Angst essen Seele auf
Das Meinungsforschungsunternehmen GFK hatte Ende des vergangenen Jahres im Auftrag der Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen eine Umfrage zur Stimmungslage in Deutschland durchgeführt. Das Ergebnis war schockierend: 80 % der Deutschen erwarteten demnach eine wirtschaftliche Verschlechterung. 55 Prozent der Befragten gaben an, allgemein angsterfüllt in die Zukunft zu blicken — vor zwei Jahren waren das noch 28 Prozent, im Vorjahr 31. Interessant ist allerdings, dass die Meinungsforscher gar nicht konkret abgefragt hatten, wovor die Befragten denn eigentlich Angst haben: Wirtschaftlicher Abschwung, wachsende Arbeitslosigkeit, Flüchtlingskrise, Terrorangst, ein auseinander driftendes Europa? Das blieb unbeantwortet.
Soviel lässt sich aber sicher sagen: Das Geschäft mit der Angst floriert — vergeht doch derzeit kaum ein Tag, an dem es nicht mit mindestens einer Schreckensmeldung gefüttert und befördert wird. Und es gibt Profiteure der Angst in unterschiedlichsten Bereichen von Gesellschaft und Wirtschaft.
Manche Ängste und Sorgen sind ganz sicher berechtigt und darüber wollen wir uns auch gar nicht lustig machen. Angst ist aber — ganz allgemein gesprochen — meist kein guter Ratgeber: Sie blockiert, engt den Blick ein, lässt uns irrational reagieren.
Dem Versuch, sich davon zu befreien, können heutzutage auch soziale Medien im Weg stehen — und letztlich eine ungute Rolle spielen. So kann es eben sehr leicht passieren, dass online nur noch Meldungen zu uns durchdringen, die in die eigene »Filterblase« passen. Vereinfacht gesagt: Aufgrund des Profils, das Facebook, Google und wie sie alle heißen, auf der Basis unseres bisherigen Online-Verhaltens anlegen, liefern uns die Internet-Konzerne über ihre sozialen Medien und Suchmaschinen dann nur noch genau jene Inhalte, die aus Ihrer Sicht hierzu passen — und verstärken so auch unsere Ängste und Vorurteile.
Aber ganz so hilflos und fremdbestimmt ist der Einzelne der »Angst-Omnipräsenz« nun auch wieder nicht ausgeliefert: Man kann sich jederzeit selbst befreien. Zu diesem Themenkomplex hat Immanuel Kant schon vor rund 250 Jahren Epochemachendes geschrieben — aber man muss gar nicht in die Philosophie eintauchen, es geht auch viel einfacher: Manchmal hilft es schon, die bekannten Pfade zu verlassen und die Sinne zu öffnen — und schon hat man wieder einen realistischeren Blick und kann Wichtiges von Unwichtigem besser unterscheiden.
Sie werden sehen.
P.S.: Der Titel dieses Editorials verweist natürlich auch auf den gleichnamigen Film von Rainer Werner Fassbinder, der als ein zentrales Werk dieses Regisseurs gilt. Der Film wurde 1974 uraufgeführt und greift anhand einer »unmöglichen Liebe« Themen wie den Umgang mit Minderheiten, Fremdenfeindlichkeit und soziale Ausgrenzung auf.