Branche, Studie, Top-Story: 06.02.2014

Studie: Technik-Dienstleister unter Druck

Die Branche ist unter Druck: Etliche kleine wie auch größere Unternehmen – zuletzt prominent die Cinemedia-Postproduktionsgruppe – gingen in die Insolvenz. Denn nicht immer laufen gute Auslastung und hohe Umsätze mit positiven Bilanzen zusammen. Die vom Verband Technischer Betriebe für Film und Fernsehen (VTFF) vorgelegte Studie »Dienstleister für audiovisuelle Medien« geht dem – erstaunlicherweise erstmals – jetzt auf den Grund und liefert »Wirtschaftliche Eckdaten einer Branche im Umbruch«.

Die an der Hamburg Media School von Oliver Castendyk und Elisabet Richter verfasste Studie zählt rund 1.400 technische Dienstleister mit 13.500 Beschäftigten. Sie erwirtschafteten 2012 rund 1,025 Mrd. Euro Umsatz. In der Gesamtbetrachtung konzentrieren wenige Unternehmen rund die Hälfte der Umsätze auf sich, während etwa zwei Drittel der Firmen mit nur zehn Prozent am Kuchen teilhaben. Gerade kleine Firmen erwirtschaften dabei aber oft höhere Umsatzrenditen.

Doch der Preiskampf erreicht alle: Drei von vier produktionstechnischen Dienstleistern (PTD) berichten Preisrückgänge von mehr als 25 %. Zu diesem Bereich zählt die Studie 933 (70 % der Gesamtbranche) Firmen mit den Schwerpunkten Postproduktion (47 %), VFX (20 %), Synchron (17 %), DVD-Authoring (12 %) und SFX (4 %) und einem Gruppenumsatz von 505 Mio. Euro. Die 450 Vermieter (VTD) – mit Studiobetreibern (38 %), Rentalhäusern (29 %), Dienstleistern für Außenübertragungen (27 %; ohne EB) und Kostüm- und Ausstattungs-Funden (6 %; nicht nach Film/TV und Theater differenziert) setzten 520 Mio. Euro um.

Produktionstechnische Dienstleister

Zwischen 2008 und 2012 ist die Zahl der PTD-Firmen stark – von 321.000 auf 419.000 – gestiegen. »Der überwiegende Teil der PTD macht Umsätze von (weit) unter 100.000 Euro pro Jahr. Die Marktstruktur der PTD ist demnach weniger durch eine Handvoll großer Firmen geprägt, sondern eher dadurch, dass es sehr viele kleine Einzelunternehmer gibt.« Demgegenüber sieht die Studie eine Konzentration von 42,5 % der Umsätze auf nur 13 Firmen mit Jahresumsätzen über 20 Millionen Euro. Oberhalb von 500.000 Euro Umsatz ziehen 15 % der Firmen 85 % der Umsätze auf sich. Auf der anderen Seite schreibt jedes fünfte Unternehmen Verluste, während immerhin 40 % Umsatzrenditen über 10 % erzielen. Die Gewinner im PTD-Bereich konzentrieren sich allerdings auf die »Kleinen« unter 500.000 Euro Umsatz. Denn jedes Dritte der besonders umsatzstarken Unternehmen schließt mit roten Zahlen ab. Verursacht wird das unter anderem durch die Preisentwicklung, von der die Postproduktion besonders betroffen ist: 79 % der beantwortenden Firmen konstatieren zwischen 2008 und 2012 einen Preisverfall um mehr als 25 %.

Vermietende technische Dienstleister

Bei den VTD-Unternehmen schreiben sogar 37 % Verluste. Positive Bilanzen, wenngleich in eher bescheidenem Ausmaß, erreichen Betriebe mit weniger als 500.000 Euro Jahresumsatz.

Besonders betroffen sind die Rentalhäuser. Aufgrund der technischen Entwicklungsschritte der letzten Zeit – zuerst Film zu digital, dann von HD zu 4k usw. – werden die Investitionszyklen immer kürzer. Sinkende Einkaufspreise drücken die Vermietgebühren und verlängern die Amortisationsphase – oft genug über die Nutzungszeit der Geräte hinaus. Zudem könne, vermerken die Autoren, etwa für Produzenten der Kauf einer DSLR-Kamera günstiger sein als deren Anmietung; Produzenten werden damit zu Wettbewerbern der Rentals, was diese noch stärker unter Druck bringt.

