RTL Deutschland: Neues Dach überm Kopf
Die Mediengruppe RTL Deutschland bezieht im Lauf dieses Jahres vollends ihren neuen Standort: Eine Hälfte der vollständig umgebauten Rheinhallen mitten in Köln. Dort, wo einst die Messe Köln angesiedelt war, wird modernste TV-Technik in Betrieb gehen, wie man sie letztlich nur in einem Neubau umsetzen kann. film-tv-video.de war vor Ort und hat sich mit den verantwortlichen Planern von CBC, dem Produktions- und Technik-Dienstleister der Mediengruppe, über das Konzept und den aktuellen Stand informiert.
Wenn Deutschlands größte private TV-Senderfamilie umzieht, dann ist das natürlich mit einem immensen Aufwand verbunden, erfordert umfassende Vorplanung und Vorarbeit. Und wenn der Umzug in ein Gebäude erfolgt, das eine denkmalgeschützte Fassade besitzt, aber zunächst innen komplett entkernt und neu aufgebaut wurde, dann ist diese eine Herausforderung der ganz besonderen Art.
Noch in diesem Jahr findet der Umzug von RTL, Vox, Super RTL, N-TV & Co. statt. Für Sendebetrieb, Produktion, Technik und IT ist bei der Mediengruppe RTL Deutschland deren 100-%-Tochter CBC zuständig, ein TV-Dienstleister der auch für Unternehmen tätig ist, die nicht zu RTL Deutschland zählen. CBC hat die produktions-, broadcast- und IT-relevanten Infrastrukturen für das neue Sendezentrum geplant, setzt diese Planungen um und übernimmt auch den operativen Betrieb.
Gebäude
Die früher von der Messe Köln genutzten Rheinhallen im rechtsrheinischen, zentral gelegenen Stadtteil Deutz, sind in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts errichtet worden und prägen mit ihren Klinkerfassaden, die unter Denkmalschutz stehen, das Bild der Stadt. Der Denkmalschutz erforderte, dass die Außenwände des Gebäudes erhalten bleiben. Der Rest des Gebäudes wurde komplett abgerissen, die Rheinhallen entkernt und im Inneren ein modernes Bürogebäude neu aufgebaut. Wie das entkernte Gebäude phasenweise aus der Luft aussah, kann man noch heute bei Google-Maps sehen.
Das Gebäude besteht nun im Inneren aus zwei Gebäudeteilen mit je fünf Etagen, die durch eine überdachte Arkade verbunden sind. Der Westtrakt steht mit der langen Seite zum Rhein, er ist durch zwei Übergänge mit dem Ostteil des Gebäudes verbunden.
Die Mediengruppe RTL Deutschland belegt mit 90.000 Quadratmetern die Hälfte der Fläche des neuen Gebäudes, die andere Hälfte hat der Versicherungskonzern HDI Gerling schon im Herbst 2009 bezogen. »Für den reinen Bürobetrieb einer Versicherung sind die Anforderungen an das Gebäude niedriger als für Fernsehsender«, erklärt CBC-Geschäftsführer Thomas Harscheidt den Umstand, dass Gerling seinen Gebäudeteil schon etwas länger komplett nutzt.
Architektonisch ist das Gebäude in einen West- und einen Osttrakt unterteilt, von der Nutzung her in eine Süd- und Nordhälfte. Beide Mieter verfügen also über Räume zur attraktiven Rhein- und Altstadtseite hin, mit dem Kölner Dom als Wahrzeichen der Stadt.
Der attraktive Ausblick für beide Mietparteien hat einen Preis: Die von RTL genutzten Räume sind dadurch auf zwei Gebäudetrakte verteilt. Diese sind mit direkten Übergängen verbunden, die den Weg über den Arkadenhof ersparen, dennoch fallen recht beachtliche Wegstrecken an. »Diese bauliche Struktur haben wir aufgegriffen und die technischen Einrichtungen derart funktional angeordnet, dass es innerhalb der Arbeitsabläufe jeweils kurze Wege gibt. Die gesamte Technik wurde im Erdgeschoss und im ersten Stock installiert, wobei sich einige der Räume, etwa die Studios, über mehrere Stockwerke ausdehnen. In den Stockwerken darüber befinden sich die Büroraume«, fasst Thomas Harscheidt, Geschäftsführer von CBC, zusammen.
