Deutscher Kamerapreis 2006: Ehrungen für Kameraarbeit und Schnitt
Zum 16. Mal wurde in diesem Jahr der Deutsche Kamerapreis verliehen, bei dem es trotz der eng gefassten Bezeichnung nicht nur Preise für Kameraarbeit, sondern auch für Schnitt gibt. Den Ehrenpreis für ihr Gesamtwerk erhielt die Kamerafrau Elfi Mikesch. Weitere Kamera-Preisträger im Jahr 2006 sind: Martin Gressmann (Fernsehfilm), Bernd Fischer (Fernsehserie), Peter Matjasko (Kurzfilm), Philip Gröning (Doku/Feature), Bernd Umbreit (Reportage), Hermann Schulz (Bericht), Christoph Castor (Sonderpreis) und Armin Dierolf (Förderpreis). Für Schnitt wurden ausgezeichnet: Hansjörg Weißbrich (Kinofilm), Jürgen Brugger und Jörg Haaßengier (Doku/Feature) sowie Tobias Suhm (Förderpreis).
Träger des Deutschen Kamerapreises ist ein Verein mit den Mitgliedern Stadt Köln, Bayerischer Rundfunk, Filmstiftung NRW, Landesanstalt für Medien NRW, NOB Studios, Premiere, Südwestrundfunk, Westdeutscher Rundfunk und ZDF. Der Verein bestellt in jedem Jahr eine Vor- und eine Endjury, die in zwei Durchgängen aus den eingereichten Filmen und TV-Beiträgen die Preisträger in sieben Kategorien ermitteln. Insgesamt hatte die Vorjury in diesem Jahr 57 Beiträge nominiert, aus denen die Endjury dann die Preisträger wählen konnte — was sie aber in einer Kategorie nicht tat: Es gibt keinen Kamera/Kinospielfilm- Preisträger. Anders in der Kategorie Fernsehserie: Obwohl es diese schon mehrere Jahre gibt, wurde 2006 hier erstmals ein Preis verliehen.
Neben den Preisträgern der einzelnen Kategorien wurde Elfi Mikesch als Ehrenkamerafrau ausgezeichnet, zudem wurden zwei Nachwuchsförderpreise vergeben. Erstmalig verlieh zudem das Kuratorium des Trägervereins einen Sonderpreis.
Die Preisträger
Elfi Mikesch wurde 2006 als Ehrenkamerafrau ausgezeichnet. Die Jury sieht darin eine Ehrung für eine Künstlerin, die seit den siebziger Jahren zu den einfühlsamsten Stimmen im deutschen Dokumentarfilm zählt und unter anderem mit Regisseuren wie Werner Schroeter, Rosa von Praunheim und Monika Treut zusammengearbeitet hat.
Für seine Arbeit am Doku-Drama »Die Nacht der großen Flut« erhält Martin Gressmann in diesem Jahr den Deutschen Kamerapreis in der Kategorie Kamera/Fernsehfilm.
Für eine Reportage über den vielleicht letzten Sommer eines Lungenkrebspatienten wird Bernd Umbreit mit dem Kamerapreis in der Kategorie Kamera/Reportage ausgezeichnet. In »Die Zeit, die mir noch bleibt – Diagnose Lungenkrebs« sieht die Jury eine diskret-lebendige Bildgestaltung.
Buchstäblich in Klausur begab sich der diesjährige Kamerapreisträger der Kategorie Dokumentarfilm/Feature: Im Alleingang porträtierte der Düsseldorfer Filmemacher Philip Gröning erstmals das Leben im Karthäuserkloster »La Grande Chartreuse« unter dem Titel »Die große Stille«.
Etwas anderer Art ist das Klosterleben im Fernsehkrimi »Der Elefant — Mord verjährt nie«. Bernd Fischer zog aus Sicht der Regie in der Folge »Der lange Weg zurück« alle Register, wofür er den Preis für Kamera/Fernsehserie erhielt.
