Kinodigitalisierung: Besser ohne VPF?
Von der Digitalisierung im Kinobereich profitieren am stärksten die Verleiher, weil sie die Kosten für Herstellung und Versand von 35-mm-Kopien einsparen. Von diesen Einsparungen sollen per Virtual Print Fee auch die Kinobetreiber profitieren. Was für die großen Mainstream-Kinos und Kinoketten funktioniert, die mittlerweile in großem Maßstab digitalisiert wurden, das sehen unabhängige Kinos skeptisch. So auch die Century Kinos im irischen Letterkenny, die nun dennoch schrittweise komplett auf digitale Systeme von Kinoton umrüsteten — ganz ohne VPF-Vertrag.
Insider erwarten, dass schon im Jahr 2014 neue Kinofilme — zumindest in den USA — nur noch digital als DCP und nicht mehr als 35-mm-Kopie verfügbar sein könnten. Der Grund dafür ist simpel: Die Major Studios in den USA können im Vergleich zu früheren Zeiten, als 35-mm-Kopien produziert und transportiert werden mussten, laut Schätzungen rund 1 Milliarde US-Dollar einsparen, wenn sie nur noch digitale Kopien herstellen und vertreiben. Zusätzlichen Schub hatte das Thema Digitalisierung durch die Welle von Stereo-3D-Filmen der vergangenen Jahre erhalten, so dass nun in sehr vielen Kinos schon digitale Abspielmöglichkeiten vorhanden sind — wenn vielleicht auch nicht durchgängig in allen Sälen.
Das bedeutet im Umkehrschluss: Auch Kinobetreiber, die bisher den Schritt in Richtung Digitalisierung noch nicht oder nicht vollständig gegangen sind, werden wohl nicht umhin kommen, dieses Thema nun anzugehen, wenn sie weiterhin aktuelle Filme zeigen wollen. Kein Problem, denn dafür gibt es ja das Virtual Print Fee (VPF) — so könnte man glauben. Die Grundidee des VPF besteht darin, dass die Filmverleiher einen Teil ihrer Einsparungen an die Kinos weitergeben, die ja größere Investitionen für die Digitalumrüstung aufbringen müssen: Jedes mal wenn in einem Kino ein digitaler Film gezeigt wird, bekommt das Kino dafür einen bestimmten Betrag vom Filmverleiher. In der Praxis wird dieses Grundprinzip in verschiedenste VPF-Verträge gegossen, die in den meisten Fällen darauf hinauslaufen, dass nach einer meist zehnjährigen Laufzeit rund 70 % der Investitionen des Kinos durch VPF bezahlt sein sollen. Solche VPF-Deals bieten verschiedene Hersteller und auch Finanzdienstleister an.
Klingt doch ganz gut, oder? Dem stimmt Mark Doherty, Betreiber der Century Cinemas in Irland, nicht uneingeschränkt zu: Bisher wurde von den Century Cinemas kein VPF-Vertrag unterzeichnet. »Solange die VPF-Modelle für uns keine Vorteile bieten, werden wir diesen Schritt auch weiterhin nicht machen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir noch kein VPF-Modell gesehen, das für uns einen langfristigen Nutzen hat.«
Was steckt hinter dieser Haltung? Kurz gesagt: Die Befürchtung, dass man als Kinobetreiber die Kontrolle darüber verliert, was man im eigenen Kino zeigen will und was nicht. Meist sind die VPF-Verträge nämlich eine Kombination aus einem Kreditvertrag, der Bindung an einen technischen Dienstleister und einem Bündel von Verleiherbindungen. Sony etwa weist stolz darauf hin, dass beim VPF-Vertrag den dieser Hersteller den Kinobetreibern (in den USA) anbietet, Deals mit sechs Majors und 90 Independents bestünden, die VPF-Geld einzahlen, wenn ihre Filme auf Basis des Sony-Vertrags in den Kinos gespielt werden. Andere Anbieter haben weniger Partner vorzuweisen.
