ORF realisiert Tapeless-Workflow mit Server-Technik von Stryme
Der ORF stellte seine Landesstudios auf HD um und suchte dabei nach einer Multi-Channel-Lösung, die auch die Workflows erleichtern würde. In einer internationalen Ausschreibung kam die Server-Plattform Genesix des Wiener Unternehmens Stryme zum Zug.
Die neun Landesstudios des ORF produzieren täglich jeweils eine Sendung mit regionalem Bezug (Sendeplatz: 19:00 Uhr auf ORF2) und versorgen damit insgesamt acht Millionen Österreicher mit aktueller, lokaler Information. Für die Produktion dieser Sendung wurde eine HD-fähige Ingest– und Playout-Lösung benötigt. Die Umstellung auf HD war nicht zuletzt auch deshalb drängender geworden, weil der ORF zwar seit geraumer Zeit HD-Kameras und -Schnittsysteme nutzte, aber nicht in HD ausspielen konnte.
Anforderungen an die Server-Lösung
Die Anforderungen des ORF an die neue Server-Plattform lagen primär in Multikanal-Funktionalität, Ausfallsicherheit, umfassender Codec-Unterstützung und der Fähigkeit zur Systemintegration in die vorherrschende Infrastruktur.
Für die Produktion der Sendung war es notwendig, sowohl im Ingest wie auch im Playout einen Clean- und einen Dirty-Feed der Sendung zu erstellen. Zudem sollte der Playout zwei Clips (Fill und Key) auf zwei SDI-Kanälen ausspielen, einen Monitor mit Bildmaterial versorgen und die benötigten Clips für die Sendung vorhalten. Der Ingest wiederum sollte eine zeitgesteuerte und automatisierte SDI-Aufzeichnung bieten.
Ebenfalls wichtig: die neue Server-Lösung sollte im Playout wie auch im Ingest XDCAM (D10) und XDCAM HD 422 unterstützen.
Sendungsmitschnitte des Ingest-Systems sollten sich nach erfolgreicher Aufnahme an ein Netzlaufwerk senden lassen, sodass sie ins ORF-Archiv importiert werden können. Hier war eine vollwertige Integration in das ORF-CMS »DigiTV« gefordert.
Nach einer internationalen Ausschreibung entschied sich der ORF dazu, die Server-Plattform Genesix des Herstellers Stryme zu integrieren.
Workflow in den ORF-Landesstudios
Zunächst werden die Clips, die für die Sendung benötigt werden, mittels DigiTV und TransferClient zum Video-Server transferiert und dann automatisch in das Asset-Management-System importiert. Dabei wird die Kompatibilität des Files überprüft und ein Thumbnail erstellt. Mit dem Asset-Management-System ist es im Anschluss möglich, die Clips im Playout-System zu verwalten, also etwa zu kopieren, zu verschieben, zu löschen oder umzubenennen.
Durch die Integration in das CMS-System DigiTV besteht vereinfacht gesagt die Möglichkeit, per Netzwerk-Share auf die ORF-internen Inhalte zuzugreifen. Die benutzerfreundliche Oberfläche der Genesix-Plattform ermöglicht es dabei, per Drag&Drop die Inhalte in einen Watchfolder zu bewegen, auf den Genesix zugreift. Der User bestückt die Playlist im Asset-Management-Tool oder im Studio-Playout-Tool selbst.
AB-Roll
Für den Playout ist das AB-Roll-Tool von Genesix im Einsatz. Damit lassen sich alle Kanäle und deren Playlisten in eine große, dynamische Playliste integrieren. Stryme entwickelte AB-Roll im Rahmen des Projekts gezielt weiter, so dass der ORF eine zentral gesteuerte Playlist zur Verfügung hat. Die gemeinsame Playlist vereinfacht das Handling und gewährleistet eine effiziente Nutzung der Multi-Kanal-Playout-Lösung.
Mit AB-Roll besteht auch die Möglichkeit, vorhandene Playlisten zu speichern und durch simples Austauschen von Clips in ihrer Struktur gleichzuhalten.
