Die Berlinale, das Fernsehfestival
Zur heutigen Eröffnung der Filmfestspiele in Berlin kann ein Reality Check nicht schaden: Was sich als großes Fest der Kinowelt geriert, hängt in Wahrheit auf vielen Ebenen viel stärker vom Fernsehen ab, als offen ausgesprochen wird.
Die Internationalen Filmfestspiele in Berlin zelebrieren sich gern als großes Kino: Das kommt beim Publikum an, zieht das öffentliche Interesse auf die Filmbranche — und kann deshalb aus der Sicht dieser Branche ganz sicher nicht falsch sein. So wird die Filmkunst zweifellos auch bei der nunmehr 61. Austragung dieses Festivals wieder hochgelobt und plakativ rausgehängt. Wer aber sind die wahren Motoren der Branche, wem gehört der deutsche Filmmarkt und somit auch die Berlinale?
Das kann man zum einen auf dem parallel zum eigentlichen Festival stattfindenden European Film Market besichtigen: Hier geht es um die kommerzielle Seite, hier werden Rechte gehandelt, hier preisen sich Filmstandorte und auch TV-Sender an. Das hat seine Richtigkeit und muss so sein, man spricht schließlich nicht umsonst von der »Filmindustrie«.
Wo aber kommt die Kohle her, die in dieser Industrie im besonderen in Deutschland verteilt wird? Da lässt sich der Blick rasch auf zwei wichtige Protagonisten verengen: Einerseits die Filmförderung und andererseits das öffentlich-rechtliche Fernsehen. So ist das ZDF an insgesamt 16 Produktionen beteiligt, die in den verschiedenen Sektionen der Berlinale gezeigt werden, darunter drei Wettbewerbsbeiträge. Die ARD bringt es über ihre Filmtochter Degeto und über die einzelnen Sendeanstalten auf 38 Ko- und Auftragsproduktionen, darunter zwei Wettbewerbsbeiträge.
Rechtzeitig zur Berlinale lässt die ARD zudem verlauten: »Trotz steigender Sparzwänge bleibt der Etat für Filmneuproduktionen unangetastet: Eine Summe von rund 250 Millionen Euro geben die Landesrundfunkanstalten der ARD jährlich dafür aus — darin eingerechnet sind auch die Summen, die die ARD-Anstalten in die Filmförderungen der Länder einzahlen, und die Mittel, die die Häuser für Koproduktionen mit externen Partnern aufwenden. Weitere 260 Millionen Euro investiert die ARD Degeto jährlich in Auftragsproduktionen von Fernsehfilmen und Serien.«
ARD-Finanzmittel stecken etwa im deutschen Wettbewerbsbeitrag »Wer wenn nicht wir«, einer Koproduktion des SWR, WDR und der ARD Degeto. Der ebenfalls im Wettbewerb laufende »V Subbotu — An einem Samstag«, ist ein russisch-ukrainisch-deutscher Tschernobyl-Film, der in Koproduktion mit dem MDR und Arte entstand.
Das ZDF hat zwar weniger Eisen im Feuer, was die Filmbeteiligungen betrifft, ist aber zusätzlich als Hauptmedienpartner und somit als Sponsor der Berlinale im Boot, was sich während der Festivalzeit deutlich im ZDF-Programm niederschlägt, aber auch bei 3Sat und in den digitalen Angeboten des Senders.
Im Rahmen der 61. Internationalen Filmfestspiele Berlin feiert etwa Wim Wenders‘ neuer Film »Pina« im Berlinale Palast seine Welturaufführung. Dieser Tanzfilm in Stereo-3D wurde vom ZDF, vom ZDF Theaterkanal, Arte und 3Sat mitfinanziert. »Pina« wird außer Konkurrenz im Wettbewerb gezeigt, kämpft also nicht um die Bären-Trophäe. »Schlafkrankheit« hingegen, ein deutsch-französischer Spielfilm an dem ZDF und Arte mitfinanzierten, will ebenso wie der mit ZDF-Unterstützung produzierte »Un Mundo Misterioso« (Argentinien, Deutschland, Uruguay) einen Preis erringen.