Alles verfügbar und lieferbereit!
Messe-Insider kennen das Spiel: Geräte und Softwares, die während der NAB in Las Vegas erstmals mit großem Brimborium angekündigt und »demonstriert« werden, sind mit viel Glück erst zur IBC in einem frühen Produktstadium zu sehen, die tatsächliche Auslieferung beginnt dann sehr viel später. Diese Prozedur ist bekannt, sie kann sich im Einzelfall sogar über Jahre hinausziehen. Der eine oder andere erinnert sich dabei an Beispiele, die jahrelang angekündigt, in immer neuen Versionen gezeigt und schließlich vor der Markteinführung eingestampft wurden.
In Ausnahmefällen ist eine frühe Ankündigung durchaus vertretbar: Es gibt eben Geräte und Softwares, die so komplex sind, dass sie sich nicht innerhalb eines Jahres zur Serienreife bringen lassen — der Hersteller will aber schon vorher wissen, ob der Markt Interesse daran haben könnte. Außerdem gibt es gar keine Innovation mehr, wenn niemand das Risiko eingeht, auch mal zu scheitern.
In sehr vielen Fällen könnte man aber auf frühzeitiges Gegacker gut verzichten: Immer dann, wenn es dabei nur um Marketing als Selbstzweck geht. Da werden auf Teufel komm raus Produkte angekündigt, deren Fertigstellung noch nicht mal vage absehbar ist — etwa um Investoren zu ködern oder das Börsenfieber anzuheizen. Schlimm wird es, wenn auf der Herstellerseite gar Realitätsverlust oder das blanke Lügen einsetzt: Wenn behauptet wird, ein Produkt sei längst verfügbar, es in Wahrheit aber noch kein einziger Endkunde in die Hände bekommen hat.
Von der »Verfügbarkeit« sind wir hier noch weit entfernt. »Lieferverzögerungen« und »Back Orders« sind leider all zu oft nur euphemistische Verbrämungen dafür, dass die Produkte in Wahrheit noch nicht zu Ende entwickelt sind.
Leider gilt dabei die einfache Gleichung: Je mehr IT-Komponenten im Spiel sind, desto größer werden die Versprechen und umso unkalkulierbarer die Lieferzeiten. Haben Sie schon mal frühzeitig nach der Ankündigung einen Laptop oder einen Computer der neuesten Generation bestellt? Und dann beim Händler nachgefragt, wo das Gerät denn bleibt? Und dann mit einer Mischung aus Hysterie, Resignation und Zynismus die Antwort geerntet: »Das wüsste ich auch gern«?
»Viel Lärm um nichts« führte schon bei Shakespeares Klassiker zu allerhand Verwicklungen —doch dort waren sie wenigstens noch unterhaltsam. Ganz anders sieht es aus, wenn man dringend auf Equipment wartet, das in Wahrheit noch lange nicht lieferbar sein wird.
Nun könnte man sich der Hoffnung hingeben, das werde zur diesjährigen NAB — die in einem Monat stattfinden wird — ganz anders sein. Etwas Törichteres wäre aber eigentlich kaum vorstellbar.
Sie werden sehen.