Oscars für alle!
So richtig abfällig reden eigentlich nur die Leute über den Oscar, die ohnehin keine Chance haben, ihn je zu bekommen – oder die zumindest in der Außenwirkung generell in Fundamentalopposition zum »System« stehen. Klar, dass in der Medienbranche (fast) jeder gern einen Oscar hätte. Welche Blüten die Gier nach Ruhm und Glanz hier aber treibt, ist kaum noch nach zu vollziehen.
Die Rede soll dabei nicht von miesen Machenschaften, Mauscheleien und dunklen Deals innerhalb und im Umfeld der Academy of Motion Picture Arts and Sciences sein, über die zumindest hinter vorgehaltener Hand immer gern geraunt wird – natürlich auch bevorzugt von denen, die sich im Oscar-Reigen über- oder hintergangen fühlen. Es geht auch nicht darum, am Stolz und Verdienst der echten Oscar-Träger zu kratzen, zu denen in diesem Jahr im technischen Bereich auch das deutsche Unternehmen Kinoton gehört. (www.film-tv-video.de berichtete).
Was nervt, sind die Trittbrettfahrer, die sich im Glanz anderer sonnen wollen und mit allen Mitteln versuchen, auch noch irgendwie dazu zu gehören. So laufen derzeit in der Redaktion unzählige Meldungen ein, deren im Grunde nicht vorhandener Inhalt darin besteht, dass irgend jemand irgend einen Zusammenhang zwischen seinem Unternehmen oder seinen Produkten und dem 11fach oscar-prämierten Spielfilm »Der Herr der Ringe« herstellen möchte.
»Bei den Dreharbeiten von »Der Herr der Ringe« wurde unser Produkt XY eingesetzt, deshalb fühlen wir uns irgendwie auch mit dem Oscar ausgezeichnet.« So lautet der manchmal noch mühselig und scheinheilig als Glückwunsch an den Regisseur Peter Jackson, die Produktionsfirma Weta oder wen auch immer kaschierte Versuch, ein kleines bisschen von der Strahlkraft der vergoldeten Statue aufs eigene Unternehmen zu lenken.
Denkt man das konsequent zu Ende, dann dürfte fast jeder schon indirekt mit einem Oscar ausgezeichnet worden sein: So etwa auch die Stadt München, wo ja der Panflötenspieler wohnt, der beim oscar-prämierten Titelsong mitflötete. Das zumindest war – nur leicht zugespitzt formuliert – der Tenor eines Beitrags über diesen Musiker, den kürzlich ein Lokalradiosender in der bayerischen Landeshauptstadt ausstrahlte. Apropos: Wer hat eigentlich die Sitzbezüge für die Kinosessel des Premierenkinos von »Der Herr der Ringe« hergestellt?
Und hat nicht Peter Doyle, Supervising Digital Colorist & Creative Director bei »Der Herr der Ringe«, im Dezember 2001 www.film-tv-video.de ein Interview gegeben (hier)? Hat das nicht letztlich auch zu Ruhm und Anerkennung dieses Films beigetragen und vielleicht ein winziges bisschen den Weg zur Oscar-Flut geebnet? Damit ist www.film-tv-video.de doch indirekt auch Oscar-Preisträger, oder?
Das alles ist einfach absurd und lächerlich. Schade: Wieder kein Oscar für www.film-tv-video.de und für so viele andere auch nicht – auch wenn die das teilweise anders darstellen und vielleicht sogar empfinden.
Sie werden sehen.