4K-Special: Alles 4K
Schon länger gibt es einzelne Kameras im Markt, die eine Auflösung von 4K oder mehr bieten. Die waren jedoch bisher aufgrund von Preis und Handling einem kleineren, spezialisierten Markt vorbehalten. Nun erlebt der 4K-Bereich aber einen bisher unerreichten Schub: Es gibt immer mehr Kameramodelle, die auf ganz verschiedene Teilmärkte abzielen und eine Auflösung in der Größenordnung von 4K bieten.
Das Spektrum der aktuellen 4K-Kameras reicht von Action-Cams und Handhelds, die mit 3.840 x 2.160 Bildpunkten arbeiten (QFHD, UHD), bis zu Kameras, die auf den Spielfilmmarkt abzielen und 4.096 x 2.160 Bildpunkte bieten (also »echtes« 4K). Dass auch damit noch nicht Schluss sein wird, zeigen erste Kameras mit 8K und mehr, die ebenfalls vereinzelt hochpoppen. In diesem Artikel soll es aber um 4K-Kameras gehen, die von der Herstellerseite als logischer nächster Schritt nach HD vermarktet und mit erheblichem Druck in den Markt geschoben werden.
Ist 4K das nächste HD?
Vieles in der Vermarktung von 4K läuft seitens der Geräteindustrie genau so ab, wie schon bei der Einführung von HD. Nachdem es der Herstellerseite nicht gelungen ist, Stereo-3D auf breiter Basis im Massenmarkt zu etablieren, liegt es nahe, dass man sich dort nun die wesentlich erfolgreichere Ablösung von SD durch HD wieder als Vorbild nimmt.
Das könnte dazu führen, dass es in wenigen Jahren praktisch keine neuen HD-Kameras mehr gibt, sondern nur noch 4K-Kameras, die man auch im HD-Modus nutzen kann. Das klingt vielen vielleicht derzeit noch als gewagte Prognose, aber nach dem gleichen Muster lief es letztlich schon bei der Einführung von HD.
Ist jetzt der richtige Zeitpunkt für den Umstieg?
Aus der Sicht etlicher Hersteller kann der Umstieg auf 4K im Grunde gar nicht schnell genug gehen. Weil es aber auch den Gegenpol gibt, etwa in Form der allermeisten TV-Sender, die lieber ihre teils noch gar nicht so alte HD-Infrastruktur weiter nutzen wollen oder in vielen Bereichen gar erst noch von SD auf HD umstellen müssen, wird sich die breite oder gar flächendeckende Einführung von 4K auf der Consumer-Seite mit Sicherheit noch über etliche Jahre hinziehen. Man denke nur an die derzeit bei den Privatsendern laufende Kampagne, mit der die Endkunden überhaupt erst zum Umstieg auf das HD-Bezahlprogramm der Privatsender ermuntert werden sollen. Da liegt der Umstieg auf 4K mit Sicherheit noch weit in der Zukunft.
Ganz sicher muss man aber konstatieren, dass der professionelle Kameramarkt von den Marktentwicklungen auf der Endkundenseite weitgehend entkoppelt ist. Auch bei HD eilte die Entwicklung im Profi-Kamerabereich der Verbreitung von HDTV auf der Consumer-Seite um Jahre voraus.
Für den Kameraprofi ist es also Zeit, sich zumindest gedanklich mit 4K zu befassen und den individuell richtigen Zeitpunkt für den Umstieg abzupassen. Der kann momentan aber auch noch so weit in der Zukunft liegen, dass es jetzt sinnvoller ist, noch einmal in eine HD-Kamera zu investieren – aber es hat noch nie geschadet, zu wissen, was läuft.
Großer Sensor
Das Thema 4K ist nicht zwingend mit dem Einsatz eines einzelnen, großen Sensors in der Kamera verbunden: Man kann auch mit anderen Kamerabauweisen die Auflösung von 4K erreichen.
In der Realität wird aber 4K im Kamerabereich überwiegend in Form von SLS-Kameras (Single Large Sensor) angeboten.
Kameras mit nur einem, aber dafür vergleichsweise großen Sensor, konnten in den vergangenen paar Jahren größere Zuwachsraten als jeder andere Kameratypus verzeichnen. Wer szenisch arbeitet, kann die geringe Schärfentiefe, die ein solches Setup ermöglicht, gezielt für seine Arbeit einsetzen. Aber auch wer nicht szenisch arbeitet, will häufig diesen angesagten Look umsetzen, etwa um Magazinbeiträge oder auch Dokus wertiger erscheinen zu lassen.
Eine gängige Deutung dessen, was denn eine SLS-Kamera ist, lautet einfach: Alles, bei dem die Sensordiagonale größer als 2/3 Zoll ist. Das Problem dabei ist, dass diese Definition aber mitnichten bedeutet, dass man damit automatisch den »Filmlook« mit geringer Schärfentiefe erhält, der immer noch der Hauptgrund für das Interesse an SLS-Kameras ist.