Im Ostteil des Gebäudes hat CBC das Network Operation Center samt Sendeabwicklungen und Playout, das Archiv, das Rechenzentrum und diverse Edit-Suiten eingeplant. Im Westteil des Gebäudes befinden sich unter anderen die Studios, der Hauptschaltraum sowie die Postproduktion für News- und Magazin-Formate.
Ein weiterer Aspekt, den der neue Standort mit sich brachte, konnte ebenfalls gelöst werden: Der Denkmalschutz erlaubte es nicht, auf den innen neu gestalteten, aber außen historischen Rheinhallen die für einen TV-Sender unvermeidlichen, großen Satelliten-Uplinks zu installieren. Deshalb sind diese Uplinks jetzt auf dem Dach eines neben den Rheinhallen neu errichteten Parkhauses platziert, wo sie schnell und direkt zugänglich sind.
Großer Technikwechsel
Mit dem Umzug wird in vielen Bereichen ein Technikwechsel vollzogen. CBC hat dabei stark in HD-Technik investiert. Am neuen Standort wird in HD produziert. Die Studios sind ausschließlich mit HD-Infrastruktur ausgestattet. Außerdem wird auf file-basiertes Arbeiten gesetzt. Auch bei den in den einzelnen Bereichen verwendeten Tools gibt es Änderungen: Mit dem Umzug nach Deutz wird für den News- und Magazinschnitt durchgängig mit Final Cut Pro gearbeitet. Vom bisherigen RTL-Standort Aachener Straße wird keine Broadcast-Technik am neuen Standort eingesetzt, vom CBC-Stammsitz in Köln-Ossendorf wird nur etwa 15 Prozent der Technik an den neuen Standdort transferiert: Damit entsteht in den Rheinhallen ein wirklich von Grund auf neu konzipiertes, modernes Produktions- und Sendezentrum.
Grundlegende Workflows
CBC ist als Produktions-, Broadcast- und Technik-Dienstleister aktiv – für Unternehmen innerhalb und außerhalb der Mediengruppe RTL Deutschland in der die nach Aktienanteilen von Bertelsmann beherrschte RTL Group ihre deutschen TV-Aktivitäten gebündelt hat. In Köln, München und Berlin betreut CBC die TV-Sender RTL, Vox, N-TV, Super RTL, RTL II, RTL Crime, RTL Living und Passion. Darüber hinaus gehören aber auch Produktionsunternehmen wie InfoNetwork, Sportcast, Grundy und Granada zu den Kunden – um nur einige wenige zu nennen. Ferner berät und betreut CBC auch Unternehmen wie RTL Interactive und IP Deutschland.
In Köln-Deutz realisiert CBC ein völlig neues Produktions- und Sendezentrum für die Mediengruppe RTL Deutschland. Die TV-Sender nutzen dort dann ein gemeinsames System für die Nachrichten- und Magazinproduktion. »Der geplante Umzug war für uns der Auslöser, auch die Workflows für diesen Bereich komplett neu zu überdenken«, erläutert CBC-Geschäftsführer Thomas Harscheidt. »Nicht zuletzt auf Basis dieser Überlegungen haben wir uns für eine file-basierte Architektur entschieden.«
Das neue News-System setzt sich aus zahlreichen Standardkomponenten zusammen, die CBC mit eigenentwickelten Hard- und Software-Modulen ergänzt. Ziel ist es, die Bereiche Dispo, Themenplanung, Redaktionssystem, Ingest, Editing, Rechte- und Materialmanagement von einem eng verzahnten und vernetzten Gesamtsystem komplett abzudecken.
Zentrales Element der News- und Magazin-Produktion ist dabei das Redaktionssystem NCPower von Norcom, das innerhalb der Mediengruppe in Deutschland flächendeckend genutzt wird. Auf der Hardware-Seite nutzt dieses System Server-Cluster der Oracle-Tochter Sun Microsystems, auf denen das Unix-Betriebssystem Solaris 10 läuft. Diese Infrastruktur ist redundant ausgeführt.