»Pulsierende Lichtgestaltung« und eine besondere Liebe zum Detail attestierte die Jury dem Kameramann Peter Matjasko für dessen Kurzfilm »Akumi«. Dass er damit »beispielhaft die Möglichkeiten und Freiheiten des Kurzfilms« in Szene setzte, brachte ihm den Preis für Kamera/Kurzfilm.
Hermann Schulz drehte den Beitrag »Richard Serra: Bramme für das Ruhrgebiet«, und überzeugte die Jury durch »eine einfühlsame Kameraführung«, was ihm den Preis im Bereich Kamera/Bericht einbrachte.
Nicht immer lassen sich herausragende Leistungen einem vorgegebenen Format zuordnen. Deshalb vergab das Kuratorium einen Sonderpreis an eine besondere Produktion: Der Tierfilm »Der Streuner — eine Straßenkatze in Paris« von Christoph Castor bescherte dem Kuratorium »mit jedem Bild eine optische Praline.«
In der Kategorie Schnitt/Kinospielfilm wurde Hansjörg Weißbrich ausgezeichnet. Bei seiner Arbeit an »NVA« geriet aus Sicht der Jury sein »immenses Repertoire handwerklicher Finessen nie zum Selbstzweck.«
Als nicht weniger virtuos würdigte die Jury die Schnittarbeit von Jürgen Brügger und Jörg Haaßengier: Ihr Schnitt ermöglicht es demnach der Dokumentation »Kopfende Hassloch«, das komplexe Thema Konsumforschung transparent zu machen.
Förderpreise erhalten in diesem Jahr der junge Kameramann Armin Dierolf für seine Fantasy-Miniatur »Wolfstraum« und das Schnitttalent Tobias Suhm für seinen im Manga-Stil erzählten Kurzfilm »Akumi«.
Kommentar und Hintergrund
Ausgerechnet in der Königsdisziplin Kamera/Kinospielfilm konnte sich die Endjury nicht auf einen Preisträger einigen und wählte keinen der drei von der Vorjury nominierten Beiträge aus. Das verwundert, besonders wenn man sich das eigentlich recht vielfältige, erfolgreiche und prall gefüllte deutsche Kinospielfilmjahr in Erinnerung ruft. Könnte es sein, dass hier einige übergroße Egos in der Jury den objektiven Blick versperrten?
Interessant ist auch, dass einer der Preisträger auch in der Endjury vertreten war: Martin Gressmann. Die Geschäftsordnung für die Jurys des Deutschen Kamerapreises nennt als Punkt 5: »Die an der Herstellung eines Beitrages unmittelbar Beteiligten dürfen der Jury, die den Beitrag beurteilt, nicht angehören.« Also pausierte Gressmann nach Angaben des Trägers bei der Jurierung in der Kategorie Kamera/Fernsehfilm. Dennoch: Ein Beigeschmack bleibt, denn es wären leicht sauberere Lösungen denkbar und möglich gewesen — schließlich weiß man schon bevor die Endjury ihre Arbeit aufnimmt, welche Beiträge nominiert wurden. Aber wie heißt es in Punkt 10 der Geschäftsordnung: Der Rechtsweg gegen die Entscheidungen der Nominierungsjurys und der Endjurys ist ausgeschlossen.
Sponsoren
Wie in den vergangenen Jahren werden die Förderpreise von der Filmstiftung NRW und ND Satcom AG ausgestattet. Die diesjährigen Sponsoren des Preises waren RTL, Panasonic Deutschland, T-Systems, Siemens Business Services, Arri Cine-Technik, Kodak, MAT, Avid und die Kreissparkasse Köln.
Geschichte
Der Deutsche Kamerapreis wurde 1981 vom WDR, der Stadt Köln und der Deutschen Gesellschaft für Photographie ins Leben gerufen. Der Preis wurde erstmals 1982 vergeben. Anfangs wurde ausschließlich die Kameraleistung ausgezeichnet. Seit 1996 vergibt die Jury auch je einen Preis für die beste szenische und nichtszenische Schnittleistung.