Viele Kamerahersteller orientieren sich bei der Sensorgröße von SLS-Kameras derzeit ungefähr am Super-35-Bildfenster. Das misst 24,89 mm x 18,66 mm. Es gibt aber auch SLS-Kameras, deren Bildfenster/Sensorgröße eher in der Größenordnung von Super-16 (12,35 mm x 7,42 mm) liegt, so etwa 17,8 mm x 10 mm (wie bei Panasonics Fotoapparat GH4 im Videomodus) oder 15,81 mm x 8,88 mm.
Ist die Sensorgröße nicht irgendwie standardisiert, so wie es die Wechselobjektiv-Anschlüsse sind? Klare Antwort: Nein. Hier kann jeder Hersteller machen, was er will. Das gleiche gilt auch dafür, welchen Sensor man mit welchem Objektiv-Mount kombiniert. Das hat Auswirkungen auf den Bildwinkel: Kombiniert man etwa ein aktives Bildfenster von 15,81 mm x 8,88 mm mit einem EF-Mount, dann hat eine 50-mm-EF-Festbrennweite an dieser Kamera die Bildwirkung eines 120-mm-Tele. Damit erzielt man also eine ganz andere Bildwirkung, als wenn man das gleiche 50-mm-Objektiv an eine Kamera mit größerem Sensor montiert. Außerdem: Um in der genannten Konstellation aus relativ kleinem Sensor und großem Mount einigermaßen weitwinklige Bilder aufnehmen zu können, braucht man extrem weitwinklige Objektive.
Das kleine Bildfenster bietet aber auch Vorteile, besonders wenn man keine absolut hochwertigen Objektive zur Verfügung hat: In der Mitte des Bildkreises wird bei allen Objektiven die beste Abbildungsleistung erreicht. Verzerrungen, Helligkeitsabfall, chromatische Aberrationen und andere Abbildungsfehler nehmen bei allen Objektiven in den Randzonen erheblich zu. Werden diese Randzonen gar nicht für die Bilderzeugung genutzt, kann man auch mit weniger hochwertigen Objektiven eine vergleichsweise gute Bildqualität erzielen.
Wenn man aber die Bildwirkung von 35-mm-Filmproduktionen erreichen will, dann muss man auf ein größeres Bildfenster setzen. Wieso also nicht das Super-35-Bildfenster verwenden? Das misst 24,89 mm x 18,66 mm und viele Kamerahersteller orientieren sich bei der Sensorgröße an diesen Abmessungen – aber nur ungefähr. So nutzt etwa die Blackmagic Production Camera 4K ein Bildfenster von 21,12 mm x 11,88 mm. Dabei ist wichtig, dass es auch digitale Kameras gibt, deren Sensoren/Bildfenster deutlich größer sind als das S35-Bildfenster. Dazu gehören etwa Canons 1D X und 5D.
Diese Freiheit der Hersteller wiederum führt dazu, dass man sich Gedanken über das Zusammenspiel aus Objektiv und Bildfenster der Kamera machen muss. Leuchtet der Bildkreis des Objektivs das Bildfenster der jeweiligen Kamera komplett aus?
Jenseits der optischen Verhältnisse gibt es noch einen weiteren wichtigen Aspekt, aus dem heraus die Größe des jeweiligen Bildfensters wichtig ist: Ein kleines Bildfenster mit sehr vielen Bildpunkten bedeutet natürlich automatisch, dass der einzelne Bildpunkt vergleichsweise klein ausfallen muss. Das hat unter anderem Auswirkungen auf die Lichtempfindlichkeit des Sensors und auf das Rauschverhalten: Große Megapixel- oder K-Angaben bedeuten, besonders wenn das Bildfenster klein ist, keineswegs auch höhere Bildqualität — zumal die spatiale Auflösung ja keineswegs das einzige Kriterium ist, das die subjektive Wahrnehmung von Schärfe und Bildqualität beeinflusst.
Gibt es 4K-Objektive und braucht man die überhaupt?
Aktuell ist es so, dass für viele hochwertige Produktionen vorhandene Filmobjektive eingesetzt werden. Das funktioniert zwar, aber die Entwicklung ging auch im Optikbereich weiter, und neuere, aktuellere Optiken, die für Digitalkameras entwickelt wurden, bieten etliche Vorteile: Etwa beim Thema chromatische Aberration, aber auch beim Helligkeitsabfall zu den Bildrändern hin oder beim Focus Breathing. Außerdem können die neueren Optiken auch besser mit den digitalen Kameras kommunizieren, was in der Postproduktion hilfreich ist. Ob das den teureren (Miet-)Preis aufwiegt, muss letztlich jeder selbst entscheiden.
Aktuell gibt es allerdings wenig Auswahl in geringer Stückzahl — aber alles andere sind Kompromisse.
Weil jedoch bei den meisten Menschen das ganze Leben voller Kompromisse ist, werden in der Praxis auch in diesem Bereich Kompromisse eingegangen: Bei 4K-Sportproduktionen etwa, werden häufig zwar hochwertige, aber nicht für 4K gerechnete Broadcast-Objektive per Adapter vor 4K-Kameras geflanscht. Das Ergebnis sind Bilder, die unterhalb des maximal in 4K möglichen bleiben, aber immer noch deutlich mehr Auflösung erreichen, als sie mit einer HD-Kamera erreichbar wären. Mehr zum Thema Objektive in einem separaten Artikel.