NCPower wird im Zusammenspiel mit dem Video Production Management System VPMS des deutschen Herstellers S4M eingesetzt. Letzteres steuert neben dem Ingest auch das Low-Res-Browsing und den Hi-Res-Playout. Der Playout von News- und Magazin-Beiträgen erfolgt hardware-seitig über einen K2-Server von Grass Valley, der hierbei von einem Clip-Jockey-System aus dem Hause S4M gesteuert wird. Die Abläufe sind so angelegt, dass Beiträge im Redaktionssystem vorbereitet, Änderungen von der Regie aber bis zur letzten Sekunde vorgenommen werden können.
Eine weitere Systemkomponente ist das News-Planungssystem Infoplan, eine Eigenentwicklung von CBC. Diese Software-Lösung ermöglicht die Verwaltung aller relevanten Produktionsdaten, die für den News-Betrieb benötigt werden. Alle Elemente können durchsucht und nach unterschiedlichen Kriterien wie Topthemen, geplanter Sendung oder auch Kategorie angezeigt werden.
Infoplan hilft auch bei der Produktionsplanung, zeigt vorhandene Ressourcen oder eventuelle Überschneidungen an, und leitet fertig produzierte Themen weiter ins Redaktionssystem NCPower und in VPMS. Auch die Rechte- und Lizenz-, wie auch die Stammdatenverwaltung (etwa Adressen) übernimmt Infoplan.
Kurzum: Infoplan speichert alle beitragsrelevanten Informationen und Metadaten und verwaltet sie zentral, sodass sie allen angeschlossenen Redaktionen direkt von den Arbeitsplätzen zugänglich sind. Man könnte also sagen, dass Infoplan eine Office-Management-Software für die Anforderungen eines Broadcasters darstellt.
Einspielen des Materials
Bei TV-Sendern laufen natürlich zahlreiche News-Feeds von Nachrichtenagenturen und Überspielungen aus allen Teilen der Erde auf, die mitgeschnitten werden müssen. Hierfür hat CBC insgesamt 24 Infofeed-Recorder im Einsatz; das sind Server, die von S4M-Jobcontrol-Modulen gesteuert werden. Der Standard-Codec für das News-SD-Format ist IMX mit 30 Mbps (4:2:2, MPEG-2, I-Frame only). Die Recorder erzeugen beim Ingest eine Quicktime-Datei mit IMX30-Nutzdaten (self-contained). Zusätzlich wird aber auch ein MPEG-1-Video für die Low-Res-Dateien generiert.
Auch Bilder und Töne, die auf veschiedenen Trägermedien angeliefert werden, spielt CBC zentral ins Speichersystem ein und hält die hierfür nötigen Abspielgeräte bereit. Intern wird nur noch file-basiert gearbeitet, das gilt auch für die nationalen und internationalen Außenbüros.
Die VPMS-Datenbank von S4M speichert die Metadaten aller Files. Schon während der Aufzeichnung sorgt das System dafür, dass die MPEG-1- wie auch die IMX-30-Signale auf den zentralen Speicher transferiert werden. Auf diese Weise stehen die Files schon 30 Sekunden nach der Aufzeichnung fürs Editing bereit – und zwar an allen Redaktions- und Editing-Plätzen.
Wenn von vornherein schon file-basiertes Material angeliefert wird, versucht CBC unnötige Transcoding-Schritte weitestgehend zu vermeiden. Generell wird im Nachrichtenbereich erst nach dem Ingest, beim Kopieren auf den Server transkodiert – auch wenn Ausnahmen die Regel bestätigen, erklärt Rüdiger Kupke, Bereichsleiter Systems & Technology.
Schnitt mit Final Cut Pro
CBC hat sich dazu entschieden, am neuen Standort in Köln Deutz für den News- und Magazinschnitt durchgängig Final Cut Pro (FCP) von Apple einzusetzen. Dieses Editing-System wird – neben anderen Softwares – von CBC schon seit etlichen Jahren genutzt. »Wir haben uns nicht nur wegen der günstigeren Anschaffungskosten für Final Cut entscheiden, sondern auch und gerade, um damit die laufenden Betriebs- und Supportkosten für die Schnittsysteme reduzieren zu können«, begründet Thomas Harscheidt die Entscheidung für die Standardisierung auf Final Cut. »Außerdem ist es heute wesentlich einfacher, gute Final-Cut-Editoren zu finden.«
Die Postproduktion ist räumlich nah an den Redaktionsräumen positioniert. Für jeweils zwei Schnitträume steht eine gemeinsame Sprecherkabine zur Verfügung. An den Schnittplätzen gibt es keine eigenen Zuspieler mehr, die Systeme arbeiten vollständig bandlos und nonlinear mit einem zentralen Speicher. Für News und Magazin-Formate sind alle Final-Cut-Systeme via Fibre-Channel (FC) an einen zentralen und ebenfalls redundant ausgeführten Speicher von Data Direct angebunden. Er fasst mit 108 TB Kapazität rund 3.500 Stunden Video- und Tonmaterial, die jeweils im direkten Zugriff der Arbeitsplätze vorgehalten werden. Die Anbindung ist mit 4-Gbps-FC-Verbindungen realisiert.