Fill und Key
Per Gruppierung auf den jeweiligen Seiten der Oberfläche innerhalb des GUIs, ist es möglich, Kanäle miteinander zu verlinken, sodass Aktionen wie Play oder Stop automatisch auf beiden Kanälen stattfinden. Solche Verlinkungen lassen sich auch problemlos wieder aufheben. Die frei gewordenen Kanäle stehen dann wieder sofort zum Ausspielen bereit.
Aufgrund der Client-Server-Architektur von Genesix können auch mehrere Mitarbeiter simultan an einem Kanal oder kanalübergreifend arbeiten und up- und downscalen.
Systemintegration
Die Testphase im ORF-Funkhaus und im Landesstudio Burgenland zeigte, dass Genesix so flexibel war, dass es nicht wie geplant erst nach der HD-Umstellung, sondern schon vorab in die vorhandene Infrastruktur eingebunden werden konnte. Es ermöglichte letztlich einen reibungslosen Übergang von SD zu HD, so der Hersteller, denn in der Übergangsphase unterstütze es auch ältere Formate und realisierte SD-/HD-Encoding und ein entsprechendes Re-Sampling und/oder Re-Sizing.
Ingest
Das Ingest-Modul des Video-Servers Genesix bietet dem ORF zahlreiche Aufzeichnungsmöglichkeiten, die von Crash-, Scheduled-, Batch-, bis hin zum Loop-Recording reichen. Bei der 4-In/4-Out-Variante, die bei der Ausstattung der Landesstudios gewählt wurde, kann auf vier Kanälen aufgezeichnet werden.
Der ORF nutzt zwei Kanäle von Genesix für konstantes Loop-Recording und zwei weitere Kanäle für eine zeitgesteuerte Aufzeichnung.
Bei der zeitgesteuerten Aufzeichnung muss nur ein Startpunkt definiert werden, der Endpunkt wird vom Video-Server selbst durch eine Bewegtbild-Erkennung definiert. Sie schaltet die Leitung automatisch ab, sobald das letzte Signal empfangen wurde und beendete somit verlässlich die jeweilige Aufnahme.
Genesix ersetzt zu 100% die SD-Loop-Recorder, die zuvor in den Landesstudios verwendet wurden. Die Funktion »Edit while Ingest« bietet die Möglichkeit, noch während der Aufnahme ein anwachsendes File in ein Schnittsystem zu laden und dort zu bearbeiten.
Redundanz und Ausfallsicherheit auf File- und Kanalebene
Beide Video-Server arbeiten grundsätzlich als eigenständige Systeme, die im Notfall getrennt bedient werden können. Im Falle des ORF wurde eine gleiche Konfiguration beider Geräte vorgenommen, die eine 100-%-Redundanz und dadurch maximale Ausfallsicherheit gewährleisten soll.
Die Server werden sowohl beim Ingest als auch beim Playout synchronisiert und greifen auf die gleichen Inhalte zu – sowohl file- als auch kanalbezogen. Eine Vereinfachung des Workflows ergibt sich durch die Notwendigkeit der Kommunikation mit nur einer Maschine, die Synchronisierung mit dem Backup-Server wird automatisch vom Traffic-Management System übernommen. Prinzipiell sind beide Systeme eigenständige Systeme, die im Notfall auch getrennt bedient werden können.
Resümee
Genesix wird in allen ORF-Landesstudios erfolgreich eingesetzt. Aufgrund der projekteigenen Programmierung und der spezifischen Anpassung an die lokalen Begebenheiten in den jeweiligen Landesstudios, wurde eine volle Integration in die bestehende Infrastruktur erreicht und die Sicherheit der noch andauernden SD/HD-Umstellung gewährleistet.
Stryme resümiert: »Das neue Redundanzkonzept, die Stabilität der Software und die Verwendung hochwertiger Hardware erhöhen die Betriebssicherheit und überzeugen im täglichen Einsatz.«
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