Trotz Auslastungen von 62 bzw. 72 % bei der Vermietung hochwertiger Kameras ist angesichts des von 91 % der Firmen konstatierten Preisverfalls unter dem Strich ein profitables Geschäft sowohl der kleinen (bis 500.000 Euro Umsatz) Firmen als auch der Branchenriesen (über 15 Mio. Euro Umsatz) nicht gesichert.

Studiobetreiber erreichen eine Vollauslastung naturgemäß nur durch Daily Soaps, Teleshopping und wenige andere langlaufende Formate. Das ist oft an die Nähe zu Sendern am Studiostandort gebunden, wovon besonders Köln profitiere. Immerhin werden 59 % der Ateliers mittlerer Größe (1.000 bis 2.500 Quadratmeter) mindestens 200 Tage im Jahr genutzt. Gleiches (58 %) gilt für Großstudios über 2.500 qm. Deutlich schlechter sind kleinere Einheiten ausgelastet. Da auch nach Abschreibung von Neubauten erhebliche Basiskosten zu kalkulieren sind, scheinen kleine und günstig anbietenden Studios dennoch im Vorteil. »Bei mittelgroßen Studios übersteigt das Angebot offenbar die Nachfrage«, so ein Resümee der Studie. Das könnte beispielsweise durch verstärkte Akquise von Werbedrehs aufgefangen werden.

Letztlich ist es für viele VTDs »oft immer günstiger, mit sehr geringen Deckungsbeiträgen zu wirtschaften, als ihren Gerätepark oder ihre Räume ungenutzt zu lassen. Dieser Umstand führt selbst bei nur leichten Überkapazitäten im Markt zu einer Abwärtsspirale in der Preisentwicklung.« Und das zu Insolvenzen, Übernahmen und Geschäftsaufgaben, stellt die Studie fest.

Kostendruck wird nach unten durchgereicht

Eine Ursache für die Entwicklungen der letzten Jahre wird im finanziellen Druck der TV-Auftraggeber ausgemacht. Dieser wird »von Produktionsstufe zu Produktionsstufe, von oben nach unten, weitergegeben … Während die beiden großen privaten Sendergruppen in Deutschland in den letzten Jahren zweistellige Umsatzrenditen erzielen konnten, lag die durchschnittliche Umsatzrendite der Produzenten nur noch im niedrigen einstelligen Bereich und die der Dienstleister umsatzbezogen sogar noch darunter«, stellen Castendyk/Richter unter Einbeziehung der Produzentenstudie 2012 fest. Zwischen 2008 und 2012 betrachtet ist »für die Umsatzrenditen der filmtechnischen Dienstleister eine noch stärkere Negativentwicklung zu verzeichnen als für die Umsatzrenditen der Film- und TV-Produzenten«, heißt es weiter. »Insgesamt sind bei 77 % des PTD- und zwei Drittel des VTD-Branchenumsatzes die Umsatzrenditen in den letzten fünf Jahren kleiner geworden.«

Fazit

»Es zeigt sich, dass die PTD und VTD, die knapp die Hälfte der Umsätze auf sich vereinigen, keinen Gewinn erwirtschaften.« Die Umsatzrenditen der Gesamtbranche liegen mit im Schnitt zwischen 0 bis 1 % auf dem Tiefpunkt. Die konstatierte Misere der Dienstleister macht »deutlich, dass das deutsche Fördersystem bei allen Errungenschaften verbesserungswürdig ist, wenn der Standort im europäischen und weltweiten Wettbewerb bestehen will.« Für eine erstklassige Produktionsinfrastruktur sollte Filmpolitik auch als Film-Infrastrukturpolitik gesehen werden, so das Resümee der Autoren. Dazu will die Studie mit Handlungsimpulsen für die Branche und die Politik beitragen.

Die 75seitige Studie kann bei er Geschäftsstelle des VTFF in Berlin (Telefon 030-757 82 390, Mail info@vtff.de, www.vtff.de) bezogen werden.

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