Die Welt hält den Atem an
Massive Verwüstungen und vermutlich tausende Tote durch Erdbeben und Tsunami, dazu noch eine drohende nukleare Katastrophe: die Welt blickt nach Japan, hofft, bangt und fühlt mit dieser seit vergangenen Freitag so schrecklich geprüften Nation. Viele in der Branche haben geschäftliche und auch freundschaftliche Kontakte nach Japan, sind bei japanischen Unternehmen beschäftigt — und fühlen deshalb noch stärker mit dem japanischen Volk und fürchten intensiver die Auswirkungen dieser schrecklichen Ereignisse.
Der japanische Ministerpräsident sieht sein Volk in der größten Krise seit dem zweiten Weltkrieg: Wenn ein Politiker aus einem Land, wo man normalerweise seine Gefühle in der Öffentlichkeit nicht zeigt und es auch stets darum geht, das Gesicht zu wahren, so etwas sagt, dann kann man abschätzen, wie es dort gerade in den Köpfen der Menschen zugeht. Man muss sich aber auch immer wieder in Erinnerung rufen: Die TV-Bilder geben keineswegs den Zustand des ganzen Landes wieder, die Verwüstungen durch Erdbeben und Tsunami betreffen vor allem die Küstenregion im Nordosten Japans. Und hoffentlich lassen sich sogar die Probleme mit den Kernkraftwerken begrenzen.
Das menschliche Leiden vor Ort muss nun bei allen Betrachtungen ganz zweifellos weit im Vordergrund stehen — die Ereignisse in Japan werden aber in jedem Fall auch Auswirkungen auf unsere Branche haben, das ist völlig klar. Schließlich hat die japanische Industrie große Bedeutung für die technische Seite der Branche — auf der ganzen Welt. Geräte, Technologien, Bauelemente, ohne die es diese Branche in ihrer heutigen Form nicht gäbe, kamen und kommen in großer Zahl aus Japan.
Es wird wahrscheinlich nicht lange dauern, bis die ersten negativen Wirtschaftsprognosen für die Elektronikbranche veröffentlicht werden: So sind die wirtschaftlichen Mechanismen, es geht nicht um Menschen, sondern um Volkswirtschaften und Zahlen. Nach den ersten Nachrichten von der Naturkatastrophe brachen die Aktienkurse der Rückversicherer ein — und in bestimmten Kreisen wird heute mehr um den Nikkei-Index gebangt, als um die Entwicklung in den japanischen Kernkraftwerken.
Weil aber die japanische Industrie sozusagen einer »der engsten Verbündeten« der Branche ist, wie das in der Politik oft umschrieben wird, gilt es nun vielleicht auch im geschäftlichen Bereich, ein Stück Solidarität zu zeigen — selbst wenn man keineswegs immer mit der Geschäftspolitik der japanischen Konzerne einverstanden ist.
Die indirekten Auswirkungen dessen, was in Japan geschehen ist und derzeit noch geschieht, werden viele in der Branche auf die eine oder andere Weise treffen. Bei der Überwindung der Probleme in Japan kann man auf den legendären Durchhaltewillen und Stoizismus hoffen, der den Japanern nachgesagt wird — und für die Branche insgesamt gilt es nun vielleicht nicht, den Atem anzuhalten, aber zumindest tief durchzuatmen und gemeinsam durchzustehen, was da kommen wird.
Sie werden sehen.