Oscar-Gala 2017: Pleiten, Pech und Pannen
Wen es wirklich interessiert, der weiß natürlich längst Bescheid, was bei der Oscar-Gala 2017 so alles passierte. Zusammengefasst: Eine Fehlankündigung beim besten Film — und Fehlanzeige für alle deutschen Hoffnungsträger.
Anders als bei den technischen Oscars vor zwei Wochen (Artikel), gingen nun bei der großen Oscar-Gala für künstlerische Leistungen im Filmbereich, alle deutschen Hoffnungsträger leer aus.
Weder der Spielfilm »Toni Erdmann«, noch die Kurz-Doku »Das Schicksal der Kinder von Aleppo« noch der deutsche Musiker und Komponist Hauschka, die jeweils in verschiedenen Kategorien nominiert waren, konnten einen der begehrten Preise erringen.
Und als wäre es das wichtigste Ereignis der Welt, eröffneten zahlreiche Nachrichtensendungen am Tag nach der Verleihung mit der Meldung, dass es bei der Oscar-Gala in der Hauptkategorie »Bester Film« eine Panne gegeben hatte: Die Laudatoren Warren Beatty und Faye Dunaway hatten den falschen Umschlag erhalten und riefen fälschlicherweise die Macher des in vielen anderen Kategorien ausgezeichneten Musicalfilms »La La Land« auf die Bühne. Diese mussten dann aber die Bühne unverrichteter Dinge wieder für die Macher von »Moonlight« räumen, denn die Jury hatte eben »Moonlight« zum Gewinner des wichtigsten aller Oscars gekürt.
Verbockt wurde das Ganze dem aktuellen Informationsstand nach von Mitarbeitern von PriceWaterhouseCoopers, einem Beratungs- und Wirtschaftsprüfungskonzern, der auch eine führende Rolle bei der Steuerminimierung für multinationale Unternehmen innehat. PWC ist von der Academy beauftragt, bei den Oscars für korrekte Abläufe bei der Abstimmung und der Auszählung, sowie der Bekanntgabe der Gewinner zu sorgen. Offenbar wurde aber von einem der beiden konkret am Abend der Oscar-Gala damit befassten Mitarbeiter versehentlich der Umschlag einer schon verliehenen Kategorie an die Laudatoren ausgehändigt.
Da hätte »Toni Erdmann« als Gewinner eigentlich ganz gut gepasst, denn die von Sandra Hüller gespielte weibliche Hauptfigur dieses Films ist als deutsche Unternehmensberaterin in Bukarest reichlich chaotisch in der Sphäre der Auditing- und Consulting-Firmen und Investoren unterwegs. Dieser schöne Twist kam aber eben leider nicht zustande.
Die komplette Gewinnerliste der Oscarverleihung 2017 finden Sie an vielen Stellen im Netz, zum Beispiel auch hier bei Wikipedia.
Hat sich die Academy verändert?
Nach den Protesten im Vorjahr, die unter #OscarsSoWhite diskutiert wurden, hatte die Academy of Motion Pictures (Infos zur Academy) reagiert und im vergangenen Jahr vermehrt jüngere und afroamerikanische Mitglieder aufgenommen und es wurde nun 2017 mit »Moonlight« ein Film mit schwarzem Hauptdarsteller ausgezeichnet und mit Viola Davis und Mahershala Ali gewannen zwei schwarze Schauspieler Oscars als beste weibliche und männliche Nebendarsteller.
Kein Oscar: Das Ende von Allem?
Dass die unmittelbar Betroffenen mehr oder weniger stark enttäuscht sind, dass es mit dem Oscar nun doch nichts geworden ist, das ist klar — und auch vollkommen verständlich. Wie schlimm ist das aber für die deutsche Filmwirtschaft insgesamt?
Wir erinnern uns: 2007 hatte »Das Leben der Anderen« von Florian Henckel von Donnersmarck den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewonnen.
Und hat das viel bewirkt? Haben die deutschen Kinozuschauer in den vergangenen zehn Jahren noch viel von diesem Regisseur gehört? Hatte sein Oscar große Auswirkungen auf die deutsche Filmwirtschaft insgesamt?
Vielleicht kommt ja noch was Großes von Florian Henckel von Donnersmarck, vielleicht aber auch nicht — aber gilt diese Perspektive letztlich nicht für allen anderen Filmschaffenden auch?
So gesehen könnte man auch fragen: Ist es für den deutschen Film und das deutsche Kinopublikum vielleicht sogar besser, wenn Maren Ade nicht nach Hollywood abwandert? Wobei das natürlich in Wahrheit noch gar nicht gesichert ist …