Moderne Zeiten
Es geht: Man kann mit DSLR-Kameras Filme produzieren und dabei eine erstaunliche Qualität erzielen. Dabei sind zwar etliche Klimmzüge nötig, die einem Großteil der Anwender — und hier besonders den alten Hasen — dann doch zu anstrengend sind. Viele Anwender sehen aber in all den kleinen Problemchen der DSLR-Filmerei kein Hindernis, das sie vom dabei möglichen, filmischen Look mit geringer Schärfentiefe fernhalten könnte. Bisweilen kann man sogar den Eindruck gewinnen, für einige liege der Reiz einer DSLR-Produktion darin, passende Workarounds für Produktions-Hindernisse zu finden. Frei nach dem Motto: »Der Weg ist das Ziel«. Fehlt eigentlich nur noch das passende Motiv-T-Shirt: »I survived DSLR-Production« oder »DSLR-Moviemaking: I did it!«
So oder so: Mittlerweile ist ein eigener DSLR-Filmer-Markt entstanden, den etwa auch etliche Zubehörhersteller mit Equipment versorgen, das den Dreh mit DSLR-Kameras professioneller, ergonomischer und praktischer macht. Die Profiabteilungen der etablierten Kamerahersteller haben dieser Entwicklung dagegen lange Zeit zugesehen, ohne darauf zu reagieren — man könnte auch urteilen, dass hier eine Entwicklung unterschätzt oder gar verschlafen wurde.
Zumindest fast verschlafen: Zur NAB2010 kündigte Panasonic seinen »DSLR-Killer« AG-AF101 an, nannte zur IBC2010 konkretere Details und zeigte erstes, mit einer Betaversion des Camcorders gedrehtes Material. Der Hersteller will den Single-Sensor-Camcorder, der den typischen »Schärfentiefe-Filmlook« bieten soll, zum Jahresende 2010 ausliefern. Zahlreiche Vorbestellungen bei Händlern zeigen, dass es dafür Kunden gibt: Menschen eben, die lieber mit einem Camcorder drehen, als mit einem Fotoapparat.
Auch Sony legt nun kräftig nach: zur NAB und IBC gab es erste vage Andeutungen und ein Designmodell des »Next Generation Camcorders«. Jetzt heißt der Single-Sensor-Camcorder PMW-F3 und es gibt schon umfangreiche Infos (siehe News hierzu), so soll das Gerät schon ab Januar 2011 ausgeliefert werden. Ganz aktuell präsentierte Sony sogar schon einen Kurzfilm, der mit einem Prototypen des F3 gedreht wurde (ist in die News eingebettet). Und kaum eine Woche nach der Ankündigung des F3 sattelt Sony gleich nochmal eins drauf: Zusätzlich zum F3 soll auch noch ein AVCHD-Camcorder mit dem gleichen Super-35-mm-Sensor kommen. Dieser neue Camcorder — in der gleichen 6.000-Euro-Preisregion angesiedelt wie Panasonics AG-AF101 — soll ab Mitte kommenden Jahres ausgeliefert werden.
Damit sind die Karten fürs Jahresendgeschäft neu gemischt. Nun bieten die etablierten Kamerahersteller Alternativen zur DSLR-Produktion an — und nicht nur dafür: Zumindest Sonys F3 tritt ganz klar auch gegen die Red One und — falls sie irgendwann mal fertig wird — gegen die Red Epic an. Auch der Marktbereich, der auf Arris Alexa setzt, wird davon nicht gänzlich unbeeindruckt bleiben. Natürlich werden sowohl Arri, wie auch Red — und noch mehr deren jeweilige Fangemeinden — das empört von sich weisen und auf die riesigen Unterschiede zwischen diesen Kameras hinweisen. Das haben die Camcorder-Hersteller beim Aufkommen der DSLR-Filmerei aber auch getan, auf die sie nun eben doch reagieren (müssen).
Eins ist sicher: Es tut sich was — und davon können die Kunden nur profitieren.
Sie werden sehen.