Unternehmen: 28.07.2010

Technicolor verkauft Grass Valley

Die endlose Geschichte des Verkaufs von Grass Valley geht in die voraussichtlich letzte Runde: Nun liegt dem Eigentümer Technicolor ein bindendes Angebot des Finanzunternehmens Francisco Partners vor.

Technicolor, der aus dem überschuldeten Thomson-Konzern entstandene Eigentümer von Grass Valley, gab bekannt, dass man nun eine bindende Vereinbarung mit Francisco Partners über den Verkauf des Broadcast-Bereichs von Grass Valley geschlossen habe. Thomson hatte schon Anfang des Jahres 2009 offiziell gemacht, dass der Verkauf von Grass Valley geplant sei — nachdem es schon Monate vorher entsprechende Gerüchte gegeben hatte. Dass diese lange Phase der Unsicherheit dem Unternehmensteil Grass Valley nicht gut getan hat, liegt auf der Hand.

Seit Mai 2010 haben Technicolor und Francisco Partners laut einer Pressemitteilung schon verhandelt. Nun gibt es nach Firmenangaben ein vollständig dokumentiertes, bindendes Angebot von Francisco Partners für den größten Teil von Grass Valley, den Broadcast-Bereich. Nicht in den Deal eingeschlossen: die Geschäftsbereiche Head-End und Transmission.

Betroffen sind also 1.457 Mitarbeiter (Stand: 30. Juni 2010) in 23 Ländern, die im Jahr 2009 im Broadcast-Markt rund 272 Millionen Euro Umsatz erzielten, von dem am Ende ein Verlust von rund 52 Millionen Euro übrig blieb. Der Geschäftsbereich Broadcast erzielte im Geschäftsjahr 2009 72 % des Grass-Valley-Umsatzes und war für 59 % des Verlusts verantwortlich, ist also noch der gesündere Teil der insgesamt kränkelnden Grass-Valley-Gruppe.

Francisco Partners will alle Assets und Mitarbeiter der Broadcast-Division übernehmen, inklusive der Pensionsverpflichtungen. Das Unternehmen wird in der Vereinbarung mit einem Wert von 100 Millionen US-Dollar taxiert. Diese Summe soll aber zunächst gar nicht fließen, sondern im Rahmen eines gestaffelten Deals beglichen werden. Zunächst erhält der Käufer Francisco Partners von Technicolor 20 Millionen US-Dollar, um Liquidität bei Grass Valley zu sichern. Im Gegenzug erhält Technicolor einen Schuldschein, in dem sich das Finanzunternehmen verpflichtet, in sechs Jahren 80 Millionen US-Dollar zuzüglich 5% jährlicher Zinsen an den Verkäufer zu bezahlen. Der Abschlag von 20 Millionen auf den Wert resultiert aus den Pensionsverpflichtungen, die der Käufer übernimmt. Sollte sich Grass Valley in den kommenden sechs Jahren positiv entwickeln, erhält Technicolor nachträglich einen in der Pressemitteilung nicht genauer benannten Zuschlag auf den Verkaufspreis, der also in Wahrheit derzeit bei 60 Millionen US-Dollar liegt.

Diese Transaktion soll vor Ende 2010 abgeschlossen werden, wenn die zuständigen Behörden zustimmen. Am 29. Juli 2010 will Technicolor weitere Informationen zu Abwicklung oder Verkauf der verbliebener Firmenteile bekanntgeben.

Kommentar

Der Firmenslogan des Käufers lautet »Transformational Capital for Technology Companies«. Das klingt ja recht vielversprechend, nach Umbau und einer besseren Zukunft. Allerdings beinhaltet der Einstieg von Francisco Partners für Grass Valley auch ein großes Risiko: Viele Finanzinvestoren bürden dem gekauften Unternehmen hohe Schulden auf, saugen es damit aus, filetieren die Reste und verkaufen sie weiter. Alternativ oder parallel dazu steht eine massive Rosskur an, die Grass Valley — durch die lange Verkaufsphase eh schon angeschlagen — ganz sicher zumindest stark belasten werden.

Dennoch bedeutet allein die Tatsache, dass es nun eine Entscheidung gibt, eine neue Chance und ist allemal besser als der Stillstand und Schwebezustand, in dem sich das Unternehmen Grass Valley nun seit rund 1,5 Jahren befand.

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