Video, Log oder Raw?
Obwohl das eine keineswegs zwingend mit dem anderen verbunden ist, werden 4K und Raw oft als irgendwie zusammengehörig betrachtet. Wenn man das so sehen will, muss man sich aber darüber im Klaren sein, dass sich sozusagen auch der Aufwand multipliziert, wenn man beides kombiniert und in 4K-Raw arbeitet.
4K kann aber auch als »normales« Videosignal aufgezeichnet werden: komprimiert oder unkomprimiert. Auch die dabei üblichen Datenmengen übersteigen das bei HD Übliche schon deutlich. Theoretisch ist die Datenmenge von 4K viermal so groß wie die von HD, weil das Raster eben vier mal so viele Bildpunkte beinhaltet. De facto kann man aber mit den neuesten Kompressionstechnologien bei der komprimierten Aufzeichnung sehr effizient Daten einsparen, so dass nicht zwangsläufig vier mal so viel Speicherplatz gebraucht wird, wenn man anstatt in HD in 4K aufzeichnet. Dass 4K aber prinzipiell zumindest bei der Originalaufzeichnung mehr Speicherbedarf aufweist als HD, das ist Fakt.
Wenn man nun 4K und Raw-Aufzeichnung kombiniert, fallen noch mehr Daten an. Diese großen Datenmengen müssen zunächst gespeichert und später verarbeitet werden, sie erfordern daher auch leistungsfähiges Equipment mit mehr Processing-Power. Deshalb sollte man gut überlegen, ob man die Möglichkeiten, die Raw-Daten zweifellos eröffnen, wirklich braucht.
Außerdem gilt: Raw-Signale sind keine Videosignale – ohne De-Bayering gibt es keine Möglichkeit, Raw-Bilder am Set zu sehen, zu beurteilen, zu überwachen und sinnvoll zu verarbeiten. Mittlerweile bieten aber einige Kameras die Möglichkeit, parallel zu den Raw-Daten auch Videosignale aufzuzeichnen, die man am Set nutzen kann — oder es gibt in der Kamera die Möglichkeit, auch bei interner Raw-Aufzeichnung auf einem eingebauten Monitor sowie über SDI, ein vorkorrigiertes Videobild zu sehen. Grundlegendes Problem bei Kameras: Solcherlei Funktionalität erfordert interne Prozessoren, die wiederum sehr viel Leistung aus den Akkus abrufen.
Für viele Produktionsfelder, wie etwa die aktuelle Berichterstattung oder alles, was mit einem kurzen Turnaround vonstatten gehen muss, dürfte Raw-Aufzeichnung somit auch auf längere Sicht noch uninteressant bleiben.
Es gibt auch so etwas wie eine Mischung aus Video- und Raw-Aufzeichnung: die Videoaufzeichnung im Log-Modus. Dabei werden logarithmische Videosignale gespeichert, die mehr Spielraum in der Nachbearbeitung eröffnen als normale Videosignale sie bieten, die aber nicht so viel Speicherplatz brauchen wie Raw-Aufnahmen.
Dabei wird ein Videosignal aufgezeichnet, das so auf den Sensor der jeweiligen Kamera abgestimmt ist, dass in der Postproduktion der maximale Kontrastumfang zur Verfügung steht. In der Praxis sehen die in diesem Modus aufgezeichneten Bilder oft flau und entsättigt aus. Erst wenn man dieses Signal mit dem entsprechenden elektronischen Filter behandelt, einer logarithmischen Korrekturkurve, ergibt sich wieder ein realistisches Bild. Die passenden Korrekturkurven (oft auch nicht ganz korrekt als LUTs bezeichnet) kann man teilweise auch selbst erstellen oder zumindest so modifizieren, dass der gewünschte Look entsteht. Diese Korrekturkurven lassen sich dann teilweise direkt in die Kamera, in kleine Zusatzgeräte oder in Monitore laden. So lässt man sich mehr Gestaltungsspielraum für die Postproduction, kann am Set dennoch das Material recht gut beurteilen und spart Speicherplatz und Processing-Power.
Die optimale Kamera finden
Zunächst gilt es, zu akzeptieren, dass es so etwas wie »die beste Kamera« nicht gibt, sondern allenfalls »die beste Kamera für diesen oder jenen Zweck«.
Preis, Baugröße, Leistungsaufnahme, Bildqualität können je nach Produktion jeweils für sich genommen schon KO-Kriterien sein. In der Kombination mit weiteren Faktoren wie Speichermedium, Codec, Handling, Objektiv-Mount und vielem weiterem, ergeben sich zahlreiche Go- und No-Go-Kombinationen.
Letztlich bedeutet das, dass man entweder die jeweils am besten passende Kamera auswählen, oder sich und die Produktion an die vorhandene oder vorgegebene Kamera anpassen muss.
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