Neben den FCP-Schnittsystemen haben auch die Redakteure an ihren Arbeitsplätzen Zugriff auf das gesamte Videomaterial in Low-Res-Qualität. Auch damit können Beiträge (vor-)geschnitten werden. Nach dem Schnitt mit Low-Res-Material dient die dabei erzeugte EDL dann dazu, das Hi-Res-Material entsprechend zu rendern. An ihren Arbeitsplätzen können die Redakteure auch vertonen und es ist möglich, Grafikvorlagen (Templates) im Redaktionssystem auszuwählen, mit den entsprechenden Infos zu füllen und diese später ins On-Air-Grafiksystem zu übermitteln.
Der Zugriff aufs Archiv, also auf Beiträge, die nicht mehr im 3.500-Stunden-Cache vorliegen, ist mit dem System Trip von Tieto realisiert. Von den Redaktionsarbeitsplätzen wie von den Editsuiten aus, steht damit auch älteres Material zur späteren Wiederverwendung bereit.
CBC hat also ein dreistufiges Speichermanagement etabliert, mit dem schnellen Online-Speicher (3.500 h), einem plattenbasierten Jahresspeicher (6.000 h) sowie einer erweiterbaren Data-Tape-Library, die derzeit auf rund 12.000 Stunden Material ausgelegt ist. Auch die weltweiten Außenredaktionen arbeiten mit dem gleichen Redaktionssystem, können auf den Online-Speicher zugreifen und dort abgelegtes Material direkt in den eigenen Beiträgen verwenden.
Projektmanager für FCP
Die Festlegung auf Final Cut Pro bietet viele Vorteile, was Lizenzen, Support und Infrastruktur betrifft. Ursprünglich wurde FCP aber nicht für ein umfangreiches vernetztes Arbeiten in einer großen Broadcast-Umgebung konzipiert, deshalb gäbe es auch Lücken und negative Aspekte, würde man das Schnittprogramm ohne weitere Anpassung in einer solchen Umgebung nutzen. Daher hat CBC in einer Entwicklungspartnerschaft mit Apple die Software EditPipe entwickelt. Das ist – vereinfacht gesagt – eine für Broadcast-Zwecke optimierte Projektsteuerung für FCP, die das Programm an die besonderen Anforderungen von CBC anpasst.
EditPipe löst ein Problem, das in der grundlegenden Arbeitsweise von FCP angelegt ist. Will man in FCP einen Videobeitrag erstellen, wird dafür zunächst innerhalb des Schnittprogramms ein Projekt angelegt und innerhalb dieses Projekts werden dann alle Quellen des Beitrags angesprochen und verwaltet. Im aktuellen Betrieb eines TV-Senders würde also innerhalb kurzer Zeit eine Unmenge an Projekten und Beiträgen entstehen: Durchschnittlich rund 1.000 einzelne Beiträge sind das pro Woche für die unterschiedlichen TV-Sender, für die CBC in den Rheinhallen aktiv ist. Per File-Explorer wäre dieser Menge nicht mehr beizukommen.
Hier setzt EditPipe an und schließt die Lücke zwischen den Redaktionssystem NCPower und VPMS auf der einen und zwischen FCP und ClipJockey auf der anderen Seite. Die Software läuft als native MacOS-X-Software auf jedem Mac-Schnittplatz und ist automatisch Bestandteil der Menüstruktur von FCP, erläutert Rüdiger Kupke, Bereichsleiter Systems & Technology: »Das System besteht aus den Modulen Projektmanagement, Cutlisten-Import für FCP, einem Export-Plug-In sowie TrackMen, einer Verknüpfung von Quicktime-Video und Audio-Wav-Dateien, die in der Nachvertonung entstanden sind.«
Studios und Regien
Auch im neuen Gebäudekomplex betreibt CBC Studios, die primär für Nachrichten- und Magazinproduktionen genutzt werden, aber in denen auch andere non-fiktionale Produktionen stattfinden. Um die Studios voll live-tauglich zu machen, wurden – auch wegen der Dieselmotoren der Rheinschiffe, die sich ja in unmittelbarer Nähe vorbeischieben, sowie der nahegelegenen Bahnstrecken – besondere bauliche Maßnahmen ergriffen: Die Studios sind als Raum-im-Raum konstruiert, somit vom restlichen Gebäude akustisch entkoppelt.
