Die Geburt des Erlösers
Wir danken im Namen eines großen Teils der weltweiten Medienwirtschaft der Herzogin von Cambridge, dass sie am gestrigen Nachmittag einen Sohn zur Welt gebracht hat — mitten im Sommerloch und in einer Zeit mit vielen schlechten, aber schwierig zu bebildernden Nachrichten: Was ist schon das immer gleiche Firmenschild der NSA im Vergleich zu strahlenden, jungen Eltern und einem Neugeborenen?
Diese wahnsinnige Spannung, wie denn die neue Nummer 3 der britischen Thronfolge nun heißen wird — James, George oder doch ganz anders — und all die anderen drängenden Fragen: Diese Woche, dieser Monat, sie sind für die Boulevard-Medien und benachbarte Genres gerettet. Endlich führt uns ein 3,8 kg schwerer Erlöser weg von den schwer zu erklärenden, kontroversen Themen wie Drohnendebakel, Abhörskandal und Eurokrise. Endlich königlicher Kinderjubel statt des langweiligsten Wahlkampfs aller Zeiten.
Wir halten es kaum noch aus und brennen darauf, zu erfahren, wie sich denn Charles, der ewige Prinz, nun als Großvater fühlt. Nichts wollen wir mehr wissen, als ob denn tatsächlich die Herzogin Kate und ihr Prinz Willi selbst dem royalen Baby die Windeln wechseln werden.
Wie geht nur das Vereinigte Königreich damit um, dass es nun nach der Queen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen, zwei oder gar drei Könige in Folge geben wird, obwohl doch extra das Thronfolgegesetz zugunsten erstgeborener weiblicher Thronfolger geändert worden war?
Pro Sekunde werden derzeit laut diverser Statistiken übrigens durchschnittlich 2,6 Menschen geboren. Ob es ein Glück ist, von dieser ersten Sekunde an im Interesse der untersten Schublade der Medienwirtschaft zu stehen, darf bezweifelt werden.
Sie werden sehen.