Fernsehen 3.0: Wie geht’s weiter?
Wie sieht das Fernsehen der Zukunft aus? Um diese Frage zu beantworten, werden ganze Heerscharen von Beratern beschäftigt, die bei der Bearbeitung dieser Frage zu durchaus abweichenden Ergebnissen mit einer breiten Streuung kommen.
Einerseits wird dabei über Inhalte und deren Darreichungsformen diskutiert, auch darüber, wie das Fernsehen inhaltlich in einer Zeit bestehen kann, in der die jüngere Generation aus allen möglichen Quellen »zieht«, was sie interessiert. Wenn das Internet aber für viele nicht nur die Zeitung oder das Fernsehen, sondern auch gleich noch das soziale Umfeld ersetzt, wird es zunehmend schwieriger, hier die richtige Linie zu finden und den richtigen TV-Trend zu setzen.
Verschämter und eher hinter verschlossenen Türen wird eine zweite, letztlich aber viel wichtigere, vielleicht zentrale Frage diskutiert, die das Fernsehen 3.0 betrifft: Woher kommt die Kohle?
Die öffentlich-rechtlichen Sender können sich dabei noch am ehesten entspannt zurücklehnen. Sie werden für Werbekunden aufgrund der Überalterung ihrer Zuschauerschaft zwar immer uninteressanter, sind aber dank der politisch abgesicherten Gebührenfinanzierung in einer komfortablen Situation — auch wenn sie das selbst ganz anders sehen und entsprechend lamentieren und jammern.
Für die privaten TV-Anbieter wird es dagegen immer schwieriger, in einem stärker umkämpften Markt auch gegenüber anderen Medien und Plattformen zu bestehen. Das kann man besonders in der zweiten und dritten Liga der Privatsender besichtigen: Wähnte sich etwa DSF vor 18 Monaten noch auf einem goldenen Weg in die Zukunft, brach dann mit den rechtlichen Beschränkungen für Sportwettenanbieter ein wichtiger Zweig der Werbekundschaft weg. So etwas kann ganz schnell gehen.
Wenn das Werbegeld schwerer zu erringen ist, dann schwenken die Sender gern auf Call-In-Aktivitäten und telefonische Gewinnspiele um: In Deutschland populär, seit Christiane zu Salm damit als Geschäftsführerin und Anteilseignerin des Privatsenders tm3 Kasse machte, der heute 9Live heißt.
Die auf jüngere Zielgruppen festgelegten Musiksender sind mit Werbung für den Download von Klingeltönen oder Handy-Games zugepflastert, verstärkt bieten die Sender auch eigene Download-Plattformen an: »Hol dir den Treue-Lügendetektortest fürs Handy!« Oder sie versuchen, über Handy-Votings mit überteuerten SMS-Tarifen ans Taschengeld der Teenager zu kommen.
So wird klar: Viele Sender setzen neben ihren klassischen Werbeeinnahmen immer stärker auf die Verknüpfung mit anderen Kommunikationskanälen wie Handy und Internet, um Geld zu verdienen. Cross Media wird das genannt. Seit April 2008 ist Christiane zu Salm übrigens im Vorstand von Hubert Burda Media für das Ressort Cross Media zuständig: Mal sehen, was ihr dort zur Verschönerung der Medienlandschaft einfällt …
Cross-Media-Aktivitäten sollen auch die Präsenz der jeweiligen Marke verstärken: Wer heute als TV-Sender nicht umfassend im Web vertreten ist, verliert bei den Zuschauern noch mehr an Boden — nicht zuletzt deshalb kämpfen die Öffentlich-Rechtlichen mit allen Mitteln darum, ihren Content auch im Internet anbieten zu können. Sie fürchten den Bedeutungs- und Machtverlust, der mit dem Wegdriften von Zielgruppen und dem Schwinden von Breitenwirkung einhergeht. Im Zentrum der Aktivitäten steht dabei weniger der Zuschauer und auch nicht das Gewinnstreben, sondern der Hebel, mit dem sich die Politik bewegen lässt. Innovative Ansätze fehlen deshalb auch hier. Keiner der großen Sender — ob öffentlich-rechtlich oder privat — hat derzeit schlüssige Konzepte, wie Fernsehen 3.0 aussehen könnte.
Ziemlich zäh lässt sich zudem auch das Thema Handy-TV an: ARD und ZDF hatten schon vor einigen Wochen ihre Pläne eines eigenen Handy-TV-Senders aufgegeben und ob Mobile 3.0 jemals an den Start gehen wird, das fragen sich mittlerweile nicht nur die Landesmedienanstalten.
Woher kommt die Kohle? So lange diese zentrale Frage beim Fernsehen 3.0 nicht beantwortet wird, bleiben alle Medienforen, Medientage und Medien-Podiumsdiskussionen nur Blabla.
Sie werden sehen.