Das größere Studio hat eine Grundfläche von 410 Quadratmetern. Zur Grundausstattung des Studios gehören HD-Kameras des Typs LDK-6000, die auf automatisierten Robotik-Systemen und Stativen zum Einsatz kommen. Die Formate werden in HD produziert – nur zugespielte Beiträge wird es teilweise noch in SD geben. Das Studio ist mit Virtual-Set-Technik des Typs ProSet von Orad bestückt und mit seiner großen grünen Hohlkehle komplett für virtuellen Betrieb ausgerüstet. ProSet kann bis zu sechs HD-Eingangssignale verarbeiten.
In der zugeordneten Regie setzt CBC bei den Grafiksystemen ebenfalls komplett auf Orad und nutzt die Authoring-Software 3Designer, die Playout-Software 3DPlay und die Ablaufautomation Maestro. Rüdiger Kupke betont den flexiblen und effizienten Workflow, der durch das neue System möglich ist. Neben der Verbesserung der Arbeitsabläufe stand die Schaffung einer zentralen Produktionsinfrastruktur im Vordergrund, was durch die Grafiksysteme von Orad erleichtert wurde.
Das zweite Studio weist eine Grundfläche von 260 Quadratmetern auf. Dort werden sowohl VR- als auch Real-Set-Produktionen realisiert. Jedem der beiden Studios sind eine direkt angrenzende HD-Regie und ein Geräteraum zugeordnet: Die Wege für Sendetechniker, Ablauf- und Bildregie sind somit kurz gehalten.
Alle Arbeitsplätze in den Regien sind per KSC-System von BFE ansteuerbar. Die Signale beider Studioeinheiten werden über eine gemeinsame, zentrale Audio/Video-Kreuzschiene von Evertz (EQX, 288×288) geschaltet und verteilt, was zusätzliche Flexibilität eröffnet. »Zentrales Element der Regie ist ein Kayenne-Produktionsmischer, des Typs XL 450«, erläutert Andreas Fleuter, Bereichsleiter Produktion. Die flexible Darstellung der Signale erfolgt über Multiviewer-Rückpro-Systeme von Barco.
Neben den beiden Studios gibt es an Live-Produktionskapazitäten noch zwei News-Sets, in denen Roboterkameras zum Einsatz kommen. Jedes Set ist an eine eigene Regie angebunden. Kapazitäten für zusätzliche Studiobereiche sind vorhanden. »Sofern ein Kunde es wünscht, können wir in den HD-Studios auch in SD produzieren«, so Andreas Fleuter. Ein Kunde? Ja: CBC bietet die Studios nicht ausschließlich den Unternehmen der Mediengruppe RTL Deutschland, sondern auch weiterhin Kunden außerhalb der Gruppe an (mehr dazu im Abschnitt »Wachstumsperspektiven«).
Audiobearbeitung und Kommunikation
CBC setzt am neuen Standort im Studiobereich zwei Audiomischpulte des Typs Lawo MC290 ein. Beide sind mit einer Audio-Kreuzschiene des Typs Nova 73HD verbunden. Auf Knopfdruck lassen sich mit den Lawo-Pulten individuelle Settings abrufen. Die Lawo-Audiorouter sind über Madi-Client-Boards mit der Riedel-Kommunikationsanlage verknüpft. In den Studioregien mit zwei Artist 128 Mainframes ausgestattet, weitere sind im MCR eingebaut, sowie im kleineren Studio. Die Interkom-Anlage ist redundant als Ring aufgesetzt, sodass im Havariefall das System auch dann noch funktioniert, wenn es zwischen zwei Verbindungspunkten Probleme geben sollte.
