Bundesliga: Startschwierigkeiten beim Videobeweis
Am vergangenen Wochenende wurde der Videobeweis in der Fußball-Bundesliga eingeführt. Das technische System dahinter stammt von Hawk-Eye, einem Tochter-Unternehmen von Sony Europe.
Analysesysteme im Sport
Videobasierte Analysesysteme wurden in den vergangenen Jahren im Sport immer wichtiger. In vielen Sportarten wurde der Videobeweis als weitere Basis für Schiedsrichterentscheidungen eingeführt, um so die Unparteiischen in kritischen Situationen zu unterstützen. Die Systeme werten Videosignale und teilweise auch noch zusätzliche, weitere Daten aus, um dann bei strittigen Situationen regelkonforme und gerechte Urteile fällen zu können.
In der Fußballwelt wird seit Jahren darüber diskutiert, ob das Spiel mit diesen elektronischen Hilfsmitteln gerechter und zeitgemäßer oder einfach nur träger, umständlicher und zerhackstückt wird. Wie auch immer man dazu steht: Seit der Saison 2015/16 ist in der Fußballbundesliga die Torlinientechnik im Einsatz und ab der aktuellen Saison 2017/18 soll auch der Videobeweis bei allen Spielen der 1. Bundesliga und in der Relegation eingesetzt werden.
Das System, das hierfür in den Stadien im Einsatz ist, stammt von der Sony-Tochterfirma Hawk-Eye. Der britische Mathematiker Paul Hawkins entwickelte die Basis zunächst für Cricket, das System wurde aber schon bald auch bei anderen Sportarten wie etwa Tennis oder Fußball eingesetzt. Nachdem die Analysesysteme des britischen Herstellers auf große Resonanz am Markt stießen, übernahm 2011 Sony die britische Firma Hawk-Eye. Mittlerweile konnten sich die Hawk-Eye-Systeme in etlichen Sportarten, Ligen und Stadien etablieren.
Das Prinzip von Hawk-Eye: in den Stadien werden diverse Kameras an fest definierten Positionen eingebaut. Sie liefern Signale an einen Zentralrechner. Dessen Software kann etwa bei der Torlinientechnik auf der Basis der Kameradaten und der jeweiligen Kameraposition im Stadion die Bewegung des Balls erfassen und mit einer Toleranz von fünf Millimetern dessen genaue Position ermitteln – also auch sagen, ob der Ball die Torlinie überwunden hatte – oder eben nicht.
Der Videobeweis ist im Vergleich zur Torlinientechnik aus technischer Sicht noch aufwändiger, weil es eben noch mehr Signale zu analysieren gilt. Er soll nach der Vorgabe des International Football Association Board (IFAB) im Fußball in folgenden vier Fällen eingesetzt werden: bei Toren, Elfmetern, roten Karten oder Spielerverwechslungen – also bei spielrelevanten Szenen.
Wie wichtig ist der Videobeweis?
Durch die technische Neuerung und den Einsatz des Hawk-Eye-Systems soll die Zahl von Fehlentscheidungen reduziert werden. In den 306 Begegnungen der vergangenen Bundesliga-Saison hat es demnach insgesamt 104 spielrelevante Fehlentscheidungen gegeben. 77 davon hätten durch den Einsatz des Video-Assistenten aufgelöst werden können.
Video-Assist-Zentrale in Köln
Die DFL hat zu diesem Zweck beim RTL-Dienstleister Cologne Broadcasting Center (CBC) in Köln ein 100 Quadratmeter großes Studio eingerichtet, in dem bis zu sechs Video-Assistenten parallel arbeiten können. Die Analyseysteme werden aus allen Bundesligastadien mit den notwendigen Signalen versorgt, und verarbeiten diese zentral in Köln.
Aus der Zentrale in Köln werden dann die Schiedsrichter im Stadion vor Ort während der laufenden Begegnung mit den Ergebnissen der Analyse versorgt. Alle 306 Begegnungen der aktuellen Bundesliga-Saison sollen so unterstützt werden.
Dem jeweiligen Video-Assistenten arbeiten in der Zentrale zwei Operatoren zu. Diesem Team stehen, wie erwähnt, alle Kamerabilder aus den Stadien zur Verfügung und bei einer unklaren Situationen kann der Video-Assistent sie blitzschnell aufbereiten und bewerten — so zumindest die Theorie.
Kritik nach technischen Pannen
Nach dem ersten Bundesliga-Wochenende steht nun das Hawk-Eye-System massiv in der Kritik. Bei einigen Spielen konnte das System zunächst gar nicht eingesetzt werden und bei Abseitsentscheidungen standen keine kalibrierten Linien zur Verfügung. So konnten am ersten Spielwochende der aktuellen Saison einige Vereine davon profitieren, dass die Technik im Einsatz war, andere hingegen nicht, weil die Technik dort nicht funktionierte.
Derzeit wird gemutmaßt, dass wohl überlastete Glasfaserleitungen dafür verantwortlich sein könnten, dass nicht alle Signale rechtzeitig in Köln aufliefen.
Die DFL spricht davon, dass diese Situation nicht hinnehmbar sei und äußerte deutliche Kritik am Hawk-Eye-Dienstleister. Auch der DFL-Schiedsrichterexperte Hellmut Krug zeigte sich im Interview mit Sky wenig erfreut über die Pannen beim Auftakt.
Beim Eröffnungspiel der Liga zwischen Bayern München und Bayer Leverkusen funktionierte der Videobeweis aber und kam auch erfolgreich zum Einsatz. Dort hatte Schiedsrichter Tobias Stieler nach Zurateziehen des Video-Assistenten in Köln nach einem Foul an Robert Lewandowski auf Elfmeter entschieden.