Nebenprodukt als Hauptprodukt
Es gibt so gut wie kein Entrinnen: Wer nicht als Einsiedler abgeschottet vom Rest der Welt auf einer einsamen Insel lebt, der wird in den kommenden Wochen mit dem Thema »Star Wars« konfrontiert werden. Dabei ist der neue Kinofilm aus dieser Reihe aber letztlich nur noch die Initialzündung der nächsten Merchandising-Stufe innerhalb des Star-Wars-Universums.
Auch wer sich absolut nicht für »Star Wars« interessiert, wen die Charaktere und ihre Abenteuer kalt lassen und wer deshalb keineswegs vor hat, den neuen Film im Kino anzuschauen, bleibt nicht ausgespart. Das beschreibt etwa ein interessanter Artikel von Jürgen Schneider in der Süddeutschen Zeitung, in dem es unter anderem heißt: »Insgesamt hat die Star-Wars-Franchise in den vergangenen 39 Jahren etwa 28 Milliarden Dollar umgesetzt, davon 4,35 Milliarden an der Kinokasse, 4,5 Milliarden durch Verkäufe auf Datenträgern und 3,4 Milliarden durch Computerspiele. 12,1 Milliarden Dollar jedoch stammen aus dem Spielzeug-Sektor.«
Der Kinofilm hat sich innerhalb der Star-Wars-Welt also letztlich — zumindest aus wirtschaftlicher Sicht — zum Nebenprodukt entwickelt. Jede neue Episode setzt mit dem Kinostart nur einen neuen Impuls und bietet einen konkreten Termin, auf den man zunächst mit einem Countdown hinarbeiten kann und der dann als Gongschlag wirkt, dessen Nachhall sehr, sehr lange anhält und im Spielzeugsektor reichen Widerhall findet. Der Kinofilm ist sozusagen der Werbeclip für neues Spielzeug.
Viele, die sich selbst als wahre Cineasten betrachten, mag das schmerzen — manchmal hilft es aber, wenn sie sich daran erinnern, dass sie möglicherweise selbst auch nicht durch Arthouse-, Kunst- und Problemfilme, die sie heute möglicherweise höher schätzen, zu Kinofans wurden. Und eventuell sind sie auch selbst schon das eine oder andere mal den Versuchungen erlegen, die durch das Merchandising in die Produktwelt gelangen.
Immerhin kann der Disney-Konzern — der sich vor ein paar Jahren die Star-Wars-Welt einverleibt hat — trotz aller Kritik, die man an dem Unternehmen üben kann, positiv verbuchen, dass er sehr vielen Menschen auf der ganzen Welt schöne Stunden geschenkt hat — naja, vielleicht doch eher verkauft …
Sie werden sehen.
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