Studio Babelsberg und Elektrofilm kooperieren
Auf der Basis eines Vertrags, dessen Details die Partner nicht bekannt geben, wollen Elektrofilm und Studio Babelsberg künftig eng zusammenarbeiten. Kern der gemeinsamen Aktivitäten ist der Bereich Postproduction. Studio Babelsberg bringt demnach seine Aktivitäten in diesem Sektor in ein Joint Venture ein, das im operativen Bereich von Elektrofilm geführt wird.
Das Joint Venture, das künftig unter einem gemeinsamen Management agieren soll, besteht aus der Elektrofilm Postproduction Facilities GmbH, der Studio Babelsberg Postproduction GmbH und der TMT Studio Babelsberg Postproduction GmbH. Letztere entstand erst vor kurzem aus der früheren Kirchfirma TaurusMediaTechnik, die von Studio Babelsberg übernommen worden war (siehe frühere Meldung hierzu). Das Vertragswerk wurde nach Firmenangaben am 7. Februar 2006 unterschrieben, der Integrationsprozess habe unmittelbar danach begonnen, gaben die Partner im Rahmen einer Pressekonferenz während der Berlinale bekannt.
Das Management des neu geformten Joint Ventures wurde als Triumvirat formiert aus Helen Chou, die bisher schon als Managing Director und COO der Elektrofilm-Gruppe in Deutschland tätig ist, Josephine Navarro, Managing Director und CFO der Elektrofilm-Gruppe auf europäischer Ebene, Bernd Hellthaler, Managing Director und Chief Marketing und Business Development Officer der Elektrofilm-Gruppe in Deutschland, sowie Marius Schwarz, dem Managing Director von TMT Studio Babelsberg.
Von diesem Führungszirkel sollen die drei verbunden Unternehmen künftig so gemanagt werden, als handle es sich nicht um drei getrennte Unternehmen (was sie rechtlich wohl bleiben werden), sondern um eine Unternehmensfamilie, die sich insgesamt um die Produktionen der Kunden kümmern kann. Dabei sollen die Standorte in Berlin und Unterföhring über Datenverbindungen eng miteinander verflochten und ein gemeinsamer Workflow ermöglicht werden.
Als kurzfristiges Ziel nennen die Partner »ein Full-Service-Angebot, das von der Filmentwicklung, Bildbearbeitung und der kompletten Sound-Postproduktion bis hin zur Kinomischung und dem Bereich Visual Effects und Synchronisation reicht.« Als besondere Stärke der Gruppe werden »Restauration, Duplikation und Qualitätskontrolle« genannt.
Das kurzfristige Ziel der neuen Allianz deckt sich mit früheren und aktuellen Aussagen des Vorstandsvorsitzenden von Studio Babelsberg, Dr. Carl L. Woebcken, der sein Unternehmen als »Full Service Provider« positionieren will. Während der Rest des Unternehmens international agiere, habe das bisher auf den Bereich Postproduction nicht im gleichen Maß zugetroffen, führte Woebcken in der Pressekonferenz aus. Nach dem Erwerb von TaurusMediaTechnik, der das Dienstleistungsangebot von Studio Babelsberg ergänze und abrunde, habe man in Elektrofilm nun einen Partner gefunden, mit dem auch der Postproduction-Bereich in vollem Umfang auf nationalem und internationalem Niveau agieren könne.
Der Gegenpart von Dr. Woebcken ist Robert T. Walston, President und CEO der Elektrofilm-Gruppe, und er sieht die Verbindung naturgemäß ebenso positiv: Mit dem Aufkommen des Digital Intermediate-Prozesses ändere sich die komplette Arbeitsweise in der Filmbearbeitung nun in Richtung eines datenzentrierten Workflows. In diesem Zuge sieht Walston in der Zusammenarbeit mit renommierten Spezialisten in Deutschland, die man auch in den USA kenne, eine »Plattform für globale Dienstleistungen«. Robert Walston weiß wovon er redet: Er war Gründer und Geschäftsführer des Produktionsunternehmens Four Media, das im Jahr 2000 von Liberty Media gekauft und mit anderen Firmen zu Ascent Media verschmolzen wurde, wo Walston dann bis 2002 als President und CEO tätig war. Die Elektrofilm-Gruppe, die Walston jetzt leitet, hat Niederlassungen in Berlin, Stuttgart, Leipzig, Köln und Burbank. Aus Walstons Sicht hat sich der deutsche Film- und Postproduction-Markt stabilisiert, ist wieder erholt und präsentiert sich aktiver. Daher sieht Walston in Deutschland einen wichtigen Markt und findet sogar, dass hierzulande teilweise »die gleichen Dinge wesentlich effizienter« möglich seien, als an anderen Standorten.
Wie Robert Walston kam auch Helen Chou von Ascent Media zu Elektrofilm. Sie konstatiert, dass sich die nun im Joint Venture verbundenen Firmen innerhalb des »Media Lifecycle« perfekt ergänzten und sich nun auch bisher unvermeidliche Probleme an den »Schnittstellen«, dort wo bislang Projekte zwischen verschiedenen Unternehmen übergeben werden mussten, lösen und vermeiden lassen.
Bernd Hellthaler gab in der Pressekonferenz die Zielrichtung vor: Derzeit bediene Elektrofilm in Deutschland eine überwiegend deutsche Klientel, etwa 20 % des Umsatzes kommen von internationalen Kunden, überwiegend aus den USA, Frankreich und Großbritannien. Das solle und könne sich nun ändern, prognostiziert Hellthaler, man wolle nun im Postproduction-Markt verstärkt als internationaler Player agieren und als »One Stop Shop« umfassende Dienstleistungen anbieten. Hellthaler ist auch Chairman von EuroArts Music International.
Marius Schwarz kennt die frühere TaurusMediaTechnik, die er seit der Übernahme durch Studio Babelsberg leitet, sehr gut: hier liegen seine beruflichen Wurzeln, denn von 1985 bis 1998 war er in verschiedenen Funktionen innerhalb der KirchGruppe tätig, unter anderem als Geschäftsführer mehrerer Produktionsgesellschaften. Über verschiedene berufliche Stationen kam Schwarz 2004 zur Studio Babelsberg AG, wo er als Finanzvorstand der AG und zusätzlich als Geschäftsführer der Postproduction-Tochterbetriebe in Babelsberg und Unterföhring tätig ist.
Dr. Carl Woebcken charakterisiert Studio Babelsberg als Studiobetreiber mit den Schwerpunkten TV-Produktion und internationale Koproduktion. Im Filmbereich habe sich das Unternehmen aber in den vergangenen Jahren ebenfalls wieder auf ein höheres Niveau hochgearbeitet. Die Studiofläche wurde demnach so ausgebaut, dass zwei Spielfilme parallel produziert werden können. Woebcken machte deutlich, dass er darin eine gute Ausgangsposition für weitere Aktivitäten sieht.