Gestern Top, heute Flop?
Es ist noch gar nicht so lange her, als die ersten Fitness-Armbänder den Technologiepionieren neue Möglichkeiten eröffneten, Selbstoptimierung und Ego-Tracking auf den nächsten Level zu heben — echter Distinktionsgewinn war damit möglich, dezent am Handgelenk getragen.
In der Weihnachtszeit nun warb aber auch Aldi Süd für ein solches Fitness-Armband, das Schrittzahlen und Distanzen misst, den Kalorienverbrauch ermittelt, die Daten per Bluetooth an Tablets oder Smartphones übertragen kann und noch jede Menge weiterer Gimmicks in petto hat. Damit hat das Thema nun einen Massenmarkt erreicht und taugt kaum noch dazu, sich abzuheben.
Ist diese Mode damit schon wieder auf dem absteigenden Ast? Auffällig jedenfalls: Vor ein, zwei Jahren spielten sogenannte »Wearables« wie Fitness-Armbänder oder Smart Watches, bei der alljährlich im Januar stattfindenden Techniktrendmesse CES noch eine große Rolle. Davon kann — zumindest in der CES-Berichterstattung — in diesem Jahr keine Rede mehr sein. In Las Vegas dominierten andere Themen: Ultradünne Displays in allen Größen und Auflösungen bis zu 8K, 360-Grad-Kameras, Drohnen, Konzepte selbstfahrender Autos, VR-Brillen.
Sind Fitness-Armbänder vielleicht einfach schon ganz normal und dadurch entzaubert? Es gibt vielleicht auch noch einen anderen Aspekt: In der Vorweihnachtszeit besuchte die Redaktion eine Presseveranstaltung mit internationaler Besetzung. Einige Kollegen tauschten sich bei dieser Gelegenheit auch darüber aus, wie sie es in der kulinarisch üppigen Vorweihnachtszeit bewerkstelligten, ihre Fitness-Apps zu überlisten: bestimmte Mahlzeiten gar nicht eintragen, weniger Kekse notieren, als man tatsächlich vertilgt hat — und dergleichen mehr.
Ist das nicht interessant? Erst schnallt man sich einen Überwacher ans Handgelenk und installiert einen Ermahner auf dem Smartphone und dann versucht man, beides auszutricksen. Statt von Mama ermahnt zu werden, eine Mütze aufzusetzen, weil es draußen kalt ist, macht das nun eine App — und nervt damit am Ende genauso. Auch so werden aus den Tops von gestern die Flops von morgen. Vielleicht schaffen Sie also schon mal Platz in der Schublade mit dem Schrittzähler und der Pulsüberwachungsuhr, dort hinten beim Friedhof der Fitnessgeräte?
Natürlich ist auch unsere Branche schon längst nicht mehr von solchen schnellen Modewechseln ausgenommen und so muss man wohl davon ausgehen, dass das auch 2016 ganz so weiter laufen wird: Man muss aber ganz sicher nicht alles mitmachen.
Sie werden sehen.
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller
P.S.: Auch wenn das Jahr 2016 nun schon zwei Wochen alt ist, wünschen wir allen Lesern noch ein segensreiches, wundervolles Neues Jahr.
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