Daraus könnte letztlich eine noch stärkere Abhängigkeit der Kinos von den Verleihern resultieren, als sie ohnehin schon besteht. Es könnte Druck ausgeübt werden, welche Filme bevorzugt in den Kinos zu laufen haben: Eben die der Majors und der größeren Indies — und nicht die der kleineren Indies, von ausländischen Distributoren oder von Filmen im Eigenverleih. Nach dem Motto: Wer VPF-Geld will, der muss eben auch VPF-Filme zeigen. Eine schwierige Lage für kleine Kinos und etwa für solche, die ein eigenes, ganz unabhängiges und vielleicht auch unorthodoxes Liebhaberprogramm fahren wollen.
Century Cinemas in Letterkenny: digital ohne VPF
Die Century Cinemas im irischen Letterkenny haben es aus den vorgenannten Gründen vorgezogen, die Umrüstung auf 100 % Digitalbetrieb selbst zu finanzieren und dabei auf nunmehr acht DCS-Systeme von Kinoton zu setzen.
Lutz Schmidt, Sales Manager bei Kinoton und dort zuständig für die Region Irland, besuchte den Betreiber der Century Cinemas Mark Doherty, der als Eigentümer eines unabhängigen Filmtheaters mit den Herausforderungen des digitalen Kinos umgehen muss. »Was mich zu Kinoton gebracht hat, ist der gute Ruf des Unternehmens in Bezug auf Qualität und Kompetenz«, erklärt Doherty.
Mark Doherty hat die Century Cinemas mit sechs Sälen im Jahr 2001 erworben. Ab diesem Zeitpunkt investierte er stetig in eine qualitativ hochwertige Ausstattung, um den Kunden ein bestmögliches Kinoerlebnis bieten zu können: »Ein Kino ist nicht zuletzt auch immer ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, um einen schönen Abend zu erleben. Wir müssen alles unternehmen, damit dieses Erlebnis so gut wird wie nur irgend möglich.« Als Inhaber mehrerer Freizeiteinrichtungen hat Mark Doherty eine klare Vorstellung davon, wie Kinos die Menschen ansprechen sollen: »Wir müssen sicherstellen, dass wir unserem Publikum ein beeindruckendes Erlebnis bieten, so dass sie auch zukünftig zu uns kommen wollen.«
Im Jahr 2003 wurden die veralteten 35-mm-Projektoren der Century Cinemas durch moderne Kinoton-Projektoren des Typs FP 50 D und Kinoton-Filmtellereinrichtungen ST 200 E ersetzt. 2005 wurden zwei weitere Säle hinzugefügt und ebenfalls mit Kinoton-Technik ausgestattet. Schließlich stand die schrittweise Umrüstung auf Digitaltechnik an und aus den oben genannten Gründen entschied sich Mark Doherty für eine Finanzierung der kompletten Umrüstung aus eigenen Mitteln. »Was mich weiterhin auf Kinoton vertrauen ließ, war die hohe Qualität der Ausrüstung die wir erworben haben sowie der zuverlässige Service und Support«, kommentiert er seine Erfahrungen mit Kinoton.
Mit dem Aufkommen von Digital-3D installierte Century Cinemas also Anfang 2009 erstmals zwei Kinoton-DCS-Systeme mit Dolby-3D. In den folgenden Jahren wurden weitere Kinoton-DCS-Systeme in Betrieb genommen, bis Mitte diesen Jahres schließlich die beiden letzten DCS-Installationen die Digitalumrüstung vervollständigten.
Mark Doherty ist sich bewusst darüber, dass Digital-Equipment höhere Ansprüche an Instandhaltung und Service stellt: »Ich vermute, dass es mehr kritische Punkte und höhere Kosten geben wird, einfach aufgrund der Tatsache, dass wir es jetzt eher mit Computern zu tun haben als mit mechanischen Projektoren. Das erforderliche Know-how ist komplett neu, die Wartung der neuen Digitaltechnik bringt viele ungewohnte Aspekte mit sich, die auch eingehende IT-Kenntnisse erfordern.« Gegenwärtig denken die Century Cinemas auch über die Einführung eines Theater Management Systems (TMS) nach.
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