Innovative Steuerzentrale und Sendeabwicklung
Alle Sendeabwicklungen sind mit HD-tauglicher Technik ausgestattet. Sämtliche für die Ausstrahlung benötigten Kernkomponenten sind mindestens in doppelter Ausführung vorhanden. So sind beispielsweise die Automationssysteme und Videoserver in jeder Sendeabteilung gespiegelt und gewährleisten eine hohe Verfügbarkeit, auch bei Ausfall eines Systems. Neben den direkt um die zentralen Kontroll- und Steuerpulte des Network Operation Center (NOC) angeordneten Sendeabwicklungen für RTL, Vox und Super RTL, steht eine weitere Multichannel-Sendeabwicklung für die Ausstrahlung von bis zu 10 TV-Sendern zur Verfügung. Derzeit wird diese für die Programme RTL Crime, RTL Living und Passion genutzt.
Bei der Raumplanung wird auch großer Wert darauf gelegt, dass die Sendeabwicklungen Tageslicht erhalten. Im neuen Sendezentrum gibt es keinen alleinigen, zentralen Geräteraum (ZGR) mehr, sondern zahlreiche Geräteräume, jeweils in der Nähe der operativen Bereiche (mehr dazu im Abschnitt »TK, Vernetzung, ZGR«).
In Köln-Deutz wird CBC zunächst bis zu 15 Kanäle betreuen können. Als Automatisierungssystem wird dabei Abit Present It eingesetzt, das auf der Hardware-Seite mit Spectrum-Servern von Omneon, Grafikgeräten von Miranda sowie Routing-Lösungen und Master Control-Mischern von Evertz kombiniert ist. Bei den Multiviewern setzt CBC durchgängig auf Lösungen von Barco.
Im NOC findet die Überwachung der unterschiedlichen Verbreitungswege (Satellit, Kabel, Terrestrik) statt. CBC betreut insgesamt 60 Sendewege. Auch werden im NOC Backup-Schaltungen vorgenommen. Die Distributionssignale werden dann vom NOC auf einen anderen Uplink-Standort umgeleitet. Dies geschieht beispielsweise bei witterungsbedingten Einflüssen wie starkem Regen oder Gewitter, um auch dann eine störungsfreie Signalqualität zu gewährleisten.
Neben den Sendeabwicklungen des NOC betreuen die CBC-Ingenieure auch den Ingest für (noch) auf Band angeliefertes Programmmaterial. Hierfür stehen unterschiedliche MAZ-Formate wie DigiBetas und HDCAM SR zur Verfügung. Dieser weitestgehend automatisierte Ingest wird in einem von CBC eigens entwickelten Verfahren in zwei Systemen, bestehend aus Tape-Robotic, Ingest-Servern und Automationssteuerung durchgeführt. Jedes System schafft es, pro Tag aus 120 Stunden Videomaterial entsprechende Mediendateien zu erzeugen. Bislang hat CBC damit schon über 135.000 Stunden eingespielt.
Mido Fayad, CBC-Bereichsleiter Sendebetrieb: »Alle wollen tapeless werden. Wir sind es. Aber noch nicht alle Content-Anbieter sind auf eine filebasierte Anlieferung eingestellt. Wir wollten ein System schaffen, das aus Videomaterial schnell, sicher, kostengünstig und in hoher Qualität Files erstellt. Und das ist uns gelungen.« Inzwischen wird das Ingest-System nicht nur von der Mediengruppe RTL genutzt, sondern auch zunehmend von externen Kunden nachgefragt.
Distribution Uplinks
Vier Antennen von 4,8 Metern Durchmesser sowie drei DVB-S-Uplinks bringen die Programme »on air«. Mit Inbetriebnahme des neuen Sendezentrums wird der CBC-Standort in Ossendorf aber nicht gänzlich aufgegeben: Von dort aus werden weiterhin die analogen Sendesignale über vier redunante Uplinks auf den Satelliten geschickt. Die Rheinhallen und der Standort in Köln-Ossendorf sind mit redundanten Glasfaserleitungen verbunden, über die CBC exklusiv eigene Signale überträgt.
