter) einerseits, der Patentanwalt und dessen Gattin — als Geschäftsführerin einer GmbH, in der mutmaßlich Geld geparkt wurde — andererseits. Um es gleich vorwegzunehmen: Zu einem Urteil ist es bisher nicht gekommen. Vielmehr hofft das Gericht, dass sich beide Parteien in einem Mediationsverfahren einigen können, also einen Vergleich erarbeiten.
Zivilprozess im Überblick
Das ist schon eine sehr verzwickte Situation, die sich im Justizpalast am Lenbachplatz in München am Morgen des 25. Januar 2018 präsentierte. Auf der einen Seite als Kläger das IRT, auf der anderen Seite der Patentanwalt und dessen Familie, die persönlich und mit einer familieneigenen Firma in den Fall verwickelt sind. Seit April 2017 schon wird gegen den Anwalt und dessen Frau ermittelt (siehe auch frühere Artikel zum IRT-Skandal: Teil 1, Teil 2, Teil 3).
Gute vier Monate saß der Angeklagte bereits in Untersuchungshaft, wurde dann aber freigelassen, weil die Staatsanwaltschaft keinen Grund sah, dem betagten Beklagten den Freiheitsentzug länger zuzumuten. Geklärt ist der Fall allerdings noch längst nicht. Im Gegenteil: Der Fall hat sich in den letzten Monaten immer weiter verkompliziert.
Mit jedem einzelnen Antrag, der dem Gericht vorgelegt wird, scheint alles nur noch komplizierter zu werden. Dafür sorgt vielleicht auch, dass der Patentanwalt mit dem früheren CSU-Bundestagsabgeordneten und bayerischen Minister Dr. Peter Gauweiler einen prominenten Anwalt ins Rennen schickt. Entsprechend ist auch die Atmosphäre, die an diesem ersten Verhandlungstag des Zivilprozesses in der Luft liegt. Der Richter eröffnete die Sitzung mit den Worten: »Es geht im folgenden Fall um Geld, um sehr viel Geld.« Das ist in der Tat wahr, konkret um rund 200 Millionen Euro. Es sei auch ein sehr kniffliger Fall, erklärt das Gericht, seien doch sehr viele Parteien in diesen Fall involviert und die Faktenlage nicht eindeutig.
Dass es an diesem Tag zu keinem finalen Urteil im IRT-Skandal kommen würde, war den Beteiligten von Anfang an klar. Vielmehr animierte das Gericht beide Parteien mehrfach dazu, das gegenseitige Vertrauen wiederherzustellen und sich in einem Mediationsverfahren zu einigen.
Während des ersten Prozesstages fanden immer wieder vorsichtige Annäherungsversuche statt, die aber häufig in einer Sackgasse zu enden schienen. Fordert die IRT auf der einen Seite einen schnellen Prozess, da viele der beteiligten Zeugen bereits recht betagt sind, sich im Ruhestand befinden und womöglich bald keine eindeutigen Aussagen mehr machen könnten, wehrt sie sich dennoch kurz darauf gegen einen sofortigen Zwischenvergleich.
Ein möglicher Grund: Das IRT hat seit dem 25. Januar 2018 mit Michael Hagemeyer einen neuen Geschäftsführer. Laut Pressemitteilung des Instituts musste dessen Vorgänger, der langjährige Geschäftsführer Dr. Klaus Illgner-Fehns, der auch über lange Zeit mit dem angeklagten Patentanwalt zusammengearbeitet hatte, sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegen.
Nun hat Hagemeyer als neuer Geschäftsführer also mit dem IRT-Skandal einen schwierigen Kasus geerbt, dessen Vorgeschichte auch ihm nicht vertraut ist. Grund genug für die Vorsicht der Klägerseite, wo man sich aufgrund dieser Umstände nicht in der Lage sah, eine sofortige Entscheidung zu treffen — und lieber gerne Rücksprache halten will. Etwa mit den Gesellschaftern, Investoren und auch den betroffenen Arbeitnehmererfindern, denen schließlich auch ein Anteil aus den Lizenzeinnahmen zusteht, die sie möglicherweise einklagen könnten.
Gleichzeitig fordert das IRT von den Angeklagten, dass diese alle nötigen Informationen und Auskünfte zur Verfügung stellen, um eine eindeutige Prüfung durchzuführen. Sprich: Der Patentanwalt soll seine Einkünfte aus den MPEG-Rechten und anderen Erfindungen offenlegen und Details zur Zusammenarbeit mit dem Rechteverwerter Sisvel erörtern, um endgültig herausfinden zu können, um wie viel Geld es tatsächlich geht. Klärungsbedarf gibt es hier definitiv: Die von der Ehefrau des Patentanwalts betriebene GmbH, über die zumindest Teile der Lizenzgeld-Deals liefen, weist ein Eigenkapital von 84 Millionen Euro auf.
Der Offenlegung stimmten die Angeklagten prinzipiell zu und auf dieser Basis soll versucht werden, einen Vergleich zu vereinbaren. Ob es dabei zu einer Einigung kommen wird, bleibt offen.
Wenn sich die beiden Parteien im IRT-Skandal nicht in der Mediation einigen können, findet Ende April 2018 der zweite Verhandlungstermin am Landesgericht München statt, bei dem dann das Gericht eine Entscheidung treffen soll, wie es weitergehen wird. Es bleibt spannend.