Miteinander reden
Die digitale Produktionswelle rollt. Wenn es dafür noch eines weiteren Beweises bedurft hätte: Bei der Jahreshauptversammlung des Bundesverbands Kamera (BVK) ging es vergangene Woche im Fachsymposium zu einem Gutteil um Fragen der digitalen Aufzeichnung. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit wäre das nicht möglich gewesen – nahezu unüberwindbar waren die Vorbehalte vieler arrivierter Kameraleute gegenüber der digitalen Cinematographie, und letztlich auch zu groß die Ängste, sich mit etwas anderem als mit Film beschäftigen zu müssen und somit Terra Incognita zu betreten.
Dass das nun anders ist, geht sicher zu einem großen Teil aufs Konto der Kamera Red One: Sie hat es geschafft, dass die digitale Aufzeichnung nun auch in traditionell eher filmorientierten Produktionen hoffähig geworden ist. Plötzlich haben auch viele Filmtraditionalisten ihre Scheu und Ablehnung beiseite geschoben, setzen sich mit digitaler Kameratechnik auseinander und entdecken dabei ganz neue Möglichkeiten – aber auch neue Herausforderungen. Das beginnt bei der Aufzeichnung und hört in der Postproduktion noch lange nicht auf.
Der Bedarf, sich darüber auszutauschen, ist enorm, das zeigte sich beim BVK-Event in Hamburg einmal mehr, denn mit den neuen Produktionsmethoden eröffnen sich auch viele ganz unterschiedliche Wege, mit dem Material umzugehen. Eines kristallisierte sich in den Diskussionen besonders heraus: Mehr denn je wird es wieder notwendig, dass sich die einzelnen Produktions-Departments besser austauschen und vor allem mehr miteinander kommunizieren. Wenn man die kostenträchtige, kurzsichtige Maxime »Fix it in the post« vermeiden möchte, geht das am allerbesten dann, wenn man sich vorher sehr ausgiebig mit der Postproduktion unterhält und schon vorab klärt, worauf bei der Aufzeichnung besonders geachtet werden sollte, so das Resümee.
Sollte es eigentlich nicht selbstverständlich sein, dass bei einem Teamprojekt wie der Produktion eines Films, die einzelnen Gewerke im engen Austausch stehen? So möchte man meinen, aber in der Realität sieht es eben oft anders aus. In der klassischen Filmproduktion war es aber vielfach auch gar nicht mehr notwendig, jedes Details vorab ausgiebig zu testen, zu klären und zu besprechen: Ein kurzer Equipment- und Look-Test reichte meist, letztlich waren die einzelnen Arbeitsschritte klar, etabliert, in der Praxis bewährt und schon zur Routine gereift. Wenn jeder weiß, was zu tun ist, muss man ja nicht mehr groß drüber reden — und so verschwand dieser Aspekt immer mehr und man verspielte damit in vielen Fällen auch die Chance, etwas Besseres zu erreichen als nur Standardware.
Die Chancen, aber auch die Risiken, sind bei der Digitaltechnik anders gelagert, sie machen beim derzeitigen Stand der Technik eine intensivere Kommunikation zwingend notwendig — und daraus erwachsen interessanterweise auch neue, positive Wirkungen auf Effizienz und Gestaltung von Produktionen. Um es plakativ zusammenzufassen: Nur wenn alle Beteiligten von Anfang an miteinander reden, kommt am Ende auch viel eher das heraus, was gewünscht war — und vielleicht etwas Besseres als auf dem traditionellen Weg. Der Wahl der richtigen Kamera kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu, denn sie beeinflusst nicht nur die Drehbedingungen, sondern hat in der digitalen Welt auch einen ganz erheblichen Einfluss auf die folgenden Schritte.
Wenn es die Notwendigkeiten der digitalen Produktion bewirken, dass die »soziale Kompetenz« einer vernetzten Produktion wieder gestärkt wird, ist das ein wirklich positiver Effekt.
Sie werden sehen.