Editorial, Kommentar: 11.01.2018

Die Silicon-Valley-Methode

Mythos und Aura des Silicon Valley sind seit Jahren nahezu ungebrochen: Verlagsleute ebenso, wie Vertreter konventioneller, traditioneller Industriezweige, pilgern dort hin, um sich Inspiration zu verschaffen, Kontakte zu knüpfen und neues Denken zu verinnerlichen.

Dabei sollen teilweise auch ergänzende Methoden, wie der Austausch von Körperflüssigkeiten im Rahmen medizinischer Verjüngungskuren und bei Sexparties, eine Rolle spielen. Beides sei »im Valley« angeblich üblich, konnte man in jüngster Zeit in den Medien erfahren.
 
Wo das Licht von Apple, Google und Facebook, sowie von unzähligen Startups so hell scheint wie im Silicon Valley, muss man also möglicherweise gar nicht lange nach den zugehörigen, tiefen Schatten suchen.
 

Die Apple-Zentrale in Cupertino.

So ist auch das aktuelle Gebaren der großen Technologieriesen in ganz anderen Bereichen diskussionswürdig: Apple hat offenbar ganz bewusst ältere iPhones zusätzlich künstlich verlangsamt, hüllte sich zu diesen Vorwürfen aber in bewährter Manier in Schweigen. Erst als die ersten Sammelklagen drohten, befand man es in der Konzernzentrale für nötig, Stellung zu beziehen, sich zu entschuldigen und die Preise für einen Akkutausch zu reduzieren, wodurch sich das Problem beheben lasse.
 

Silicon Valley
Mythos und Aura des Silicon Valley sind seit Jahren nahezu ungebrochen

Ach ja, und dann wurde Anfang des Jahres noch eine weitere Kleinigkeit bekannt: Bei den Prozessoren der allermeisten Rechner und Smartphones klaffen gigantische Sicherheitslücken, die den Herstellern schon länger bewusst waren. Per »Meltdown« und »Spectre« kann Schad-Software auf Speicher und Daten zugreifen und potenziell überall im System »mithören«. Besonders schwerwiegend sei diese Sicherheitslücke für Cloud-Dienste.
 
Pikantes und demaskierendes Detail in diesem Fall: Bei Intel, einem der hauptsächlich betroffenen Unternehmen, war diese Sicherheitslücke offenbar schon seit Sommer 2017 bekannt — und Intel-Chef Brian Krzanich verkaufte einen Großteil seiner Firmenaktien kurz vor dem Öffentlichwerden der Mega-Panne. Vielleicht nur ein Zufall …
 
Der »Valley-Mythos« jedenfalls, hat mittlerweile schon ziemlich viele Kratzer abbekommen. Vielleicht wird es Zeit, dass Behörden und Verbraucher dafür sorgen, dass die Führungsebene der Technologie-Riesen mal wieder auf Normalmaß gestutzt wird und deren Mitglieder ihr Master-of-the-Universe-Gehabe wieder etwas in den Griff bekommen.
 
Große Furcht, dass das passieren könnte, scheint aber nicht zu herrschen: Intel-Chef Brian Krzanich etwa redete bei seiner Keynote während der CES in Las Vegas die Sicherheitslücken der Intel-Prozessoren klein und verzichtete auch auf eine Entschuldigung. Seine Empfehlung: »Am besten installieren Sie Updates.«
 
Na dann: Her mit dem frischen Akku und ein paar Software-Updates — so ähnlich wurde schließlich auch der Diesel-Skandal »gelöst«.
 
Sie werden sehen.