Signalverteilung
Im Hauptschaltraum (HSR) werden die Signale, die über Leitungen und via Satellit eintreffen, gesammelt und quasi als Quellenmaterial zur weiteren Be- und Verarbeitung zur Verfügung gestellt. Per Glasfaser sind sieben große Telco-Provider direkt angebunden; für Downlinks stehen 16 Antennen sowie vier Antennen für HD- und SD-Occasional-Use-Uplinks bereit. Die Steuerung der Antennen sowie der 60 IRD erfolgt über das von CBC entwickelte Steuerungssystem PiloSat. Mit diesem System werden auch Encoder, Modulatoren und die HF-Kreuzschienen kontrolliert.
TK, Vernetzung, ZGR
Einen zentralen Geräteraum, wie man ihn klassischerweise kennt, gibt es in dem neuen Gebäude nicht mehr. Die file-basierten Abläufe und Technologien, die bei CBC die Grundlage der Workflows bilden, erfordern und ermöglichen hier andere technische Lösungen. Aus diesem Grund hat man bei CBC schon vor zwei Jahren die Strukturen geändert, IT und die klassische Broadcast-Technik zusammengeführt. Bereichsleiter Rüdiger Kupke berichtet, dass dieser Schritt »einen Umbruch in den Köpfen der Mitarbeiter« erforderte: Plötzlich mussten sich völlig unterschiedliche Welten zusammenfinden und gemeinsame Lösungen erarbeiten. CBC-Chef Thomas Harscheidt glaubt, dass viele Broadcaster diesen wichtigen Schritt noch vor sich haben: »In einer file-basierten Welt kann man IT- und Broadcast-Technologien schlichtweg nicht mehr separieren«, urteilt er. Der CBC-Bereich Systems & Technology deckt folgerichtig das gesamte Spektrum von IT- und Broadcast-Technik und -Services ab.
»Oft gibt es für die gleiche Aufgabe sowohl Lösungen aus der Broadcast-Welt, wie aus der IT. Um das jeweils Beste aus beiden Welten zu finden, müssen wir die jeweiligen Kompetenzen zusammenführen. Das haben wir mit unserem Bereich Systems & Technology erreicht«, resümiert Rüdiger Kupke.
Im neuen Gebäudekomplex sind die Technikräume dezentral übers komplette Gebäude verteilt. Insgesamt gibt es neun große und zwanzig kleine Technikräume, die jeweils nahe an den Bedienräumen angeordnet sind, von denen vorrangig auf das jeweils untergebrachte Equipment zugegriffen wird. Zusätzlich gibt es noch 24 IT-Verteilräume, in denen einzelne Netzwerkabschnitte gebündelt werden.
»Wir haben in das Gebäude kaum noch Kupferdraht eingebaut – außer im direkten Access-Bereich an den Arbeitsplätzen. Glasfaserkabel verlaufen sternförmig im gesamten Komplex und binden die Verteilräume an die Rechenzentren an«, erklärt Rüdiger Kupke und ergänzt: »Die Arbeitsplätze sind per Gigabit-Ethernet an jedem Arbeitsplatz vernetzt, der Backbone-Switch des neuen Komplexes kann sich daher mit dem eines Telco-Anbieters messen. Bei der Vernetzung wurde darauf geachtet, gebäudeweit mit passiver Verkabelung zu arbeiten.«
Im Gebäude sind, aus Havarie-Gründen, zwei separierte Rechenzentren vorhanden, in denen jeder Geräteschrank mit einer Einzelklimaregelung ausgestattet ist. Das hat den Vorteil, dass insgesamt deutlich weniger gekühlt werden muss. Strom wird generell von unten zugeführt, Glasfaser von oben.
Wachstums-Perspektiven
»CBC ist ein Unternehmen der Mediengruppe RTL Deutschland und wird für die Unternehmen der Gruppe tätig. Wir werden aber auch weiterhin anderen Kunden unsere Kompetenzen anbieten.«, erläutert CBC-Geschäftsführer Harscheidt. »Wir verfolgen eine Open-Door-Policy. Es geht uns darum, wettbewerbsfähig zu bleiben und damit auch, intern wie extern, konkurrenzfähige, attraktive Konditionen und Lösungen bieten zu können«, so Harscheidt. Neben TV-Sendern und Produktionsunternehmen wie beispielsweise RTL II, Granada (Postproduktion) und Ufa (IT) setzt auch Sportcast auf das bewährte CBC-Know-how. Sportcast, ein DFL-Unternehmen, produziert das Basissignal aller Spiele der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga, sowie der DFB-Pokalspiele. Auch für die TV-Vermarktung von deutschem Fußball im Ausland ist Sportcast zuständig.
