Editorial, Kommentar, Top-Story: 01.06.2011

Standardbitte

Es ist ein viel besungenes Thema in unserer Branche, dass es in jüngerer Zeit immer öfter an verbindlichen Standards mangelt. Statt dass in der digitalen Welt der Austausch von Signalen einfacher würde, wächst jeden Tag das Chaos weiter an: Da wird hier noch ein bisschen am Codec geschraubt und dort noch ein bisschen am Format gedreht oder gleich etwas ganz eigenes zusammengerührt.

Am Ende steht man als Anwender vor einem Berg von Files, von denen man zwar weiß, dass es sich um Video- und/oder Audiodateien handeln sollte, die man aber nicht abspielen  kann — zumindest nicht ohne den einen oder anderen Klimmzug und Umweg: Hier noch ein Plug-In suchen, herunterladen und installieren, dort noch Dateien transkodieren, statt einfach nur auf »Play« zu drücken oder zu klicken — so haben wir uns die Segnungen des digitalen, file-basierten Zeitalters nicht vorgestellt.

Ist Besserung in Sicht? Eher nicht, denn wie aus der Büchse der Pandora kommen immer weitere Plagen über die Branche: Formate, Codecs, File-Systeme, Dateitypen, Schnittstellen und Protokolle, die von der einen Software unterstützt werden und von der anderen eben nicht.

Zum Glück gibt es noch Inseln, auf die man sich zurückziehen kann, wo man sich auskennt, wo es feste, verbindliche Regeln und Standards gibt. So wie etwa die deutsche Sprache, die zwar durch die vor ein paar Jahren umgesetzte Rechtschreibreform etwas durcheinander geschüttelt und aufgeweicht wurde, die aber im Grunde immer noch verlässlich und stabil ist und eine vergleichsweise klare Kommunikation ermöglicht.

Und dann das: »Da Gmiasmo« steht auf dem Lieferwagen. Was soll das sein? Ein italienisches Restaurant? Nein, das ist bayerischer Dialekt und soll »Der Gemüsemann« heißen, analog zum lokalpatriotischen »Gmiaspfandl« auf der Karte rustikaler Gaststätten im Südosten Deutschlands. So zeigt sich auch im Alltag immer wieder, wie wichtig gemeinsame Standards sind. Wie würde sonst »Da Gmiasmo« den Weg zur »beinharten Bagaluten-Wiehnacht« in Kiel finden, falls er da mal hinmöchte?

Sie werden sehen.