CBC produziert und sendet im Auftrag von Sportcast die internationale Fußball-Live-Berichterstattung und hat gemeinsam mit Sportcast ein digitales Archiv aufgebaut. Hierin sind alle Bundesligaspiele seit 1963, von denen es Aufnahmen gibt, digitalisiert und redundant archiviert. »In Sachen digitaler Archivierung sind wir praxiserprobt.«, erklärt Thomas Harscheidt: »Schon jetzt haben wir über 135.000 Stunden in die Content Bank, das digitale Archiv, überspielt.« Über automatisierte und speziell programmierte LMS-Systeme wurde und wird dabei Material in einen Omneon-Server gespielt, der es wiederum bei Bedarf per DataMover in ganz unterschiedlichen Formaten ausgeben kann. Schon beim Ingest wird das Material gespiegelt.
In der digitalen Speicherung und Archivierung in der Content-Bank sieht man bei CBC auch die passende Antwort auf Multi-Plattform-Angebote der Content-Eigner und auf Video-on-Demand. »Wenn wir das Material in Form von Files vorliegen haben, können wir relativ schnell fast alles damit machen, was unsere Kunden brauchen. Wir wollen diesen Weg konsequent weitergehen und vollkommen tapeless werden – statt nur mit »less tape« zu arbeiten«, so Thomas Harscheidt.
Einen weiteren, vielleicht banaleren Grund file-basierte Arbeitsweisen voranzutreiben, der aber ebenfalls eine Rolle spielt, stellen die physischen Gegebenheiten dar: Rund 2.000 Quadratmeter nahm das Bandarchiv von RTL, Vox und Super RTL bisher ein. Nun reicht ein gutes Zehntel davon aus, um die gleiche Programmmenge zu archivieren – inklusive Sicherheitskopien und der Möglichkeit, jederzeit Kopien in gleicher Qualität zu erstellen – oder das Archiv an einen anderen Ort zu überspielen, ohne physisch Datenträger transportieren zu müssen.
Weiteres Wachstumspotenzial sieht CBC auch im Systemhaus-Bereich. Thomas Harscheidt: »Durch unser langjähriges, praxiserprobtes Know-how in den einzelnen Fachdisziplinen, von Sendeabwicklung über Produktion, Studios, Postproduktion sowie IT- und Broadcast-Lösungen und insbesondere durch die kompetente Vernetzung dieser Expertisen, bieten wir beispielsweise TV-Sendern und -Produktionsunternehmen sowie Content-Produzenten im Online- und Mobile-Bereich die richtigen Lösungen. Von der Beratung bis zur operativen Betreuung und Durchführung sind wir bestens aufgestellt.«
Mit dem neuen Standort bleiben sowohl in Köln, als auch weiterhin in München und Berlin die Leistungs- und Lösungsangebote von CBC verfügbar. Ob ein schneller Schnitt, eine individualisierte Postproduktionsperipherie, eine umfassende virtuelle Studioproduktion mit Playout in HD oder die Sendeabwicklung eines kompletten TV-Senders. Mit der passenden Technik und den richtigen Experten.
Fazit
Alles in allem blickt man bei CBC sehr positiv in die Zukunft. Thomas Harscheidt ist sich sicher: »Der neue Standort wird nicht nur aus technischer Sicht viele Vorteile bieten. Die exklusive, zentrale Lage am Rhein macht ihn zusätzlich attraktiv.« Konsequent bandlos in den internen Abläufen zu werden, mit gleichzeitiger konsequenter Anpassung der Arbeitsplätze an die neuen Workflows, das ist das Credo, das CBC mit dem Umzug und der neuen Technik umsetzen will. Bei der Auswahl der einzelnen Lösungen und Produkte waren dabei weniger die Anschaffungskosten, als das Zusammenspiel aus Anschaffungs- und Betriebskosten, sowie die Zukunftsfähigkeit und Flexibilität der Systeme die wichtigsten Entscheidungskriterien. In manchen Fällen, wie etwa beim News-Planungssystem traf CBC auf dieser Basis durchaus die Entscheidung für eine Eigenentwicklung: Bei der Frage »make or buy«, stellte sich dies als die günstigere Variante dar.